Kapitel zweiundzwanzig

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Nachdem ich die Teller und Tyler's Tasse sorgfältig in die Spülmaschine gestellt hatte, suchte ich meine Sachen zusammen und faltete die Bettwäsche. "Ich bringe den Müll kurz raus." rief Tyler und ich hörte die Wohnungstür zuknallen. Das war meine Chance um das T-shirt mit meinem Kleid auszuwechseln. Ich faltete es zusammen und legte es auf die Bettwäsche die ich hoch hob, um mich daraufhin auf dem Weg zu seinem Zimmer zu machen, als mir kurz vor der Tür einfiel das dies möglicherweise wieder verschlossen sein könnte. Doch so war es nicht, die Tür war einen Spalt weit offen und ein Lichtstrahl fiel auf das Parkett. Vorsichtig stupste ich sie mit meinem Fuß an und trat in das Zimmer hinein. Es roch wie fast überall in dieser Wohnung nach Aftershave. Blätter und Bücher lagen verteilt mit etlichen T-shirt's auf den Boden, eine Gitarre lehnte am Schreibtisch und das Bett war aufgewühlt. Sofort bekam ich den Drang alles aufräumen zu müssen, und hörte die Stimme meines Vaters. Dann fiel mein Blick auf ein riesiges Eichen Regale das am anderen Ende des Raumes stand und randvoll mit Büchern gefüllt war. Ich legte die Bettwäsche auf die kleine Couch rechts von mir und ging mit neugierigen Schritten zum Regal. Mein Blick viel direkt auf ein Buch das mir bekannt vor kam, das ich unzählige Male gelesen hatte, 'Am grünen Rand der Welt' ich strich vorsichtig über den Titel und begann zu lächeln, ich liebte die Romane von Thomas Hardy und hätte im Leben niemals damit gerechnet ausgerechnet dieses Buch bei einem Gefühlslosen Typen zu finden.
Ich schlug die erste Seite auf, doch plötzlich flog ein in zwei geteiltes Bild heraus und landete vor meinen Füßen auf dem Boden. Ich bückte mich und wieder fiel etwas aus dem Buch. Es war ein gefaltetes Blatt was ich ebenfalls mit dem Foto aufhob. Das Bild zeigte ein glückliches Ehepaar an ihrem Hochzeitstag, ich setze beide Teile zusammen und erkannte sofort Tyler's Mutter wieder. Der Mann neben ihr war genau das Gegenteil, er war sehr groß, muskulös und auch sein Blick war wie Tyler's mürrisch und gefühlslos. Es machte mich in einer Hinsicht traurig, das so wie ich vermute Tyler's Vater an dem eigentlich schönsten Tag seines Lebens nicht in die Kamera strahlte wie seine Frau. Ich legte das zerrissene Foto zurück in das Buch und hielt jetzt den Zettel in der Hand. Ich wusste das es vollkommen falsch war ihn einfach zu öffnen, doch meine Neugier nahm sich die Macht und ich faltete ihn auseinander und begann den ersten Satz zu lesen.

Mein geliebter Tyler,
Wenn du diesen Brief liest werde ich für Ewigkeiten in deinem Herzen bleiben.
Ich will das du weißt das meine Entscheidung nichts mit dir zu tun hatte, das du keinen Fehler gemacht hast und dir niemals die Schuld dafür geben solltest, denn dafür bist du einfach ein viel zu tapferer und schlauer Junge. Ich kann nicht in Worte fassen wie sehr ich mich als Mutter schäme so etwas zu tun, aber es war das richtige, es war richtig für immer zu gehen...

Mir stockte der Atem, genau in diesem Augenblick wurde hinter mir die Tür geöffnet und ich faltete den Brief so schnell wie möglich wieder zusammen um ihn in das Buch zu befördern, doch es rutsche mir aus der Hand und viel mit einem kräftigen Laut auf den Boden. "Was hast du in meinem Zimmer zu suchen? Und was zur Hölle tust du da?" Er lief mit aggressiven Schritten auf mich zu und sammelte das Foto samt den Brief und dem Buch vom Boden auf. Dann sah er mich wütend an, doch ich blieb weiterhin stumm. "Ich habe dich gefragt was zur Hölle du hier tust?" schrie er. Meine Hand begann zu zittern und ich starrte ihn einfach nur an. Ich wusste nicht was ich sagen sollte außer einer weiteren Entschuldigung die ich ihm schon einige Male an den Kopf geworfen hatte. "Ich ich.." begann ich zu stottern "Es tut mir leid, ich wollte nur die Bettwäsche weg bringen." beendete ich den Satz. "Raus!" Er stellte das Buch zurück in das Regal und sah mich weiterhin mit einem Tötenden Blick an. "Ich habe gesagt Raus!" Ich rannte aus dem Zimmer, holte meinen Mantel und die Tasche aus dem Wohnzimmer und eilte zu meinen Schuhen die ich mir so schnell wie möglich über zog. Und dann verließ ich die Wohnung.

Der kalte Wind peitschte durch meine Haare und die Sonne versteckte sich hinter den Wolken. Ich zog meinen Mantel fest um mich und rannte förmlich nach Hause. Tränen bildeten sich in meinen Augen, nicht wegen seinen Worten sondern wegen meinem Verhalten. Ich wusste das es falsch war, doch ich tat es trotzdem obwohl wir eigentlich meiner Meinung nach dabei waren uns besser zu verstehen. Ich fühlte mich noch nie so wie ich mich bei ihm fühlte, ich war verwirrt, es war ein Gefühlschaos zwischen Liebe und Hass und die Anziehungskraft war da. Niemals würde ich mir wünschen von einem Mann in den Arm genommen zu werden. Aber bei Tyler fühlte es sich anders an, seitdem er es getan hatte fühlte sich alles anders an, doch das schlimmste an der ganzen Sache war das er mich nicht ausstehen konnte.

Ich erreichte die Haustür und klingelte Sturm. Nach einer gefühlten Ewigkeit ertönte zum Glück das Summen des Türöffners und ich trat in das warme Treppenhaus. Rasch rannte ich die Treppen hoch und fiel Maya mitten im Türrahmen in die Arme. „Wo warst du?" ihre Stimme ist so leise das ich erst meine sie garnicht gehört zu haben, „Bei Tyler." sagte ich mit zittriger Stimme. „Komm rein und erklär mir alles." In der Wohnung war es angenehm warm und ich setzte mich auf die Couch, Maya gab mir inzwischen einen Chai Latte und nippte selbst an einer Tasse Kaffee. „Aly, es tut mir so schrecklich leid das ich gestern nicht mehr für dich da sein konnte.." ich wollte gerade etwas sagen doch sie hob den Finger und sprach weiter „Nachdem Tyler auf Jason los gegangen war habe ich ihn mit Isaac ins Krankenhaus gebracht und Tyler gebeten nach dir zu sehen. Obwohl das eigentlich total schwachsinnig war, wie konnte ich nur ausgerechnet Tyler darum bitten." sie schlug sich gegen die Stirn und etwas Kaffee schwappte auf ihre Hand was sie jedoch ignorierte, „Als ich das ganze Blut gesehen habe, habe ich an nichts anderes mehr gedacht als den Krankenwagen zu rufen, doch Isaac hat mich dann etwas beruhigt. Und nachdem wir aus dem Krankenhaus gekommen sind, sind wir bei Jason geblieben. Erst dann kam mir in den Sinn das du alleine mit Tyler sein musstest.. und ich fühle mich immer noch so schlecht deswegen. Zwar kam mir der Gedanke du seist zu Hause angekommen, aber ich hätte niemals damit gerechnet das du bei ihm schläfst." sie atmet hörbar aus und sieht mich anstelle des Kaffes an.
„Erstens musst du dich schonmal garnicht schlecht fühlen, denn ich kann dich verstehen. Und zweitens hatte ich keine andere Möglichkeiten als bei ihm zu bleiben da ich natürlich ausgerechnet meinen Schlüssel zu Hause liegen gelassen habe."

Lost LoveWhere stories live. Discover now