29. Die Rettung

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„Okay... Seid ihr bereit? Wenn wir da jetzt reingehen, gibt es kein Zurück mehr."
Minho nickte sofort und auch Rachel stimmte zu, auch wenn sie sich viel zu fest an die Karte der Luftschächte krallte. Sie hatte darauf bestanden, dass wir sie mitnahmen, auch wenn wir den Weg gefühlt hundert Mal durchgegangen waren.
Ich konnte verstehen, wie sie sich gerade fühlte. Für sie stand alles auf dem Spiel, schließlich hatte sie nicht im Hinterkopf, dass sie in etwas länger als 3 Wochen eh ins Labyrinth gehen würde - freiwillig. Wenn wir heute Nacht erwischt würden oder versagten, hatte sie keinen Plan B.
Genau wie Minho.
Ich sah ihn besorgt an und versuchte seine Gedanken zu erraten. Er sah so furchtlos aus, als hätte er nichts zu verlieren, aber im Endeffekt machte er das hier auch nur, weil ich ihn darum gebeten hatte.
Wenn das Ganze schief geht, habe ich die beiden auf dem Gewissen.
Ich schüttelte leicht den Kopf, um diesen Gedanken wegzuwischen und sah dann noch einmal prüfend zu meinen beiden Freunden, bevor ich Rachels Schlüsselkarte nahm und sie durch das Terminal zog. Das Schloss klickte und ich drückte die Tür auf.
„Okay, drei Schlafräume, drei Türen. Jeder übernimmt eine, wir holen die Kids raus, versammeln uns hier und steigen dann alle in den Schacht dort oben. Wie besprochen. Los geht's."
Die anderen beiden nickten mir zu und jeder öffnete eine Tür.
Ich schaltete das Licht ein und sah mich um. Alles sah so aus wie beim letzten Mal, als ich hier war.
Die 8 Kinder blinzelten, als das Licht sie weckte und ich flüsterte: „Alles in Ordnung, ich bin es, Anna. Wir stehen jetzt alle ganz leise auf und dann machen wir einen Ausflug. Wer der leiseste ist, gewinnt. Das wird aufregend. Okay?"
Als sie zu sich gekommen waren, erkannten sie mich und freuten sich, mich zu sehen. Einige fielen mir um den Hals oder klammerten sich an mein Bein. Chuck, der Junge, der schon früher so an mir gehangen hatte, ließ mich gar nicht mehr los.
„Also los, kommt, am Ende unseres Ausflugs wartet noch eine ganz tolle Überraschung auf euch! Jetzt nehmt ihr alle eure Bettdecken und zieht die Bezüge ab. Und dann knoten wir die zusammen, wie bei den Räubern, die aus einem Gefängnis ausbrechen."
Sie folgten mir in den großen Kontrollraum und auch Rachel und Minho hatten ihre Gruppen erfolgreich aus dem Schlafraum geholt. Alle waren dabei, ihre Bezüge aneinander zu knoten und die Stimmung unter den Kindern war aufgedreht und positiv.
So weit so gut.
„Und was machen wir jetzt?", fragte Chuck neugierig, immer noch direkt neben mir, und griff meine Hand.
Minho kletterte auf einen Stuhl und Rachel reichte ihm eine Haarspange, damit er die Schrauben vor der Klappe lösen konnte.
„Ich würde mal sagen, wir erleben jetzt ein echtes Abenteuer. Wie in den Büchern, die ihr bestimmt gerne lest", sagte er, während er die Klappe leise herunterklappen ließ. „Also, wer möchte als erstes?"
„Ich gehe vor", sagte ich und spürte, wie Chuck meine Hand ein wenig fester griff und fügte hinzu. „Und Chuck kommt als zweites, ja?" Ich lächelte ihn an und er strahlte zurück. Er sah so süß aus mit seinen Löckchen und den Grübchen in den runden Wangen.
Minho nickte und half mir hoch. Im Schacht angekommen streckte ich meinen Arm aus und zog Chuck mit Minhos Hilfe nach oben. Und so ging es immer weiter, bis er als letztes Rachel mit dem Seil aus Bettdecken hoch half und sie ihn dann rauf zog. Sie verschlossen die Klappe wieder, um keine Spuren zu hinterlassen.
Als ich das Okay bekam krabbelte ich so leise wie ich konnte los und die Kinder folgten mir. Trotz aller Mühen machten wir natürlich Geräusche und ich betete, dass uns niemand hören würde.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich endlich die Leiter und begann nach oben zu klettern.
„Haltet euch gut fest!", sagte ich gerade so laut, dass mich alle hören konnten. Und so kletterten und kletterten wir, immer weiter nach oben, bis ich mir beinahe den Kopf an der Klappe stieß. Ich öffnete sie und zog mich raus, bevor ich begann, den Kindern hoch zu helfen.
Minho stieg als letzter aus der Luke und als er sie wieder geschlossen hatte, atmete ich zum ersten Mal auf. Wir hatten es jetzt schon so weit geschafft, was sollte noch passieren?
Vorsichtig lugte ich über den Rand des Dachs und konnte unten mehrere kleine Laster erkennen. Ein Mann stand dort und hielt ein Schild hoch, auf dem zu lesen war, dass er Vince hieß und wir loslegen konnten.
Wir kontrollierten also noch einmal das behelfsmäßige Seil und Minho erklärte den Kids, wie sie sich festhalten mussten, damit sie es heile nach unten schafften.
Und dann begannen sie zu klettern. Einer nach dem Anderen seilte sich ab und es passierte niemandem etwas. Mein Herz machte freudige Hüpfer, als ich sah, wie Vince und einige andere – darunter auch eine Frau, die von hier aus durchaus die Doktorin namens Mary hätte sein können – die Kinder begrüßten und in den Fahrzeugen unterbrachten.
Plötzlich, als nur noch Rachel, Minho, ich und 4 Kinder auf dem Dach standen, ertönte ein ohrenbetäubendes Geräusch, weswegen wir uns alle instinktiv die Ohren zuhielten.
Was zum Teufel -?
Nur wenige Sekunden später konnten wir auch schon sehen, woher das Geräusch kam. Ein Helikopter tauchte rechts von uns auf. Er musste unterhalb des Gebäudes gestartet sein, weshalb wir ihn nicht kommen gesehen hatten.
„Scheiße, das ist WICKED!", hörte ich Minho rufen. Aber ich hatte längst selbst gesehen, wer dort drin saß und mich angrinste.
Janson.
Schützend stellte ich mich vor Chuck und Rachel und Minho taten es mir gleich und schirmten die anderen drei Kinder ab, als ein SWAT-Mitglied mit einem Elektroschocker auf uns deutete.
Der Helikopter landete und ich konnte nur hoffen, dass Vince die anderen Kids von hier wegschaffte.
Panisch sah ich mich um und suchte nach einem Ausweg. Aber es gab einfach keinen. Wir saßen in der Falle. Wenn wir uns auch nur einen Zentimeter bewegten, würden die uns sofort bewusstlos schocken und ich konnte es nicht riskieren, die Kinder in Gefahr zu bringen.
„Nein, nein, das darf nicht sein. Die werden uns umbringen." Ich konnte Rachel schluchzen hören.
Nein, umbringen würden sie uns nicht, nur wegsperren und wahrscheinlich in verschiedene Labyrinthe schicken.
Ich würde weder Newt, noch Gally je wiedersehen. Und ich war ganz alleine Schuld daran und daran, dass meine beiden Freunde das gleiche Schicksal erwartete wie mich.
Ich wollte Rachel beruhigen, wollte ihr sagen, dass wir nicht sterben würden, aber bevor ich meinen Mund öffnen konnte spürte ich ein so schreckliches Gefühl in der Brust, dass ich dachte, mein Herz würde stehen bleiben. Ich sah, am ganzen Körper zitternd, an mir herunter und erkannte, dass ich von einem Elektroschocker getroffen worden war. Zuckend fiel ich auf die Knie und dann unsanft auf den Wangenknochen. Neben mir brachen auch meine beiden Freunde zusammen.
Das Letzte, was ich sah, war Chucks Kindergesicht, tränenüberströmt über mich gebeugt. Dann wurde alles dunkel.

From The WICKED Start | A Maze Runner Story Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin