Epilog

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Epilog

England, zwei Jahre später

„Roxanne Fleming ist der Liebling des pferdebegeisterten Publikums. Im Interview erzählt die Springreiterin von ihren Erfolgen, ihrer Familie und ihrer steilen Karriere, die sie selbst noch nicht ganz begreifen kann.“, tönte es aus dem Fernseher.
„Sie sind plötzlich da gewesen, und das mit einem Knall, der alle überraschte. Kaum bekannt, und schon erfolgreich, sodass Sie jetzt jeder kennt. Wie ist das für Sie?“

Mit Embassy habe ich einfach ein wunderbares Pferd gefunden, das mit mir und für mich kämpft. Ohne sie wäre das niemals möglich gewesen.“
 Sie haben den Rolex Grand Prix in Aachen gewonnen. Wie fühlt sich das an?“
„Es ist ein Riesentraum in Erfüllung gegangen. Mit mir waren vier Reiter im Stechen. Die Entscheidung fiel erst beim letzten Ritt. Letztendlich war der Zweitplatzierte nur einen Tick langsamer als ich. Den eigenen Namen auf der Siegertafel zu sehen, ist ein tolles Gefühl und ich habe mich nur gefragt: Ist das wahr oder einfach nur ein schöner Traum?“
 „Das Publikum hat sie ins Herz geschlossen. Hilft Ihnen das in den Prüfungen?“
„Das motiviert mich unheimlich und ich bin sehr stolz, dass das Publikum mich so sehr unterstützt. Das gibt mir Kraft, motiviert mich noch mehr und sorgt dafür, dass ich noch konzentrierter an den Start gehe.“
„Sie haben ein erfolgreiches Jahr mit der Schimmelstute der Hollingworth Stables hinter sich und vor wenigen Wochen haben Sie ein weiteres Pferd von Richard Hollingworth zur Verfügung gestellt bekommen. Ist Embassy tatsächlich das von allen gelobte Wunderpferd, oder haben Sie geplant mit dem neuen Pferd denselben Erfolg zu feiern?“

„Das ist keine Frage, Embassy ist ein Wunderpferd. Doch Little Lady macht sich gut. Sie ist sehr jung und steht am Anfang ihrer Karriere. Sie wird nächstes Jahr vorsichtig an das Leben eines Sportpferdes gewöhnt. Sie ist leistungsbereit und nervenstark. Ich bin mir sicher, dass sie eines Tages genauso gut sein wird wie Embassy. Das Wichtigste ist das Vertrauen. Es ist wie eine Partnerschaft zwischen mir und Embassy, oder eben auch Little Lady, Vertrauen ist das A und O eines eingespielten Teams!“
„Ihre Familie stärkt Ihnen aber mit Sicherheit auch den Rücken…“
„ Na klar! Mein Großvater stärkt mir den Rücken und begleitet mich auf jedes Turnier, genauso wie meine Mutter und meine Cousine. Die Hollingworths sind ebenfalls immer für mich da und unterstützen mich, wo sie nur können.“

Leo wandte sich ab und schaltete den Fernseher aus. Es war spät, nach Mitternacht. Er hatte heute wieder lange gearbeitet. Müde lehnte er sich in seinem Sessel zurück und dachte über sein Leben nach. Sein Studium war beendet. Er hatte einen Job in einer großen Anwaltskanzlei in London gefunden. Doch der Job des Anwalts war nicht halb so toll, wie Leo es sich immer vorgestellt hatte. Täglich musste er mehrere Überstunden machen und bekam als Junganwalt nur die verrückten und schwierigen Mandanten zugewiesen. Es war anstrengend und nervenaufreibend. Wenn er zwei Jahre zurück dachte, wurde ihm schmerzlich bewusst, wie schön er es als Student gehabt hatte. Wenn er an damals dachte, sah er sofort ihr Gesicht vor seinen Augen. Roxy. Er musste nur die Zeitung aufschlagen oder den Fernseher einschalten. Sie war überall. Sogar wenn er zuhause anrief erzählten alle begeistert von ihr. Sie hatte es geschafft. Sie hatte ihren Traum verwirklicht und ritt jetzt bei den Großen mit. Sie war erfolgreich und überall beliebt. Leo freute sich für sie, er wusste, dass sie sich das immer gewünscht hatte, auch wenn sie, als sie in England ankam, einen falschen Weg eingeschlagen hatte. Er dachte jeden Tag an sie und musste sich eingestehen, dass er sie jeden Tag vermisste. Nachdem sie vor zwei Jahren England verlassen hatte, war er oft bei Luke und Josh in der Hütte gewesen. Die beiden kamen, genauso wie er, nicht sehr gut damit klar, dass Roxy gegangen war. Sie hatte immer für gute Stimmung gesorgt, ihre Schlagfertigkeit und witzige Art fehlte. Vor allem fehlte sie Leo, weil er echte Gefühle für sie gehabt hatte. Er hatte sich in sie verliebt, in ihre natürliche und unbefangene Art. Er wusste, dass sie ihn auch geliebt hatte. Sie hatte sich ihm anvertraut was den schlimmen Unfall anging, den sie mit ihrem Pferd vor ungefähr vier Jahren gehabt hatte. Sie hatte ihm gesagt, dass sie ihn liebte…Sie hatten sich ab und zu SMS geschrieben oder telefoniert. Doch dann startete Roxy ihre Karriere als Springreiterin und Leo startete seinen Job als Anwalt. Der wenige Kontakt, den die beiden hatten brach ab und außer den Erinnerungen blieb ihnen nichts vom Anderen übrig.

Mein weiter Weg zurückWhere stories live. Discover now