24. Newts Erinnerung

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„Hey, Schlafmütze, aufstehen. Du hörst ja deinen eigenen Wecker nicht." Jemand schüttelte mich leicht an der Schulter. Ich öffnete die Augen, noch halb im Traum und vollkommen davon überzeugt, dass es sich um Newt handelte... Oder doch um Gally? Newt würde mich anders wecken.
Aber irgendetwas stimmte da nicht. Das war weder der eine noch der andere.
Teresa.
Jetzt fiel mir wieder ein, dass sie ja bei mir geschlafen hatte. Und tatsächlich, da stand sie mit verstrubbelten Haaren und hatte meinen Wecker in der Hand, den sie ausgestellt haben musste.
„Na komm, hoch mit dir, lass uns was frühstücken. Heute ist Newts großer Tag." Dieses Mal klang es nicht so grob, wie ich es erwartet hatte.
Nachdem wir uns beide frisch gemacht hatten, machten wir uns auf den Weg zum Speisesaal und setzten uns dort, zum großen Erstaunen aller, wieder zu meinen Freunden. Teresa machte wirklich Sachen, die niemand für möglich gehalten hätte, nicht einmal Thomas, der verwirrt vom anderen Tisch zu uns herüber kam, wo er schon angefangen hatte, zu essen.
- Wo wir wieder beim Thema wären. Ich musste Thomas in unseren Plan einweihen, damit wir voran kamen und das hieß, dass ich irgendwie einen Moment abpassen musste, in dem Teresa nicht bei uns war.
Da kam mir eine Idee. Es wäre schon fast zu einfach, zu fragen, ob wir heute zusammen zum Mittagessen gehen sollten, sodass Teresa mal alleine im Labor blieb. Aber einen Versuch war es wert.
Ich fragte also, ob er nicht Lust hatte, heute mal mit mir zu Mittag zu essen und er stimmte fröhlich zu. Auch Teresa schien die Idee gut zu finden, ihre Ruhe zu haben.
So weit so gut.

Als wir uns auf den Weg zum Überwachungslabor machten, spürte ich, wie Aufregung in mir hochstieg. Ich wusste nicht, was mich erwartete, hatte keine Ahnung, ob Newt es geschafft hatte, sich an irgendetwas zu erinnern.
Mein Herz schlug unregelmäßig, als wir durch die Tür gingen und uns auf unsere Plätze setzten. Dieses Mal waren wir so früh, dass wir alles mit ansehen konnten.
Newt lag in der Box, bewusstlos und noch klitschnass von der Gedächtniskammer. Er sah friedlich aus, als schliefe er, bis die Box mit einem lauten Rumpeln begann, hochzufahren. Da setzte er sich abrupt auf, als wäre er aus einem schlimmen Traum erwacht.
Verwirrt sah er sich um und schien zuerst überhaupt keinen Orientierungssinn zu haben. Nach ein paar Sekunden bemerkte er anscheinend, dass er sich ziemlich schnell aufwärts bewegte und versuchte entsetzt auf die Beine zu kommen. Er konnte sein Gleichgewicht nicht halten und kippte unsanft gegen eine Außenwand, an deren Gitter er sich festhielt, um nicht wieder völlig umzufallen.
Plötzlich stoppte die Box und die abrupte Bremsung schüttelte den gesamten Inhalt so durch, dass Newt nach vorne stürzte. Jemand öffnete die Klappen, die den Schacht bedeckten und helles Licht fiel ihm ins Gesicht, sodass er sich eine Hand über die Augen halten musste.
Alby und George waren gerade dabei, die Gitterklappe der Box zu öffnen, da stürzte Gally herbei und stieß ungewollt George zur Seite, der ihn mit hochgezogenen Augenbrauen ansah.
„Sorry", murmelte Gally, ohne hochzusehen. Er machte sich sofort an der Klappe zu schaffen und mit Albys Hilfe öffnete er sie.
Als die Gitter zur Seite schwangen und der Blick auf Newt frei wurde, konnte man förmlich sehen, wie Gallys Schultern erschlafften und er die Klappe resigniert fallen ließ. Er stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete den Neuankömmling. Ich sah, wie er und Alby einen Blick wechselten und dieser fast unmerklich den Kopf schüttelte.
Das war nicht das, was die beiden erwartet hatten.
In diesem Moment kam Nick bei der Box an, der anscheinend eine lange Nacht gehabt hatte, denn seine Haare waren verstrubbelt und er sah aus, als wäre er gerade aus dem Bett gekommen. Bei ihm war Fry Pan, der ihn wohl geholt hatte, als die Box hochkam.
Leichtfüßig hüpfte Nick runter zu Newt und streckte ihm eine Hand entgegen.
„Herzlich Willkommen auf der Lichtung, Frischling. Ich bin Nick. Kannst du dich an deinen Namen erinnern?"
Newt ergriff seine Hand und stand auf, immer noch etwas wackelig.
„Nein, ich... ich habe keine Ahnung..."
Ich spürte, wie ein Gefühl von Resignation in mir aufstieg. Wenn er sich nicht an seinen Namen erinnerte, wie sollte er sich dann an mich erinnern?
„Keine Sorge, das kommt wieder. Na los, lass und hier raus steigen und dich den anderen Jungs vorstellen."
Damit kletterte er aus der Box, während Alby Newt heraushalf. Er klopfte ihm auf den Rücken und sah ihn etwas mitleidig an.
„Also, Frischling, das sind die anderen Lichter. Das ist Alby, das George und der hier heißt Gally", begann Nick die Jungen vorzustellen, als Gally sich einfach umdrehte und ging. Newt schien das gar nicht wirklich wahrzunehmen, viel mehr sah er Nick mit zusammengekniffenen Augen an, als er Gally beim Namen nannte.
„Gally?", fragte er und sah verwirrt von Nick zu Gally, der bereits ein gutes Stück entfernt war.
„Ach ja, der kriegt sich wieder ein. Mach dir um ihn keine Sorgen, er ist schon von Anfang an -" doch Newt hörte ihm offensichtlich gar nicht zu.
„Ich kenne seinen Namen." Eine Feststellung.
Alle schwiegen und sahen Newt perplex an. Fry Pan stand der Mund offen und er schien es erst einige Sekunden später zu bemerken.
„Nun ja... vielleicht kanntest du ja jemanden der auch so hieß? Möglich wäre es..." Alby schien etwas zu wittern und versuchte, abzulenken.
Newt schloss die Augen und schüttelte den Kopf hin und her, was ihn ziemlich verwirrt aussehen ließ. Gut so, oder?
Alby schien seine Möglichkeit zu sehen und packte ihn am Arm. „Mensch, du bist ja völlig durcheinander. Daher wird auch das Gerede über Gally kommen. Na los, ich bringe dich zu den Hütten, da kannst du dich hinlegen." Damit zog er Newt mit sich und nickte den Anderen zu, als wolle er ihnen damit noch einmal ganz genau klar machen, dass der neue Junge offensichtlich einfach nur verwirrt war.
Und es schien zu funktionieren. Die Jungen redeten noch kurz durcheinander, aber niemand schien wirklich misstrauisch zu sein. Nach ein paar Minuten schickte Nick sie los, um ihre Arbeit weiter zu verrichten und machte sich selber auf den Weg in sein Bett, wie er zu George sagte.
Alby brachte Newt zu den Hängematten und ließ ihn sich erst einmal hinlegen. Dann begann er jedoch leise und bestimmt zu reden.
„Okay, hör zu. Ich glaube dir, dass du dich irgendwie an Gally erinnerst. Wahrscheinlich hast du ihn gekannt oder von ihm gehört, bevor du herkamst. Aber du solltest nicht mit den anderen Lichtern darüber sprechen, ich will nicht, dass sie misstrauisch werden. Klar?"
Ich konnte sehen, wie es noch immer in Newts Kopf ratterte, aber er nickte und ich wusste, dass er Wort halten würde.
Auch Alby schien das zu glauben, denn er begann ihm zu erzählen, was sie über die Lichtung und das Labyrinth wussten, was sie hier so den ganzen Tag machten und wie er sich einbringen konnte. Als er geendet hatte fragt er, ob er ihm alles zeigen sollte und Newt willigte ein. Er sah schon viel besser aus und war jetzt auch wieder gut auf den Beinen.
Ich atmete auf, als ich beobachtete, wie sie gemeinsam über die Lichtung liefen und Alby redete und redete, damit Newt alles verstand.
Ein warmes und gutes Gefühl hatte sich in mir breit gemacht. Er hatte zwar nicht gesagt, dass er sich an mich erinnerte oder an irgendetwas über uns, aber er hatte sich an Gally erinnert und wenn das kein gutes Zeichen war, wusste ich auch nicht weiter.

From The WICKED Start | A Maze Runner Story Where stories live. Discover now