Kapitel 16: Wintereinbruch und ein entgleister Truthahn-Zug

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Während ich Embassy im Roundpen um mich herum traben ließ, schweiften meine Gedanken immer wieder ab. Zu Leo. Wieso fühlte ich mich so seltsam, seit er gegangen war? Ich fühlte mich enttäuscht, das war es. Doch warum nur? Klar, hatten wir uns in den letzten Tagen ganz gut verstanden und ich vertraute ihm, sonst hätte ich ihm nicht von dem Unfall erzählt, doch vermisste ich ihn etwa? Ich wollte es mir nicht eingestehen, doch das war wohl das Gefühl, welches ich gerade fühlte. Ich hatte mich sogar auf den Sommer mit ihm gefreut. Sicher wären wir noch gute Freunde geworden. Freunde, kein Paar. Als Embassy mich plötzlich von hinten anstupste musste ich lächeln. Ich hatte sie komplett ausgeblendet. Daraufhin war sie einfach zu mir gekommen.

"Oh Embassy, das Leben ist so ungerecht.", flüsterte ich leise und legte meine Stirn an ihre während ich ihre Nüstern streichelte. Embassy ließ den Kopf fallen und schloss nach einer Weile entspannt die Augen. In diesem Moment wurde mir bewusst, wie sehr ich dieses Pferd liebte und warum ich ihr so unbedingt helfen wollte. Ich wollte ihr helfen, um das mit Daylight wieder gut zu machen. Es würde sie nicht mehr lebendig machen, das war mir auch klar, doch der Unfall war meine Schuld gewesen und ich konnte ihr nicht mehr helfen. Doch Embassy konnte ich helfen, und ich würde es tun!

Der Sommer verging und Ende September gab es kaum noch sonnige Tage. Es regnete fast täglich, genauso war die Stimmung. Luke, Josh und ich gingen nach wie vor täglich unserer Arbeit nach und tranken abends im Wohnzimmer vor dem Kamin heiße Schokolade. Die Stimmung im Hause Hollingworth war seit Leos Verschwinden im Sommer angespannt. Danielle plapperte zwar nach wie vor sehr viel, wenn sie mich im Stall bei der Arbeit besuchte doch ich bekam den dunkelhaarigen Kerl mit den blauen Augen nicht mehr aus meinem Kopf. Seit Leo weg war sah ich Danielle wieder häufiger beim Reiten zu wenn ich Feierabend hatte. Mit Embassy lief es sehr gut. Das Longieren mit Sattel war nun überhaupt kein Problem mehr. Teilweise war sie sogar richtig frech geworden und ich fand heraus, dass sie wirklich Talent hatte im Leckereien erbetteln. Sie wartete nun auch schon immer in ihrer Box und schaute mir entgegen wenn ich den Stall betrat. Heute wollte ich mal sehen, wie sie auf Stangen und Cavaletti reagierte. Als ich mit ihr nachmittags die Halle betrat war diese leer. Ich ließ sie los und sie buckelte freudig einmal quer durch die Halle. Dann folgte sie mir neugierig als ich die Stangen und Cavalettis in der Halle verteilte. Als ich fertig war rannte ich los und sie trabte mir hinterher. Ich rannte über ein paar Stangen und Embassy kam ohne zu Zögern hinterher. Dann hüpfte ich über eines der Cavalettis, Embassy überholte mich springend über dem Cavaletti und quiekte bei der Landung wie ein Ferkel, dann setzte sie ein paar freudige Buckler hinterher. Ich lachte laut auf und rannte zum nächsten Cavaletti. Sie folgte mir sofort und sprang auch hierüber. Es war ganz offensichtlich, dass es ihr wirklich Spaß machte. Stolz lobte ich sie, als wir fertig waren und sie schnaubte zufrieden.

"Wow, sie ist ein ganz anderes Pferd!", vernahm ich Danielles Stimme. Ich hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sie im Halleneingang aufgetaucht war.

"Ja, sie macht sich prima!", sagte ich lächelnd und streichelte Embassys Hals. Dann hatte ich eine Idee. Dass Embassy mich nun gut kannte und mir vertraute, war klar, da ich täglich Zeit mit ihr verbrachte. Doch wie würde sie wohl auf jemand Fremdes reagieren?

"Komm mal rein!", rief ich Danielle zu. Diese schaute mich ungläubig an.

"Wirklich?"

"Na klar, mal sehen, was sie macht!", sagte ich und lächelte sie aufmunternd an. Danielle öffnete langsam das Tor und schlüpfte hinein. Embassy spitzte kurz ihre Ohren und blickte zu Danielle, doch sie wand sich gleich wieder ab und schoberte über meine Jackentasche, in der Hoffnung eine Nascherei zu finden. Danielle kam langsam näher und erst als sie ein paar Meter vor Embassy war, schaute die Stute sie aufmerksam an.

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