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Nate stand bereits vor dem Eingang, als ich rauskam. Mir fiel auf, dass er immer überpünktlich und früher als ich da war. Und, dass er immer noch seine Sandalen trug.
„Hey Prinzessin", begrüßte er mich.
„Hey. Weißt du überhaupt, wie man da hinkommt?"
„Klar. Es sind nur fünf Minuten zu Fuß. Jeder kennt den Weg."
Ich zog die Augenbrauen hoch.
„Ach, ich habe vergessen, dass du gerade erst hierher gezogen bist. Sorry. Aber merk dir den Weg. Der Laden ist echt gut", sagte er und zog den Reißverschluss seiner Jacke zu.

Der Himmel wurde langsam grau und mich beschlich die Vermutung, dass ich heute zum ersten Mal Regen in Hollywood erleben könnte. Leider hatte ich keine Jacke dabei. Der Gedanke daran, im Regen nach Hause gehen zu müssen, sprach mich nicht wirklich an.
„Glaubst du, es wird später regnen?", fragte ich, während wir nebeneinander hergingen.
„Hm. Vielleicht heute Nacht. Keine Ahnung. Hast du keine Jacke? Du wolltest doch eh noch in die Stadt."
„Aber nicht im Regen!", sage ich entrüstet.
„Ich meine, du könntest dir eine Jacke kaufen."
Ich nickte.
„Und du könntest dir Schuhe kaufen."
„Ich habe Schuhe!", wehrte er sich und ich murmelte: „Aber keine Richtigen." Doch ich glaube, dass er es nicht mehr hörte. Wir gingen über die Straße und ich versuchte, mir so gut wie möglich den Weg zu merken.

○○○○○

„Da sind wir!", sagte Nate und wir betraten das kleine Gebäude. Über der Tür hing ein Schild mit Schriftzeichen darauf und es war ein sehr kleines Haus. Innen bestand es, wie zu erwarten war, aus nur einem Raum und hinter der Theke standen zwei Frauen in roten Schürzen.

Nate und ich setzten uns an einen freien Tisch hinten in der Ecke. Er hängte seine Jacke über die Stuhllehne und ich griff nach der Speisekarte. Die Auswahl war wirklich groß dafür, dass das Restaurant so klein war. Ich überflog die Seiten und entschied mich schließlich für einen kleinen Teller Chinesische Nudeln und vier Frühlingsrollen. Sobald ich die Speisekarte aus der Hand gelegt hatte, stand die Bedienung neben mir. Anscheinend hatte sie schon gewartet. Ein Blick hinter mich verriet mir, dass außer uns sonst niemand hier war.

Nachdem wir bestellt hatten, ging die Kellnerin wieder und ich ergriff das Wort.
„Hoffen wir mal, dass du nicht der Einzige bist, der das Essen hier gut findet. So sieht es nämlich leider aus." Ich deutete unauffällig nach hinten und Nate legte den Kopf schief.
„Vielleicht hat ja auch einfach keiner außer mir einen guten Geschmack", grinste er und ich schaute prustend unter den Tisch auf seine Füße.
„Jaja, schon klar. Guter Geschmack, meine Schuhe, ich hab's kapiert", sagte er resigniert und lächelte.

„Aber ernsthaft: Der Laden ist echt gut. Warum sollte ich dich denn verarschen, Prinzessin?", fragte er und setzte einen Dackelblick auf, sodass ich die Augen verdrehte.
„Dann will ich dir mal glauben", sagte ich schmunzelnd.

„Wann ist eigentlich dein Geburtstag?", fragte er und ich runzelte die Stirn.
„In zwei Wochen."
„Okay. Also am 21."
„Wow, das ging ja schnell!"
„Ich will ja nicht angeben, aber ich war schon immer gut in Mathe", sagte er.
„Natürlich willst du nicht angeben", meinte ich ironisch und schüttelte den Kopf.
„Warum hast du gefragt, wann ich Geburtstag habe?", fragte ich und er biss sich auf die Unterlippe.

„Weil ich erst so wenig über dich weiß. Ich möchte mehr über dich erfahren, Chloe", antwortete er. „Zum Beispiel, was deine Lieblingssängerin oder deine Lieblingsfarbe ist."
„Billie Eilish und Gelb!"
„Wow, das kam ja wie aus der Pistole geschossen. Warum Gelb?", fragte er und ich zuckte mit den Schultern.
„Gelb ist eine schöne Farbe. Ohne Gelb fände ich alles irgendwie traurig."
„Wäre ohne Blau nicht auch alles traurig?"
„Ja schon, aber nicht so traurig, wie ohne Gelb, weil Gelb eine fröhliche Farbe ist."
„Was sind fröhliche Farben?", fragte Nate verwirrt und ich stöhnte genervt.
„Farben, die mich fröhlich machen. Macht Gelb dich nicht glücklich?"
Nate überlegte kurz.
„Naja, mich machen Farben an sich glücklich. Also in der Landschaft. Ich kann da nicht so richtig unterscheiden."

Manchmal trägt das Glück Socken in SandalenWhere stories live. Discover now