Kapitel vierzehn

152 7 0
                                    

Die Nacht war grauenhaft. Ich habe kein Auge zu bekommen und mich stundenlang in meinem Bett herum gewälzt. Dann kam um 4:17 plötzlich das Bedürfnis einfach aufzustehen und schonmal damit zu beginnen das Frühstück vorzubereiten, aber ich wollte Maya keinen Schrecken einjagen und blieb dann doch widerwillig in meinem Bett liegen und starrte pausenlos an die Decke.
Die Dinge, die ich jetzt über Tyler wusste ließen mich nicht los, und je öfter sie in meinem Kopf waren desto schlimmer wurde mein schlechtes Gewissen. Ich muss mich bei ihm entschuldigen. Innerlich legte ich mir schon die Worte zurecht die ich ihm sagen würde, sobald ich es schaffen sollte überhaupt ein Wort in seiner Gegenwart herauszubekommen, am Freitag war dies einfacher den je, denn der Alkohol hatte meinen Körper unter Kontrolle und die Worte verließen wie von selbst meinen Mund. Auch der Moment im Tattoo Studio ließ mich nicht los, und ich könnte schwören seinen Blick immer noch auf mir zu spüren.

Energisch schüttelte ich den Kopf und rückte eines der Kuschelkissen zurecht das ich inzwischen eher umarmt hatte. Warum mache ich mir ständig Gedanken darüber was ich falsch mache, oder wie ich Dinge wieder gerade biegen kann, wenn er nicht mal einen Gedanken an mich verschwendet und genau so gemein zu mir war. Ich sollte mich einfach nur bei ihm entschuldigen und die Sache wäre vorbei, aber wie sollte ich ihn überhaupt treffen, geschweige denn mit ihm sprechen können wenn ich nichts mit ihm zu tun hatte oder eher gesagt nichts von ihm weiß außer das er ein Arsch ist und eine schlimme Vergangenheit hat. Ich weiß nicht mal wie alt er ist, oder was er am liebsten trinkt, oder was sein Lieblingsbuch ist. Ein Gefühl in mir machte sich immer breiter, und ich wünschte mir in diesem Moment mehr über Tyler zu erfahren obwohl er jede Faser meines Körpers in Angst versetze. Er schlich sich in meinem Kopf obwohl er da nicht hingehörte.

Ich blickte auf meinen Wecker und betrachtete die leuchtenden Zahlen, beobachtete wie sich eine Zahl veränderte und atmete hörbar laut aus. 7:24. Dann erhob ich mich aus meinem Bett und strich das Lacken glatt, steckte es zurück zwischen Bett und Matratze und zog meine Yoga Leggins und ein großen Pullover aus dem Schrank um mich dann auf den Weg ins Badezimmer zu machen, ich würde sowieso keine Minute länger mit meinen Gedanken im Bett aushalten können.

Die warme Dusche zeigte schnell ihre Wirkung und spülte meine Gedanken und auch die Trägheit davon. Danach zog ich mich an, föhnte wie üblich meine Haare und putzte mir die Zähne, ich ließ mir dafür genug Zeit und kehrte in mein Zimmer zurück, wo ich aus lauter Langeweile begann meine Tasche für die Uni zu packen, meinen Schrank wieder neu zu sortieren und die Bücher die ich provisorisch auf mein Fensterbrett stellen musste abzustauben. Zufrieden setzte ich mich auf die Bettkante und nahm das erste mal an diesem Morgen mein Handy vom Nachtschrank, und dann tat ich etwas wovor es mir schon die ganze Zeit graute: Ich rief meine Mutter an.
Sie nahm nach dem ersten Klingeln ab. "Hallo?"
Ihre Stimme klang heiser und etwas müde, "Hey Mom." sagte ich verunsichert und starrte unbeholfen auf die Zahlen meines Weckers.
"Wie geht es dir Schatz?" unsicher was ich antworten sollte, benutzte ich meine Standard Antwort, "Mir geht es gut, und euch?" was natürlich gelogen war. Jedesmal wenn ich die Nummer meiner Mutter wählte, oder einen Anruf von ihr erhielt spannte sich mein ganzer Körper an. Ich liebe sie, natürlich tue ich das, aber zu wissen das ich sie immer weiter anlüge bringt mich dazu mich garnicht mehr bei ihr melden zu wollen, und das möchte ich meiner Mutter definitiv nicht antuen.
"Das freut mich Liebes, uns geht es auch super, ich habe mir nur eine Erkältung zu gezogen." Sie macht eine Pause und fährt fort,
"Und, bist du schon gespannt auf morgen?" ich würde ihr so gerne sagen wie viel Angst ich habe, das ich mich am liebsten in meinem Bett verkriechen würde um mich vor meinen Ängsten zu verstecken, aber ich entscheide mich natürlich wie üblich dagegen, "Ja das bin ich." aber das ist eigentlich gelogen, würde ich am liebsten hinzufügen.
"Das freut mich, ich bin so stolz auf dich. Meine Tochter geht studieren und ist eine tolle und mutige Frau geworden, wie schnell die Zeit vergeht. Ich kann mich noch erinnern als.." weiter kommt sie nicht da ich ihr ins Wort falle, "Mom, ich muss dir etwas sagen." Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, jetzt kann ich es ihr sagen, denk an Mayas Worte Alyssa. Ich schlucke den Klos in meinem Hals herunter, öffne meinen Mund, doch schließe ihn daraufhin wieder. Stille bildet sich in der Leitung und auch Mom ist nun sprachlos. Ich habe höllische Angst vor ihrer Reaktion, Angst das sie mich nicht versteht so wie jeder andere Mensch. Aber ich bin ihre Tochter, und ich bin ihr deshalb auch die Wahrheit schuldig. Ich klammere mich an der Hoffnung fest das nach diesem Gespräch alles besser wird und ich wieder nach vorne blicken kann. Ich halte mein Handy immer fester, und dann verlassen auch schon die ersten Worte meinen Mund.

Ich erzähle ihr alles. Jedes kleinste Detail wie ich es auch Maya erzählt hatte. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist doch ich habe das Gefühl mein Mund ist taub nachdem ich durchgängig geredet habe, und Mom garnichts mehr erwidern konnte. Ich atmete aus als ich den letzten Satz beendete und auch meine Mutter schien sichtlich sprachlos und schockiert zu sein. Ich meine ein schluchzen zu hören und dann ihre Stimme, die jetzt verunsichert und besorgt klingt.
"Oh Gott.. du weißt garnicht wie unfassbar schrecklich dolle es mir leid tut, ich weiß garnicht was ich sagen soll.", "Sag einfach nichts, ich bin nur froh das ich endlich mir der Sprache raus gerückt habe." Ein Stein fällt mir vom Herzen und lege mich nun mit den Rücken auf meine Matratze, starre die Decke an und merke wie mir heiße Tränen die Wangen herunter laufen. 
"Ich liebe dich, mehr als alles andere auf dieser Welt mein Engel. Ich habe das Gefühl das ich versagt habe, weil du mir nicht früher sagen konntest was passiert ist. Natürlich weiß ich das etwas nicht mit dir gestimmt hat, weil ich es als Mutter gemerkt habe. Aber ich dachte das es besser so ist wenn ich dich in Ruhe damit lasse, auch wenn ich dich am liebsten jeden Tag gefragt hätte was mit dir passiert ist." Wort für Wort wird ihre Stimme immer undeutlicher und ich stelle mir gerade vor wie sie vor mir sitzt und wir beide gemeinsam weinen. Ich würde sie am liebsten in den Arm nehmen und ihr für alles danken. "Ich liebe dich Mom."

Wir sprachen noch über Mayas Vorschlag einen Termin beim Psychologen zu vereinbaren, und auch Mom fand die Idee sehr gut, dennoch konnte sie meine Zweifel verstehen. Danach beendete ich das Gespräch und zog meinen Laptop auf den Schoß um nach geeigneten Psychologen zu suchen, am besten wären natürlich weibliche. Ich schrieb einige Adressen in mein neues Bullet Journal und machte mir einen Chai Latte. Ich fühlte mich besser, endlich wusste ich das ich nicht mehr lügen müsste, und auch der Gedanke daran wie sehr meine Mutter mich verstand ließ mich Lächeln, und dieses Mal war es wirklich ein echtes Lächeln.
"Warum grinst du denn so?" Maya stand im Türrahmen und rieb sich die Augen, "Guten Morgen Schlafmütze." Erwiderte ich und stellte die Tasse auf den Tresen.
"Hast du gut geschlafen oder warum bist du so gut drauf?" Sie griff nach einer Tasse aus dem Schrank und stellte sie unter die Kaffee Maschine.
"Nein, eigentlich habe ich garnicht geschlafen.. aber, ich.. ich habe mit meiner Mutter gesprochen." Beginne ich und beobachtete jeden Gesichtsausdruck und jede Bewegung ihrerseits, "Nicht über das woran ich gerade denke oder?" Sie zieht ihre Augenbrauen in die Höhe und schaut mich mit großen Augen an.
"Doch. Ich habe ihr alles gesagt." Ich nippte an meiner Tasse und umklammerte sie fester, "Wow, das sind doch tolle Neuigkeiten! Ich bin so stolz auf dich Aly." Sie schlang ihre Arme um mich und drückte fest zu, so das mir fast die Luft ausging.

Hello Leute ☺️
Ein neues Kapitel ist wieder online und ich hoffe euch hat das lesen genau so viel Spaß gemacht wie mir das Schreiben!
Ich bin momentan so langsam wieder in Rhythmus drinne und schreibe schon fleißig die neuen Kapitel vor! 🙈
Ich hoffe wir lesen uns wieder ♥️

Lost LoveWhere stories live. Discover now