Kapitel 30: Überwältigt

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"Ich freue mich ja schon so sehr, nur noch ein paar Tage, dann bist du endlich wieder zuhause!", Cat war ganz aufgeregt und überhaupt nicht mehr zu bremsen. Natürlich hatte ich sie und den Rest meiner Familie, besonders Pop, auch sehr vermisst. Doch die Tatsache, dass ich Luke, Josh und Danielle nicht mehr sehen würde, und natürlich Leo, machte mich mehr als traurig, sodass ich mich überhaupt nicht richtig auf zuhause freuen konnte. Doch es half alles nichts, ich musste zurück.

"Ich freue mich auch schon!", log ich, doch Cat hörte mir überhaupt nicht richtig zu, wie ein Wasserfall plapperte sie fröhlich weiter und erzählte von ihrem Erfolg auf dem letzten Turnier. Sie hatte mit Snow, dem Verlasspferd der Ranch, ein A-Springen gewonnen.

Ich ließ sie noch eine Weile plappern ohne ihr richtig zuzuhören und verabschiedete mich schließlich, da ich noch Embassy bewegen wollte.

Meine Stute war inzwischen ein ruhiges und ausgeglichenes Pferd. Egal ob in ihrer Box oder auf der Koppel, sie war entspannt und schaute sich nicht mehr nervös um. Sie ließ sich von anderen Leuten ohne zögern führen und wurde nicht halb verrückt vor Angst, wenn jemand ihre Box betrat um sie zu füttern. Das Training mit ihr war kein Problem mehr, sie nahm jedes Hindernis mit Leichtigkeit. Ab und an setzte sie nach den Sprüngen an und buckelte fröhlich, ich nahm ihr das nicht übel, so drückte sie eben ihren Spaß daran aus und es bestand keine Gefahr, dass sie mich abwerfen würde.

„Hey!“, als ich das Stalltor hinter mir zuzog erkannte ich Leo, der grinsend auf mich zugelaufen kam. Sofort schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen und als er mir einen kleinen Kuss auf den Mund drückte, fühlte ich wieder diese berühmten Schmetterlinge im Bauch. So fühlte es sich also an, wenn man verliebt war.

„Hallo!“, entgegnete ich und griff nach seiner Hand.

„Was hast du heute noch vor?“, fragte er und musterte mich neugierig. Ich zuckte mit den Schultern.

„Ach… ich weiß nicht. Nichts?“, ich ließ es wie eine Frage klingen.

„Doch hast du!“

„Ach ja? Ist das so?“, ich kam mir so langsam schon dämlich vor weil ich die ganze Zeit grinste. Doch Leo schien es nicht zu bemerken, er nickte entschlossen.

Er begleitete mich zur Hütte und setzte sich zu Josh und Luke auf die Veranda während ich mich duschte. Ich zog mir schnell etwas an und machte mir erst gar nicht die Mühe meine Haare zu föhnen. Das bedeutete zwar, dass ich in kürzester Zeit wilde Locken auf meinem Kopf hatte doch ich wollte keine Zeit verlieren. Knapp zwei Wochen waren sowieso schon zu wenig Zeit, da wollte ich sie nicht mit belanglosen Dingen verschwenden.

„Okay, ich bin fertig!“, sagte ich als ich ebenfalls auf die Veranda trat. Leo verabschiedete sich von Josh und Luke und ich grinste fröhlich als Josh mir zuzwinkerte und uns viel Spaß wünschte. Gespannt, wo wir hingehen würden, ließ ich mich neben Leo auf den Beifahrersitz sinken.

„Wo gehen wir hin?“, fragte ich schließlich neugierig.

„Lass dich überraschen!“, Leo hatte wieder sein unwiderstehliches Grinsen aufgesetzt. Doch jetzt regte ich mich nicht mehr darüber auf, schnell beugte ich mich zu ihm und drückte ihm einen Kuss auf seine Lippen.

„Hör auf, ich muss fahren!“, knurrte er, grinste aber noch mehr als zuvor schon. Glücklich sah ich aus dem Fenster und beobachtete die vorbeirasende Landschaft. Schließlich parkte er den Audi auf einem Parkplatz und wir stiegen aus. Er nahm meine Hand in seine und zog mich hinter sich her durch einen kleinen Wald. Es war keine Menschenseele zu sehen.

„Muss ich mir Sorgen machen, dass du mich entführst und ermordest?“, witzelte ich.

„Vielleicht!“, entgegnete er und zog mich einfach weiter. Schließlich lichtete sich der Wald und ich sah das weite Meer am Horizont. Er führte mich einen kleinen Hügel hinauf. Oben angekommen klappte mir sofort der Unterkiefer hinunter. Wir standen auf einer Klippe, vor uns ging es senkrecht viele Meter nach unten. Ich wusste nicht wie viele, doch ich wusste, dass man besser nicht hinter stürzen sollte. Unten brachen die Wellen mit lautem Getöse an der Felswand. Die Sonne ging gerade unter und der Horizont leuchtete rot, es sah aus, als würde er brennen. Dieses atemberaubende Farbenspiel spiegelte sich im Meer wieder. Als ich am Abgrund stand, dieses wunderschöne Naturschauspiel beobachtete und Leo hinter mir spürte, der seine Arme um meinen Bauch geschlungen hatte, dachte ich, ich wäre der glücklichste Mensch auf der Welt. Völlig überwältigt ließ ich meinen Kopf nach hinten sinken und lehnte mich gegen Leo. Ich spürte seinen Atem in meiner Halsbeuge und wie er schließlich sein Gesicht an meinen Hals legte. Endlich wusste ich, was Liebe war.

Die Nacht hatten wir getrennt voneinander verbracht, so wie es sich für einen Sohn aus gutem Hause gehörte. Natürlich hatte ich Leo damit aufgezogen, doch er bestand darauf. Insgeheim wusste ich, dass er mir Zeit mit Josh und Luke geben wollte und dafür war ich ihm unendlich dankbar. Nach einem weiteren harten Arbeitstag beschloss ich mit Embassy an den Strand zu reiten. Es würde zwar etwas länger dauern, da der Strand nicht gerade um die Ecke war, doch Embassy sollte ausgeglichen und ruhig sein, sodass der bevorstehende Flug nicht zu schlimm für sie war. Wie ich es schon vermutet hatte, traute Embassy anfangs den Wellen nicht. Jedes Mal, wenn sie auf sie zurollten und das Wasser kurz davor war, ihre Beine zu umspielen, wich sich schnaubend und prustend zurück. Sie nahm ihren Kopf nach unten und beobachteten das sich bewegende Wasser mir gespitzten Ohren. Dass ich auf ihr kicherte wie eine Bekloppte störte sie überhaupt nicht. Irgendwann hatte sie dann gemerkt, dass es nur Wasser war und damit begonnen, jede Welle die herein kam mit ihrem Bein zu treten. Sie hob es an und ließ es immer wieder begeistert ins Wasser klatschen. Danach waren wir beide komplett durchnässt. Als wir wieder auf dem Hof ankamen dämmerte es bereits. Ich ließ mich von ihrem Rücken gleiten und fröstelte etwas da es doch etwas frisch war, wenn die Sonne verschwunden war und nasse Klamotten waren nicht gerade förderlich.

„Hast du hunger?“, erschrocken hüpfte ich zurück und knallte gegen die Tür meines Kleiderschranks. Ich war gerade aus der Dusche gekommen, die ich heiß aufgedreht hatte und unter der ich ewig gestanden hatte, sodass mir endlich wieder warm war. Leo hatte sich einfach in mein Zimmer geschlichen als ich in mein Handtuch gehüllt vor dem Kleiderschrank stand und gerade dabei gewesen war, eine Jeans hinaus zu ziehen.

„Himmel Herrgott nochmal, Leo!“, zischte ich und atmete erleichtert aus, als ich ihn sah. Natürlich grinste er mal wieder nur und ignorierte, dass ich beinahe an einem Herzinfarkt gestorben wäre.

„Also was ist, hast du jetzt hunger?“, wiederholte er seine Frage. Ich zog eine Schnute und rieb meine schmerzende Schulter, die gerade unsanft Bekanntschaft mit dem Schrank gemacht hatte.

„Ja.“

Leo nickte zufrieden und beobachtete mich weiterhin. Fragend sah ich ihn an.

„Ich will mich jetzt anziehen!“, sagte ich schließlich unsicher.

„Na und?“, wieder grinste er frech.

„Leo! Raus jetzt!“, unwillkürlich musste ich lachen. Doch Leo verschwand tatsächlich mit einem Grinsen und ich schlüpfte schnell in meine Klamotten.

Mein weiter Weg zurückWhere stories live. Discover now