Kapitel 53

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Die letzten Schritte ging ich auf sie zu und starrte sie weiterhin ungläubig an. Sie sah einfach nur schrecklich aus. An ihrem Hals und an ihren Armen war sie umgeben von blauen Flecken, sie hatte ein blaues Auge, ihre Lippe wurde blutig aufgeschlagen, eine weitere Wunde war an ihrer linken Augenbraue zusehen und das schlimmere war, dass sie eine Schnittwunde an ihrem Hals hatte, der nicht zu übersehen war. Ich hob langsam meine Hand, um sie an ihre Wange zu legen, aber ich traute mich nicht und verlor nur noch mehr Tränen. Plötzlich konnte sie sich nicht mehr halten und begann zu weinen, worauf ich zuerst mit mir selbst kämpfte, aber sie am Ende in meine Arme schloss.

"Levin?", hörte ich die Stimme von Liam und als er am Türrahmen stehen blieb, landete sein Blick auf mir.

Er verstummte direkt und versteckte seine Augen vor mir. Auch ich blieb leise und wollte jetzt keinen Streit mit ihm anfangen. Vorsichtig löste ich mich von ihr und wir setzten uns auf die Couch. Eine kurze Stille herrschte in der Luft und niemand traute sich ein Wort zusagen. Desto länger ich sie ansah, merkte ich wie sie leicht zitterte. Ich ließ meinen Kopf hängen, denn es tat weh sie in so einem Zustand zusehen. Vielleicht war ich wütend und verletzt, aber trotzdem würde ich niemals wollen, dass ihr etwas schlimmes passierte.

"Wer hat dir das angetan?", unterbrach ich die Stille und starrte auf den Boden.

Sie antwortete mir nicht, worauf ich für einen Moment meine Augen schloss. Ich versuchte mein Herz zu beruhigen, aber es funktionierte nicht. Dieser Schmerz in mir wurde nur noch größer und ich wurde dadurch verzweifelter. Als ich meine Augen wieder öffnete, hob ich den Kopf um sie anzusehen. Schon wieder liefen ihr Tränen über die Wange und ich versuchte meine zu unterdrücken.

"Erzähl es mir", verlangte ich in einem ruhigen Ton, weshalb sie mir nun ebenfalls in die Augen schaute.

"Caden", flüsterte sie und sofort verfinsterte sich mein Blick.

"Dieses verdammte Arschloch", regte ich mich auf und dabei spürte ich den Blick von Liam auf mir, der an der Wand angelehnt stand.

"Warum hast mir nichts erzählt?!", wurde ich nun wütend und blickte zu ihm, jedoch blieb er weiterhin still.

"Aria, ich wollte es nicht", kam es von Katy und ich blendete meine Wut wieder aus.

"Warum hat er das gemacht?", wollte ich schließlich wissen.

"I-Ich...weiß es nicht", gestand sie und ich blickte sie verwirrt an.

"Ich verstehe ihn nicht", redete sie weiter und sah verzweifelt aus.

"Seit vier Jahren lebe ich damit", murmelte sie und ich verstand sie noch immer nicht.

"Weißt du noch wie mich Papa immer vor ihm gewarnt hatte? Er sei nicht gut für mich und er würde mich nur verletzen. Aria, ich wünschte ich hätte auf Papa gehört", weinte sie, aber wischte sich direkt die Tränen wieder weg.

Ich war 13 Jahre alt, als uns meine Schwester verlassen hatte. Sie war mit einem Jungen zusammen und liebte ihn. Caden. Er war ungefähr zwei Jahre älter als sie und ging schon längst nicht mir in die Schule. Caden war oft hergekommen, um sie abzuholen und jedes Mal war mein Vater unzufrieden damit. Ich wusste nie warum, aber er konnte ihn nicht leiden, was Katy genauso nicht nachvollziehen konnte. Mehr als nur einmal, zweimal oder sogar dreimal hatte er sie vor ihm gewarnt, jedoch hatte sie nie auf ihn gehört. Trotzdem war sie mit ihm zusammen geblieben. Als meine Schwester schließlich 17 war, wollte sie abhauen. Mein Vater hatte es natürlich nicht zugelassen und hatte alles dafür getan, um sie umzustimmen, aber nichts hatte geholfen. Sie war gegangen.

"Ich wollte nie gehen", riss sie mich aus meinen Gedanken, wobei ich sie wieder ansah.

"A-Aber...ich war schwanger", sagte sie und meine Augen wurden automatisch größer.

"Was?", konnte ich es nicht glauben und auch die Jungs schauten etwas überrascht aus.

"Ich war mit 17 schwanger. Zuerst hatte ich Angst es Caden zusagen, aber als es dann endlich raus war, hatte er sich gefreut. Er hatte sich sogar sehr gefreut, was mich beruhigte. Das größere Problem lag aber an Papa, denn ich konnte ihm sowas nicht erzählen. Ich hatte viel zu sehr Angst. Angst...A-Angst, das er mich hassen würde. Aus diesem Grund wollte ich mit Caden gehen", erklärte Katy traurig.

"Papa, hätte dich niemals gehasst", flüsterte ich und sie nickte verzweifelt.

"Wo ist das Baby?", wollte plötzlich Levin wissen, worauf wir ihn alle kurz ansahen und er von Liam einen bösen Blick zugeworfen bekam.

Das fragte ich mich nun auch, weswegen ich zu Katy wieder blickte, die auf den Boden starrte und versuchte nicht zu weinen. Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit und ich hatte Angst, was sie als nächstes sagen würde. Vorsichtig legte ich meine Hand auf ihre Schulter, worauf sie mich mit einem solchen Blick ansah, was mir das Herz riss.

"Es war alles gut zwischen uns, a-aber nach einer Zeit wurde er anders. Ich bekam Angst vor ihm. Manchmal da rastete er plötzlich aus und schrie mich an. Wir stritten sehr oft und das wegen Kleinigkeiten, weil er sich über alles aufregte. A-An...einem Tag hatte er alles zerstört. Ich weiß noch nicht einmal, worüber wir genau gestritten hatten, aber er hob die Hand. Mein erster Schlag von ihm. Zuerst konnte er selbst nicht einmal fassen, was er getan hatte, aber ich ließ es mir nicht Gefallen und wollte abhauen. Er ließ es aber nicht zu und als er mich immer wieder schubste und ich mich wehrte, verlor ich das Gleichgewicht u-und...fiel die Treppen runter", erzählte sie, worauf ich ungläubig meine Hand fallen ließ.

"Ich hab mein Baby wegen ihm verloren", weinte sie plötzlich und auch ich verlor einige Tränen, dabei umarmte ich sie ein zweites Mal, denn sie brauchte mich.

Meine Schwester brauchte mich.

"Er hat mein Leben zerstört. Ich hasse ihn dafür, Aria! Ich hasse ihn so sehr!", schrie sie weinend und ich drückte sie fester an mich.

"Es wird alles gut", versicherte ich ihr.

"W-Wegen ihm konnte ich nicht einmal auf die Beerdigung v-von Papa", flüsterte sie, worauf mein Blick zu Liam wanderte und er traurig den Kopf senkte.

Die AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt