Kapitel neunundzwanzig

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Ich wurde von dem Klingeln meines  Weckers geweckt, und machte mich direkt auf den Weg unter die Dusche da ich gestern Abend einfach keine Motivation mehr dazu hatte, zwar musste ich eine Stunde früher aufstehen als üblich, aber das machte mir nicht besonders viel aus. Tyler hatte mich gestern Abend nach Hause gebracht und ist dann gegangen, irgendwie hatte ich gehofft er würde bleiben, aber das ist selbst für meine Umstände etwas zu gewagt und immerhin wusste ich nicht einmal was das zwischen uns sein sollte. Das warme Wasser entspannte meine verkrampften Muskeln und ich rieb mich ordentlich mit ganz viel Pfirsich Duschgel ein. Ich blieb zehn Minuten länger unter der Dusche als sonst, denn ich wollte diesen Tag überstehen. Es war Montag, und ich musste in die Uni und später noch eine extra Schicht im Trident übernehmen weil Marta krank geworden ist. Also stieg ich aus der Dusche wickelte meinen Körper in ein Handtuch föhnte meine Haare um dann zurück in mein Zimmer zu tapsen. Dort zog ich mich an packte meine Tasche und trug etwas Make-up auf, band meine Haare zu einem Zopf und machte mich mit knurrenden Magen auf den Weg in die Küche.

Ich machte mir wie üblich einen Chai Latte und aß ein Toast, nebenbei startete ich mein Handy und wurde mit 6 SMS und einigen Anrufen begrüßt, sie waren alle von meiner Mutter. Aber ein Anruf war von meinem Vater und ich blickte wie erstarrt auf das Display und las die Benachrichtigung immer und immer wieder durch, ein verpasster Anruf von Dad. Ich schluckte hart, lies das Toast auf den Teller fallen und schwebte mit dem Finger über dem Hörersymbol, er würde mich niemals einfach so anrufen ohne das etwas schlimmes passiert ist. Ich beschloss zuerst meine Mutter anzurufen. Es wählte und wählte aber ihre Stimme erklang nicht am Ende der Leitung. Langsam wurde ich stutzig und machte mir Sorgen, ich wählte die Nummer von Robert doch auch er ging nicht ans Handy. Also blieb mir nichts anderes mehr übrig als meinem Vater anzurufen. Es wählte, genau so lange wie bei Mom und mein Bauch verkrampfte sich, was soll ich sagen wenn er wirklich ran gehen wird? Ich weiß nicht einmal mehr wie ich überhaupt auf ihn reagieren soll. Gerade als ich auflegen wollte, ertönte seine raue Stimme, "Blair" sagt er und ich kann mir innerlich vorstellen wie er gerade sein Gesicht verzieht, denn höchstwahrscheinlich habe ich ihn bei der Arbeit gestört. "Hi Dad." Meine Stimme ist nur ein leises Flüstern, "Alyssa." er atmet hörbar aus, "Warum hast du mich angerufen?" ich kaue nervös auf meiner Lippe herum, eine blöde Gewohnheit die ich mir schnellstmöglich abgewöhnen sollte. "Dein Bruder, er ist abgehauen, ist er bei dir?" Er sagt es so emotionslos und irgendwie desinteressiert das es mich wütend macht, doch ich halte meinen Mund. "Nein, ist er nicht. Er meldet sich auch nicht mehr bei mir." das ist alles deine Schuld, hätte ich den Satz am liebsten beendet. Ich wartete auf eine Verabschiedung, doch er legt einfach nur auf. Verärgert legte ich das Handy auf die Tischplatte, um es Sekunden später wieder in die Hand zu nehmen um meinem Bruder zu schreiben. Ich hoffe innig das er vielleicht zu meiner Mutter ist, denn in solchen Momenten finden ihn die Drogen oder eher gesagt er findet sie. Ich bitte ihn darum mich anzurufen und schicke die Nachricht ab. Bitte Schicksal, lass ihn nicht fallen. Höre ich meine innere Stimme und räume nebenbei den Tisch auf. So leise wie möglich schloss ich die Tür hinter mir und stieg in meinen Van.

Der Campus war wie immer vollkommen überfüllt und ich schlängelte mich durch die Menge, mal kam mir ein groß gebauter Sportler entgegen der einen Football in der Hand hielt den ich dann fast ins Gesicht bekam, oder ich musste einer Studentin ausweichen die einen Stapel an Büchern in der Hand balancierte. Ich sah kurz vor dem Eingang zu den Motorrad Parkplätzen auf denen wie fast jeden Morgen Tyler, Isaac und ihre Gruppe standen, doch diese waren leer. Literatur, war das erste was ich heute hatte und irgendwie freute ich mich sehr darauf denn ich wusste das es der einzige Kurs war den ich mit Tyler teilte, doch als ich den Hörsaal betrat war sein üblicher Sitzplatz leer.

"Die Moral von Romeo und Julia besteht darin, alte Familienwunden loszulassen und nicht zuzulassen, dass Ihre Gefühle Ihr Leben bestimmen." Sagt Mr. Hawkins während er das Buch zusammen klappte und auf den Tisch legte, "Vielen Dank für den Unterricht und einen schönen Montag." Diese Worte retteten mich, ich liebte Romeo und Julia, aber Mr. Hawkins hatte die Begabung so unfassbar leise, undeutlich und langsam zu sprechen das man förmlich dazu animiert wurde einzuschlafen. Ich erhob mich von meinem Platz und steckte meine Materialien zurück in die Tasche um mich auf den Weg in die Cafeteria zu machen. Ich erkannte beim Betreten sofort den feuerroten Haarschopf von Maya die gelassen auf einem Stuhl saß und Isaac eine Pommes in den Mund schob, ich musste grinsen, irgendwie sahen sie ja schon aus wie ein altes Ehepaar. "Oh hi!" sagte Maya als ich neben ihr zum Vorschein trat. sie lächelte mich schief an, "Pommes gefällig?" sie ließ eine Pommes vor meinem Mund kreisen und tat so als wäre ich ein kleines Kind das mit der üblichen Flugzeug Masche gefüttert werden musste, "Ich hol mir lieber einen Salat." lehnte ich dankend ab und ließ meine Tasche auf dem Stuhl neben ihr nieder. "Du siehst so müde aus, hattest du eine Lange Nacht?" fragte sie mich als ich mit einem Ceaser Salat zurück zum Tisch kam, "Sehr witzig! Ich sollte nie wieder Sonntags feiern gehen." ich schob mir einen Streifen Hähnchenbrust in den Mund, "Du warst wohl noch bei Tyler?" Isaac hob eine Augenbraue. Was zur Hölle. "Ehm, nein, wie kommst du darauf?" Stammelte ich und stocherte in meinem Salat herum, "Ich hab gesehen wie ihr zusammen das Eleven verlassen habt." fügt er hinzu, "Ja, er hat mich nach draußen begleitet, das ist alles." Ich weiß auch nicht warum ich die Sache zwischen mir und Tyler immer verheimlichen muss, aber ich befürchte das er es so möchte, sonst wüsste Isaac doch schon längst davon.

Lost LoveWhere stories live. Discover now