19. Eine weitere Rekrutin

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Als ich von meinem Wecker geweckt wurde, den ich extra leise eingestellt hatte, lag ich noch genauso in Newts Armen wie eben. Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber es konnte nicht allzu lange gewesen sein, denn ich war ziemlich müde, zwang mich aber zu mir zu kommen, da ich wusste, dass das Gespräch mit Rachel wichtig war.
Also schlüpfte ich so leise wie möglich aus dem Bett, suchte meine Sachen zusammen und zog mich schnell an. Bevor ich die Klappe öffnete und hinein kletterte sah ich noch einmal zu Newt herüber, der nach wie vor tief und fest schlief. Er sah so wunderschön aus, wie er da oberkörperfrei und die Decke nur bis zur Taille lag. Ich hätte mich nur zu gerne wieder an ihn gekuschelt, kletterte dann aber in den Schacht und machte mich auf den Weg zu Rachels Zimmer.
Der Weg war wirklich nicht weit und ich war schnell am richtigen Zimmer angekommen, die Karte in der Hand.
Ich spähte vorsichtig durch die Schlitze und konnte Rachel auf ihrem Bett sitzen sehen, sichtlich misstrauisch ob und wie ich auftauchen würde. Leise klopfte ich gegen die Klappe. Sie sah erschrocken auf, schien dann aber schnell zu verstehen, was das zu bedeuten hatte.
„Du musst die Schrauben lösen!" Sie sprang von ihrem Bett auf und suchte nach etwas kleinem.
Es dauerte nicht lange und sie kletterte auf das freie Bett und öffnete die Klappe mithilfe einer kleinen Schere. Ich sprang aus dem Schacht und sie sah mich noch immer misstrauisch an.
„Hey", sagte ich, während ich mir den Staub von den Sachen klopfte.
„Hey...", das klang ziemlich verwirrt.
Ich sah mich um und entdeckte einen Stuhl, den ich nahm und mich falschherum darauf setzte, während Rachel auf ihrem Bett Platz nahm.
„Also... Ich brauche deine Hilfe und glaub mir, wenn ich dich nicht wirklich bräuchte und es nicht wirklich wichtig wäre, wäre ich jetzt nicht hier", begann ich und musterte sie, auf eine Reaktion wartend.
Doch die kam nicht. Sie starrte mich nur erwartungsvoll an.
„Ich habe eine Leiter entdeckt, die direkt auf das Dach führt. Und ich weiß, dass du über das, was WICKED tut genauso denkst wie ich. Ich weiß, dass die Kids dir jeden Tag leidtun und du alles machen würdest, um ihnen zu helfen.
Jetzt hast du die Möglichkeit dazu. Hilf mir, sie zu befreien."
Rachel sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Du willst sie also aufs Dach schaffen und dann runterspringen lassen? Oder willst du sie abseilen? Wie stellst du dir das vor? Die werden sie wieder einfangen und nur noch schlimmer bestrafen. Ganz zu schweigen von dem, was mit uns passieren wird. Ich würde dir sofort helfen, Anna, das weißt du... Aber mit solch einem Plan..."
„Es gibt eine Widerstandsgruppe. Sie nennen sich 'Der Rechte Arm'. Wenn wir es schaffen, sie zu kontaktieren werden sie uns helfen und die Kids von hier weg schaffen. Bei ihnen werden sie in Sicherheit sein. Und dich werden sie bestimmt auch mitnehmen."
„Das klingt doch schon mehr nach einem Plan. Aber was ist mit dir? Mal angenommen du schaffst es, sie zu kontaktieren und die Kids werden gerettet. Wirst du mit uns kommen?" Rachel schien noch immer nicht überzeugt.
„Nein, ich... Ich muss in dieses Labyrinth, klar? Ich muss zu Gally und Newt. Eine andere Möglichkeit gibt es für mich nicht."
„Du weißt aber, dass du dich an nichts erinnern können wirst?" Jetzt sah sie mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Und Gott, ja, sie hatte ja auch Recht.
„Ja, das weiß ich. Und es ist mir egal."
„Oh Mann, du musst ja wirklich sehr verliebt sein in diesen Newt!", stellte sie fest, aber fragte nicht weiter nach. „Na schön, wie willst du vorgehen?"
Ich erzählte ihr, dass ich Minho eingeweiht hatte und wir gleich nachdem sie Newt geholt hatten abwarten wollten, bis Janson wieder einmal unterwegs war und dann versuchen würden, über die Schächte in sein Büro zu gelangen. Dass wir dort nach allen Hinweisen auf den Rechten Arm suchen wollten und erst dann auch Thomas einweihen würden, um die Gruppe zu kontaktieren. Wenn uns das gelang, würden wir eine Nacht ausmachen, möglichst kurz bevor ich plante ins Labyrinth geschickt zu werden, wovon sie natürlich niemandem – auch nicht Minho und Thomas – erzählen durfte. Dann würden sie, Minho und ich die Kinder durch die Lüftungsschächte aufs Dach bringen und sie dem Rechten Arm übergeben, die garantiert irgendeine Möglichkeit hatten, sie von hier wegzubringen. Darauf mussten wir einfach setzen, denn wir konnten das nicht.
Während ich erzählte, zeigte ich ihr den Schacht auf der Karte und auch, wo Jansons Büro war, wenn wir die Ebene herausgefunden hatten.
Rachel nickte immer wieder und schien den Plan plausibel zu finden.
„Und wenn alles geklappt hat, sind die Kids in Sicherheit. Und du auch", endete ich.
„Und Minho und Thomas? Wollen die denn nicht auch von hier weg?"
„Ach, Thomas hat hier doch wirklich nichts auszustehen, ich glaube er fühlt sich wohl hier... Und Minho... Ja, ich denke, er wird mit euch kommen."
Rachel nickte wieder.
„Dann melde dich bei mir, wenn ihr weiter gekommen seid. Du weißt ja, wie du mich findest." Sie lächelte mir zu und damit war das Gespräch beendet.
Rachel half mir noch zurück in den Schacht und schloss dann die Klappe hinter mir. Ich machte mich auf den Weg zurück zu meinem Zimmer und atmete erleichtert auf, als Newt noch genauso, wie ich ihn zurück gelassen hatte, im Bett lag.
Schnell zog ich mich wieder aus, ließ meine Unterwäsche allerdings an. Ihm würde schon nichts auffallen, schließlich hätte ich ja auch nachts auf Toilette gemusst haben können oder so.
Als ich mich gerade wieder neben ihn legte grummelte er leise und zog mich, ohne die Augen zu öffnen, an sich heran.
„Warst du weg? Du bist so kalt", murmelte er, öffnete nun doch die Augen und sah mich müde an.
„Ja, ich war auf der Toilette. Mir ist kalt." Hoffentlich war er so müde, dass er mir das abkaufte.
Aber ich schien Glück zu haben, denn Newt schloss die Augen wieder, küsste mich auf den Mund und dämmerte dann schon wieder zurück in den Schlaf. Ich sah ihm zu, wie er einschlief und lächelte, ohne wirklich zu wissen warum.
Er war mit Abstand der netteste, tollste und schönste Mensch, den ich je kennen gelernt hatte. Und ich war unglaublich dankbar, dass ich diejenige war, die hier in seinen Armen lag.
Wenn wir uns im  Labyrinth wieder treffen würden, dann mussten wir uns einfach wieder in einander verlieben. Das ging gar nicht anders. Schließlich würde die Liebe, die ich ihm gegenüber spürte, nicht einfach so verschwinden, wenn man mich in die Gedächtniskammer steckte. Da war ich mir sicher. Gallys Gefühle mir gegenüber waren auch nicht verschwunden. Und Newt würde sich auch irgendwie an mich erinnern. So wie ich mich an ihn.
Mit diesem Gedanken schlief ich ein.

From The WICKED Start | A Maze Runner Story Where stories live. Discover now