Kapitel 72

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Vor einigen Monaten war mein Leben noch komplett anders gewesen. Ich kannte die Stadt New York von innen gar nicht und eigentlich hatte ich auch nie vor sie kennenzulernen, jedoch hatte es das Schicksal anders gewollt. Von Daniel wollte ich mich nie trennen und ich konnte mir noch gut vorstellen wie ich beinahe geweint hätte. Allgemein wollte ich nicht den Ort verlassen, wo ich lebte. In eine neue Stadt einzudringen und von neu anzufangen, hatte ich gar nicht vor, aber eine andere Wahl blieb mir nicht. Obwohl wir bei Tante Amber und Jack einziehen würden, war es trotzdem so fremd und ich fühlte mich wie ein kleines Kind, das etwas Neues lernte. All diese Gedanken verschwanden aber, als ich diesen Jungen mit den pechschwarzen Haaren sah.

Liam Black.

So kalt und emotionslos. Ein Typ, wo man dachte, dass er überhaupt keine Gefühle besaß, doch trotzdem schaffte er es mein Interesse zu erwecken. Es konnte auch ein bisschen daran liegen, dass ich sehr neugierig war, aber das ignorierten wir einfach. Er hatte sich eine solch starke Mauer gegen die Leute gebaut, sodass es unmöglich war diese einzubrechen. Die Menschen hatten Angst vor ihm und das taten sie weiterhin, denn sie sahen ihn nie anders. Sie konnten nur das sehen, was er von sich zeigte. Seine Emotionen verbarg er tief in sich drinnen und genau das entging mir nicht. Ich wusste nämlich ganz genau, dass dieser Junge ein Herz besaß und das hatte er mir schon so oft bewiesen.

Für andere war er das Schlechte, aber er war auch die Person, die mich vor das Schlechte schützte. Ich hatte viel darüber nachgedacht, ob er vielleicht wirklich so gefährlich war wie es die Leute um mich sagten, aber ich hatte nie daran geglaubt. Wie sollte ich denn auch über jemanden negativ denken, der mich schon so oft vor Situationen geschützt hatte, wo andere wahrscheinlich weggeschaut hätten?

Am Anfang hatte mich wirklich nur seine Geschichte neugierig gemacht und schließlich seine Vergangenheit. Ich wollte wissen, was ihn so sehr verändert hatte, dass er so gefühllos zu den Menschen und sich selbst war. Er war jemand, der sogar mich einschüchterte und mich leise bekam, obwohl sowas bei mir unmöglich war. Liam hatte eine beängstigende Ausstrahlung, wodurch er die Leute von sich abhielt und genau das war auch sein Ziel. An diese kleine Regel hatte ich mich aber nicht gehalten und mir war bewusst, dass er damit bestimmt nicht gerechnet hatte. Mich konnte er eben nicht mit den anderen vergleichen, denn ich hatte keine Angst. Obwohl ich so oft gewarnt wurde, wollte ich diesen Jungen kennenlernen und ich tat es auch. Ich bereute es kein bisschen und wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es wieder tun.

"Aria?", riss mich jemand aus meinen Gedanken, weswegen ich der Stimme folgte und schließlich in blaue Augen blickte.

"An was denkst du die ganze Zeit so intensiv?", wollte er wissen.

"Nichts besonderes", antwortete ich.

"Aria", forderte er mich auf.

"Liam", äffte ich ihn nach und ein kleines Schmunzeln konnte er nicht unterdrücken.

"Jayden halt endlich den Mund!", beschwerte sich plötzlich Hope, weshalb meine Aufmerksamkeit auf die beiden nun wanderte.

"Unter einer Bedingung", begann er und grinste, was bedeutete, dass es höchstwahrscheinlich nichts Gutes war.

"Küss mich", verlangte er, worauf fast alle nun die beiden belustigt beobachteten.

"Vergiss es", weigerte sich Hope und verdrehte dabei die Augen.

"Immer muss Jayden alles selbst machen", murmelte er und nach diesen Worten nahm er ihr Gesicht zwischen seine Hände und drückte Hope einen Kuss auf die Lippen.

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, denn Jayden war hoffnungsvoll in sie verliebt, jedoch machte es Hope ihm natürlich nicht einfach. Da sie meine beste Freundin war, konnte ich allein in ihren Augen erkennen, dass sie genauso etwas für den Idioten empfand, aber irgenwie war sie sich noch unsicher und ich konnte sie verstehen. Jayden hatte keinerlei Erfahrungen von Beziehungen, soweit ich es von Liam erfahren hatte, da er eher in einem anderen Kontakt mit Mädchen bisher war. Trotzdem war es süß, dass er Gefühle entwickelte und es war nicht zu übersehen wie er Hope wortwörtlich hinterher lief. Auf einer Weise genoss sie es auch, aber manchmal konnte er sie wirklich auf die Palme bringen und das zum Beispiel wie jetzt.

Die AugenWhere stories live. Discover now