Kapitel 12: Die Waffen einer Frau

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"Das ist der Wahnsinn!", brüllte Luke in mein Ohr über die laute Musik hinweg. Ich nickte begeistert und nippte an meinem Cocktail. Danielle hüpfte bereits mit Josh auf der Tanzfläche herum. Leo war verschwunden, wahrscheinlich kannte er hier fast jeden Partybesucher. Ich musste ihn wiederfinden, schließlich hatte ich einen Plan... Irgendwann verlor ich auch Luke in der Menschenmenge. Also stellte ich mich allein an die Bar und bestellte einen weiteren Cocktail. Dieses Mal alkoholfrei, ich musste einen halbwegs klaren Kopf bewahren. Plötzlich rempelte mich jemand grob von der Seite an. Gerade als ich demjenigen einen Einlauf verpassen wollte drehte er sich um und ich sah ich Leos blaue Augen. "Na, trinkst du einen mit mir?", fragte er. Sehr gut, er war ziemlich angetrunken. Gespielt fröhlich nickte ich. "Na klar, mit dir doch immer!", sagte ich und bestellte zwei Tequila Shots. „Super, ich wollte dich schon immer mal besoffen erleben. Vielleicht wirst du dann mal lockerer!“, für diesen Spruch hätte ich ihm meinen Shot am liebsten ins Gesicht geleert, doch ich schluckte meinen Ärger hinunter. "Auf dich!", sagte ich mit einem falschen Lächeln im Gesicht und spülte den Shot hinunter, danach biss ich sofort in die Zitrone. "Du säufst wie ein Mann!", meinte Leo und lächelte mich provozierend an. Wieder einmal zog ich eine Augenbraue nach oben. "Ach ja, ist das so?", fragte ich und er nickte einfach nur. "Dann zeige ich dir mal, wie eine Lady das macht!", sagte ich und bestellte zwei weitere Shots. "Jetzt bin ich aber gespannt!", ließ Leo verlauten und schaute mich erwartungsvoll an. "Halt die Klappe und trink!", und schon kippte ich den zweiten Shot hinunter. Als Leo ebenfalls zum trinken ansetzte schnappte ich mir seine Zitrone und steckte sie in meinen Mund. Auffordernd sah ich ihn an. Kurz huschte ein verblüffter Ausdruck über sein Gesicht doch wie ich das schon erwartet hatte ließ er sich nicht zweimal bitten und kam näher. Als er kurz vor meinen Lippen war legte ich meine Hände an seine Brust um ihn so auf Abstand halten zu können. Wir verweilten kurz, die Lippen nur Millimeter voneinander getrennt. Gerade als ich seine Lippen an meinen streifen spürte hauchte ich: "Das hättest du wohl gerne!", und zog meinen Kopf wieder zurück. Für einen Moment sah er mich geschockt an. Ich zwinkerte ihm zu und nahm die Zitrone aus meinem Mund. Dann grinste er und wandte sich ab um zu gehen. So weit so gut... Doch wieso war ich plötzlich so schrecklich zittrig? Meine Lippen, die seine gestreift hatten kribbelten merkwürdigerweise. Ich schob es auf die saure Zitrone oder den Tequila, an Leo würde es ja wohl eher nicht liegen…

"Roxy, alte Hütte, da bist du ja!", lallte Josh, der gerade neben mir aufgetaucht war. Ich lachte, denn irgendwie sah er in zwei Richtungen gleichzeitig. Er war offensichtlich sturzbetrunken. "Wo sind die anderen?", fragte ich ihn doch er zuckte nur mit den Schultern. Es war inzwischen schon fast fünf Uhr morgens, ich hatte wirklich keine Lust mehr und wollte einfach nur schlafen. Also griff ich nach Joshs Hand und zog ihn hinter mir her durch den Club um die anderen zu suchen. Danielle fand ich am Rand der Tanzfläche, sie hatte sich einen gutaussehenden Kerl geangelt und flirtete hemmungslos mit ihm. Die würde ich wohl so schnell nicht aus dem Club bekommen. Immerhin fanden wir Luke nach kurzer Zeit und so beschlossen wir drei ins Hotel zu gehen. Was mit Leo war, war mir sowas von egal, ich würde mich noch mehr für einen Sack Reis interessieren, der in China umgefallen war. Zurück im Hotel begleitete ich die beiden Jungs in ihr Zimmer. Josh ließ sich auf sein Bett fallen und schlief auf der Stelle ein. Luke schaffte es immerhin noch ins Badezimmer. "Gute Nacht!", rief ich noch in das Zimmer hinein bevor ich die Tür hinter mir schloss. Dann kramte ich in meiner Tasche nach meinem Zimmerschlüssel und öffnete die Tür. Ich zog mich schnell aus und putzte mir die Zähne, dann legte ich mich ins Bett. Ich war gerade am wegschlummern als ich eine warme Hand an meiner Wade spürte. Zuerst dachte ich, ich würde träumen, doch dann wurde mir schlagartig bewusst, dass es wirklich geschah. Panisch sprang ich auf und tastete nach dem Lichtschalter, den ich natürlich nicht fand. Kurz war ich ganz still doch ich hörte nichts, die Hand war auch verschwunden. Als ich mich gerade wieder etwas entspannte bemerkte ich eine Gestalt, die auf dem Boden am unteren Ende des Bettes saß. Schrill schrie ich auf und sprang vom Bett um die Tür des Zimmers zu erreichen. Doch was dann passierte, konnte wirklich nur mir passieren. In meiner blinden Panik übersah ich den Sessel, der an der Wand stand und krachte darüber. In hohem Bogen flog ich über den Sessel welcher krachend umfiel. Ungeschickt kam ich wieder auf die Beine und sah mich im Zimmer um. Die Person war inzwischen aufgestanden und lachte laut. "Leo du verdammtes Arschloch! Was soll die Scheiße?", brüllte ich und versuchte meine hektische Atmung wieder in den Griff zu bekommen. "Wegen dir bekomme ich noch einen Herzinfarkt!" "Ach komm schon, stell dich nicht so an! Die Nummer im Club die du abgezogen hast war auch nicht ohne!", kommentierte er lachend. "Doch ich habe dich gleich durchschaut!" "Ja klar, das hast du!", sagte ich und gab mir keine Mühe den Sarkasmus in meiner Stimme zu verbergen. "Also, schlaf schön, Prinzessin!", sagte er und lief an mir vorbei. "Ja ja, du mich auch!", gab ich bissig zurück und schloss die Tür zweimal von innen ab, als er hinaus gegangen war. Als ich am nächsten Morgen aufwachte war das Bett neben mir leer. Danielle war nicht gekommen. Schnell sprang ich unter die Dusche und zog mich an. Ich klopfte an die Tür der Jungs und Leo öffnete sie schließlich. "Morgen!", sagte ich und schlüpfte schnell unter seinem Arm hindurch in den Raum bevor er mir die Tür wieder vor der Nase zuschlagen konnte. Er trug nur Boxershorts, doch ich wandte meinen Blick schnell wieder ab. Er brauchte überhaupt nicht denken, dass ich ihn heiß fand oder so etwas. "Leute, hier stinkt es ja wie in einer Schnapsbrennerei!", sagte ich angeekelt und riss die Vorhänge auf die Seite um das Fenster öffnen zu können. "Bist du bescheuert? Mach sofort das Licht wieder aus!", hörte ich Josh murmeln. Er hatte das Gesicht im Kopfkissen vergraben. Leo hatte sich wieder in sein Bett gesetzt und schaute mich verschlafen an. "Du kannst echt nur stressen, oder?", murmelte er jetzt. "Ach was… stressen… wir haben gleich Mittag! Und ihr pennt noch!", meckerte ich weiter. "Und überhaupt, wo ist eigentlich Danielle?" "Halt die Klappe!", sagte Leo und warf ein Kissen nach mir, ich wich geschickt aus. Dann begann ich damit, Luke wachzurütteln. "Roxy, hör auf!", murmelte dieser und blieb einfach wie ein Stein liegen.

Ich beobachtete sehr wohl aus dem Augenwinkel wie Leo langsam aufstand, doch ich brachte dies nicht mit mir in Verbindung. Da hatte ich falsch gedacht. Er packte mich und schmiss mich auf sein Bett, ich wollte gerade wieder aufspringen, da legte er sich auf mich, sodass ich keine Chance mehr hatte. "Leo, hör auf! Geh runter von mir!", nörgelte ich und versuchte mit den Armen um mich zu schlagen, doch er hielt sie fest. "Du bist fast nackt, geh runter! Das ist so ekelhaft!", sagte ich nun etwas lauter. Doch er regte sich kein bisschen. "Ich schwöre dir, wenn du nicht sofort von mir runter gehst dann trete ich dir dahin, wo es besonders weh tut!“, drohte ich nun. "Da kommst du eh nicht ran!", sagte er zufrieden. Da hatte er leider recht, ich war zu eingequetscht um mich auch nur überhaupt einen Millimeter zu bewegen. Also beschloss ich eine neue Taktik. Die Jungs so lange nerven, bis sie mich freiwillig aus ihrem Zimmer gehen ließen. Also begann ich lauthals Leona Lewis Song Bleeding Love zu singen. Natürlich konnte ich nicht singen, das war ja der Reiz an der ganzen Sache. Wie erwartet hielt Leo es keine halbe Minute aus, doch anstatt von mir runter zu gehen hielt er mir nur mit seiner Hand den Mund zu. Ich streckte meine Zunge heraus und leckte ihm über seine Handfläche. "Roxy, du bist so eklig!", rief er und nahm sofort seine Hand von meinem Mund um sie an der Bettdecke abzuwischen. Da er dadurch abgelenkt war befreite ich schnell meinen rechten Arm und schob ihn mit aller Kraft von mir herunter. Er versuchte noch mich festzuhalten indem er einen Arm um meinen Bauch legte, doch ich wand mich heraus und sprang schnell vom Bett herunter. "Da musst du schon früher aufstehen!", lachte ich siegessicher und verließ das Zimmer um mich auf die Suche nach Danielle zu machen. Ich fand sie schließlich in der Hotel-Lobby. Ihre Haare waren zerzaust und ihre High Heels lagen neben dem Sessel, auf dem sie saß auf dem Boden. "Was machst du denn hier?", fragte ich sie als ich mich auf den Sessel neben ihr fallen ließ. "Ich bin nicht ins Zimmer gekommen!", warf sie mir wütend vor. Natürlich, ich hatte ja von innen abgeschlossen nach Leos Horror-Aktion. "Tut mir leid!", sagte ich reuevoll und zog eine Grimasse, die Danielle zum Glück sofort zum Lachen brachte. "Schon okay, es war eigentlich ganz gemütlich hier!", meinte sie schulterzuckend. "Wir müssen gleich auschecken, also sollten wir die Jungs und unsere Sachen schnell holen." Ich nickte und stand auf um neben Danielle die Treppen hinaufzugehen. Während wir unsere wenigen Sachen, die wir mitgenommen hatten in die Koffer warfen klopften auch schon die Jungs an unsere Tür. "Wieso braucht ihr Mädels immer so lange?", fragte Luke genervt. Er und Josh sahen echt übel mitgenommen aus. Selbst schuld!

Auf der Rückfahrt waren alle ruhig, die Nacht saß den Jungs und Danielle wohl besonders in den Knochen. Ich fühlte mich eigentlich ganz fit, ein bisschen müde vielleicht. Als wir endlich auf dem Gestüt ankamen marschierten die Jungs sofort in unsere Hütte um weiter zu schlafen. Danielle und Leo verschwanden im Haupthaus. Ich beschloss mit Embassy zu arbeiten. Also zog ich mir schnell meine Stallklamotten an und machte mich auf den Weg in die Stallungen. Ich freute mich sehr, als Embassy von Anfang an gelassen um mich herum trabte. Sie würde bald bereit für den nächsten Schritt sein. Der restliche Tag war wirklich sehr langweilig da Josh und Luke den ganzen Tag verschliefen. Das Wetter hatte sich wieder gerappelt, also beschloss ich mich auf die Veranda zu legen und mich zu sonnen. Ich steckte mir die Ohrstöpsel meines IPods in die Ohren und schloss die Augen. Erst am Abend ließ Luke sich blicken. Ich kochte Spagetti für uns, Josh ließ sich überhaupt nicht mehr blicken. Ihm ging es wohl wirklich dreckig.

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