Kapitel 58

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"W-Was?", fragte ich fassungslos und ließ meine Hände fallen, dabei ging ich einen Schritt zurück.

"Ich habe nicht die ganze Wahrheit drinnen erzählt", begann er und ich wartete bis er weitersprach.

"Als ich aufwachte, war ich nicht alleine in der Fabrik. Ace war auch da", redete er weiter.

"Er sagte mir, dass er dich will", brachte er über seine Lippen, dabei wurden seine Hände zu Fäusten und für einen Moment schloss er seine Augen, um nicht auszurasten.

Ehrlich gesagt, wusste ich nicht, was ich dazu sagen sollte. Völlig aufgewühlt ließ mich auf einen der Stühle in der Küche fallen und dachte nach. Er wollte mich. Warum? Ich atmete einmal tief ein und aus, um einen klaren Kopf zu bekommen und so langsam kamen die einzelnen Puzzleteile in meinem Kopf zusammen. War er etwa deshalb immer so vorsichtig bei mir? Fasste er mich deshalb nie an? Tat er mir deshalb nicht weh? Starrte er mich deshalb immer an? Seine Worte gingen mir durch den Kopf, worauf ich verzweifelt die Augen schloss und es nicht wahr haben wollte.

So einer Schönheit könnte ich nichts antun.

Aber, wenn er mich unbedingt so sehr wollte, warum versuchte er es auf solch einer Weise? Bemerkte er denn nicht, dass er mich somit seelisch zerstörte? Nie im Leben würde ich mich zu ihm nähern oder auch nur ein Hauch von Verständnis zeigen, aber das ergab doch einfach keinen Sinn. Wenn er für mich wirklich etwas empfand, dann würde er sich anders benehmen und nicht versuchen mir die Menschen wegzunehmen, die mir etwas bedeuteten.

Außer Liam.

Schlagartig öffnete ich die Augen und blickte zu Liam, der noch immer versuchte sich zu beruhigen. Er versuchte mich von Liam loszureißen. Ungläubig schüttelte ich meinen Kopf und wollte es nicht glauben. Sah er denn wirklich nicht, dass ich für ihn nichts empfand? Das Einzige, was ich ihm bis jetzt ausgestrahlt hatte, war Hass, denn dies tat ich wirklich. Ich würde niemals mit dem Jungen zusammen kommen, der dafür verantwortlich war, dass mein Vater nun nicht mehr bei mir war. Vielleicht war es wirklich nicht seine Absicht gewesen ihn zu töten, aber er hatte sich wie ein Feigling versteckt und auch noch versucht die Schuld auf Liam zu werfen. Er war sich selbst im Klaren, das ich niemals zu ihm gehen würde, doch er spielte mit Liam. Für ihn würde ich nämlich alles tun und das wusste Ace.

Aus diesem Grund hatte er dieses Spiel mit Liam und Katy gespielt. Er wollte keinen der beiden umbringen, denn sein Ziel war es zu sehen für wen ich mich entscheiden würde. Wenn er aber wusste, dass ich mich für meine Schwester entscheiden würde, warum hatte er es dann trotzdem gemacht? Was hatte ihm das gebracht? Wenn ich Liam genommen hätte, wollte er sie am Leben lassen, aber ich hatte Katy genommen und er wollte somit ihn am Leben lassen. Ace hatte genau das Gegenteil davon gemacht, wofür ich mich entschieden hatte. Meine Augen weiteten sich, als ich es verstand. Er wollte, dass ich Liam dafür beschuldigte, falls meine Schwester tot wäre.

Irgendwie ergab es trotzdem keinen Sinn, aber eine andere Erklärung gab es dafür einfach nicht. Ich war mir gerade unsicher, ob Ace jetzt wirklich krank war oder wirklich für mich etwas empfand.

"Er wird dich mir wegnehmen", murmelte ich und somit lag Liam seine Aufmerksamkeit wieder auf mir, denn er kniete sich vor mich hin.

"Aria", begann er und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände, sodass er mich zwang ihn anzusehen.

"Mir wird nichts passieren, versprochen", versuchte er mich zu beruhigen, aber ich sagte nichts, denn trotzdem verspürte ich Angst.

"Vertraust du mir?", wollte er schließlich wissen und ich nickte ganz leicht.

"Komm her", flüsterte er und stand auf, sodass er mich in eine Umarmung ziehen konnte.

Eine kurze Weile später gingen wir ins Wohnzimmer zurück, wo Levin alleine auf der Couch saß und zu uns blickte. Er meinte, dass Katy erschöpft wäre und deshalb rüber gegangen war, um sich etwas auszuruhen. Eigentlich wollte ich auch gehen, jedoch klingelte es in dem Moment an der Haustür. Die beiden Brüder warfen sich einen Blick zu, den ich nicht deuten konnte. Aber länger konnte ich darüber nicht nachdenken, denn Liam verließ den Raum, um die Tür zu öffnen.

Ich folgte ihm hinterher und blieb schlagartig stehen, als ich erkannte, um wem es sich handelte. Sein Vater. Sofort spannte sich Liam an und ich hatte Angst, das er wieder ausrasten würde. Es war wirklich ein sehr schlechter Zeitpunkt, das er genau jetzt auftauchte. Weder Liam noch Levin hatten jetzt die Nerven dafür. Genau als ich dachte, dass irgendwas passierte, hörte ich eine fröhliche Kinderstimme. Ein kleines Mädchen klammerte sich an die Beine von Liam, worauf dieser sich langsam beruhigte und zu ihr herunter sah. Anscheinend hatte Levin das Geschrei gehört, denn er blieb verwirrt neben mir stehen und beobachtete das Geschehen. Meine Augen wanderten wieder zu Liam, der das schwarzhaarige Mädchen hoch hob und sie fest umarmte. Als ich ihr Gesicht endlich sehen konnte, erkannte ich sie.

Flashback

Von draußen konnte ich eine Kinderstimme hören, aber soweit ich wusste, hatten wir keine Nachbarn mit Kindern. Neugierig ging ich zu meiner Fensterecke und konnte draußen niemanden sehen, doch dann blieb mein Blick am Nachbarhaus hängen. An dem Fenster, wo immer Liam stand, konnte ich ein kleines Kind entdecken. Da das Fenster offen war, konnte ich ihr süßes Lachen bis hier her hören. Ich fragte mich, wer dieses Mädchen war, doch lange konnte ich nicht überlegen.

Als sich das kleine Mädchen ans Fenster stellte, versuchte sie rauszuschauen, aber sie war zu klein. Aus diesem Grund verschwand sie für einen Moment und kam mit einem Stuhl zurück, den sie ans Fenster schob. Sie kletterte auf den Stuhl und blickte raus, dabei strahlte sie übers ganze Gesicht. Ich bekam leicht Panik, denn es war viel zu gefährlich für sie und ich konnte niemanden bei ihr sehen. Ihre Augen wanderten zu mir und sie winkte mir zu, was ich erwiderte und unsicher lächelte.

Langsam lehnte sie sich zu weit nach vorne und das sah gar nicht gut aus, denn plötzlich fiel sie vom Fenster, worauf ich erschrocken die Augen aufriss. Gott sei dank, hatte sie sich noch festgehalten, sodass sie runterhing. Sofort rannte ich aus meinem Zimmer und eilte die Treppen nach unten. Ich riss die Haustür auf und beeilte mich. Genau als ich unter dem Fenster stand, ließ sie ihre Hand los und sofort fing ich sie auf, worauf ich auf den Boden fiel, aber das kleine Mädchen fest in meine Arme geschlossen hatte, sodass sie sicher war.

Vor Angst zitterte ich am ganzen Körper sowie das Mädchen in meinen Armen. Erleichtert konnte ich aber ausatmen, da ich sie rechtzeitig aufgefangen hatte. Vorsichtig richtete ich mich schließlich auf und ließ sie langsam los, sodass sie vor mir stand und mich mit ihren Giftgrünen Augen ansah. Ihre langen schwarzen Haare kamen mir bekannt vor, doch länger konnte ich nicht darüber nachdenken.

"Rose!", hörte ich eine besorgte Stimme rufen, worauf wir beide unsere Köpfe drehten und das kleine Mädchen auf ihn losrannte.

Liam.

Sofort schloss er sie in seine Arme und hielt sie ganz fest, dabei wanderten seine Augen zum offenem Fenster und blieben am Ende bei mir hängen. Anscheinend hatte er alles mitbekommen, denn auch in seinen Augen konnte ich die pure Angst sehen und wie er sie umarmte, bestätigte meine Vermutung.

"Geht es dir gut Prinzessin?", fragte er sie und ließ sie runter.

"Ja, sie hat mich gerettet", antwortete sie und zeigte in meine Richtung, worauf ich vom Boden wieder auf stand.

Flashback zu Ende

Er hatte nie erwähnt, wer dieses kleine Mädchen war, doch desto länger ich sie ansah, hatte ich da schon eine Vermutung. Meine Frage wurde mir aber auch beantwortet, als plötzlich eine ältere Frau neben Mr Black auftauchte. Ihre Giftgrünen Augen strahlten bis hierher und sie ähnelten genau wie die von dem kleinen Mädchen, dessen schwarzen Haare es nur noch mehr strahlen ließen. Anscheinend handelte es sich um die Stiefschwester von Liam und Levin.

"Ich hab dich vermisst, Li", murmelte die kleine Schwarzhaarige.

"Ich dich auch, Prinzessin", flüsterte Liam und das entlockte mir ein kleines Lächeln.

Die AugenWhere stories live. Discover now