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„Ist alles in Ordnung? Ich will ja nicht unhöflich sein, aber du siehst irgendwie älter aus als sonst", stellte Nate fest. Um uns herum wurden lauter andere Gespräche geführt. Die Kunstlehrerin, Mrs Keth, war noch nicht da, was dazu führte, dass eine beinahe unerträgliche Lautstärke herrschte. Vielleicht fand auch nur ich es besonders laut. Wenn ich Schlafmangel habe bin ich öfters leicht reizbar. Und ich hatte Schlafmangel.

Wann ich in der letzten Nacht eingeschlafen war, wusste ich nicht mehr. Ich hatte viel zu lange wach gelegen. Erst hatte ich über den Brief nachgedacht, dann, als ich zu müde wurde, waren meine Gedanken einfach irgendwo im nirgendwo herum geschwirrt. Deshalb war Nates Bemerkung auch nichts Neues für mich.„Es ist alles in Ordnung", antwortete ich, vielleicht eine Spur zu giftig.

Nate bemerkte meinen Tonfall ebenfalls.
„Ruhig Blut, ich habe nur gefragt, Prinzessin."
„Toll", stöhnte ich und legte meinen Kopf auf die Tischplatte.
„Ich mag dich auch, wenn du schlecht gelaunt bist", sagte Nate und ich spürte förmlich sein Grinsen dabei. Vielleicht könnte ich ja noch ein bisschen Schlaf bekommen, bevor die Stunde anfing.

Der restliche Schultag zog sich qualvoll in die Länge und ich konnte mich nicht erinnern, wann sich acht Stunden jemals so lang angefühlt hatten. Als ich um halb fünf vor der Haustür stand, war ich mehr als froh, den Tag endlich hinter mich gebracht zu haben. Ich wollte nur noch schlafen. Doch da fiel mir etwas ein: Ich hatte eine Verabredung. Um sechs am Kino, mit Eve und ihren Freunden. Eigentlich hatte ich keine Lust, doch ich wollte nicht als Spaßbremse gelten. Also machte ich mich pünktlich um zehn Minuten vor sechs auf den Weg.

○  ○  ○  ○  ○

„Chloe! Hier sind wir!", rief Evelyn und winkte mir zu. Sie, Brandon, Roxy und Elyas saßen in einer kleinen Sitzecke vor dem Kinosaal. Ich fühlte mich etwas schlecht, da ich die Letzte war. Roxy sah gelangweilt aus und kaute auf einem Kaugummi herum, wie immer.

Ich fragte mich, ob das wohl so eine Art Tarnung war. Vielleicht war sie verletzlich und zeigte sich nur von außen immer so gleichgültig. Ich meine: Sie hatte immer denselben Gesichtsausdruck. Doch ich verwarf diese Vermutung spätestens, als sie mich unbegeistert anschaute und: „Da bist du ja endlich", murrte. Ich schielte unauffällig auf die Uhr über der Kasse. Es war zwei Minuten vor sechs, ich war also genau genommen sogar zwei Minuten zu früh.

Dazu sagte ich aber nichts, um keine unnötige Diskussion anzufangen.

Stattdessen setzte ich mein aufrichtigstes Lächeln auf und umarmte Evelyn. Elyas und Brandon klatschten mich ab und Roxy machte einen Schritt nach hinten, um die Tatsache, dass sie mich nicht umarmen würde, zu verstärken. Ich tat so, als hätte ich es nicht bemerkt und lächelte sie schräg an, woraufhin sie nur die Augen verdrehte.
Wow, anscheinend hatte sie heute noch schlechtere Laune, als an dem Tag, an dem wir „Wenn ich du wäre" gespielt hatten.

Ich ging zur Kasse und die Anderen folgten mir.

„In welchen Film gehen wir?", fragte ich, während ich mein Portemonnaie herausholte. „Das hat Elyas nicht gesagt? Microbe 2", sagte Evelyn und ich bezahlte meine Karte.
„Ein abgefahrener Science-Fiction Film", warf Elyas ein.
Na toll. Aber für einen Abend würde ich Raumschiffe, Laserpistolen und Ähnliches wohl ertragen können.

Evelyn lächelte Elyas zu und ich fragte mich, ob sie schon mit ihm geredet hatte. Es machte nicht den Eindruck, als wäre irgendetwas anders, also tippte ich auf Nein. „Können wir jetzt reingehen?", nörgelte Roxy und Brandon meldete sich zu Wort.
„Nein, ich brauche unbedingt noch Popcorn!"
Elyas und Eve stimmten ihm zu und da ich auf keinen Fall mit Roxy alleine sein wollte, ging ich ebenfalls mit.

„Möchtest du auch Popcorn?", fragte Brandon mich. Es wunderte mich, dass aus seinem Mund sogar eine höfliche Geste wie eine grobe Beleidigung klang.
„Nein, danke."
Mehr brachte ich nicht heraus, da mein Mund staubtrocken war.

Manchmal trägt das Glück Socken in SandalenWhere stories live. Discover now