Sechzehn

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Warme Fingerspitzen streichen liebevoll über Luca's nackte Brust, hinauf zu seinem Hals. Linn spürt noch seine Finger überall auf ihrem Körper. Fühlt noch seine vollen Lippen auf ihrer Haut und das verrückte Kribbeln. Linn lächelt selig. Es hätte nicht perfekter sein können. Allmählich wacht Luca auf und grummelt wohlig unter ihrer Berührung, bis er erschauert und mächtige Gänsehaut bekommt. Als er ihr leises Kichern hört, blinzelt er verwirrt. Es ist noch dunkel, nur die Nachttischlampe wirft einen schwachen, gemütlichen Schein ins Zimmer. "Hey.. muss ich jetzt schon aufstehen? Ist doch noch dunkel.." Flüstert Luca, sie schüttelt den Kopf. "Noch nicht. Ich.. können wir vorher noch ein bisschen kuscheln? Ich möchte noch.." Sie bricht ab und lächelt schüchtern. "Luc.." Ihr Mut, der sie gestern so plötzlich überkommen hat wie die Lust, ist fort. Trotz dem wenigen Licht erkennt Luca, wie ihre Wangen ganz rot werden und berührt sie zärtlich. Er weiß genau, was sie sagen möchte. "War es für dich genauso wunderschön, wie für mich?" Seine Stimme ist ganz leise. "Ja! Ich.. Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll.. es war so.." "Schhh, ich weiß schon.." Er dreht sich auf die Seite und schmiegt sich an seine Freundin. Seine wundervolle Wärme nimmt sie ein, Linn kuschelt sich ganz eng an ihn. Mit den Fingern streicht Luca über ihre nackte Haut und lächelt. Bilder von gestern Abend, als sie sich so unfassbar nah gekommen sind, fluten seine Gedanken und Luca seufzt glücklich. Es war so unglaublich schön gewesen. Verliebt schaut er Linn in die Augen, beugt sich vor und küsst sie zärtlich. Mit jedem Kuss, jedem Streicheln, kehrt ihre Lust zurück. Luca stöhnt leise auf und knabbert ganz vorsichtig an Linns Unterlippe. Lässt seine Zunge darüber gleiten und schiebt sie schließlich zwischen ihre Lippen. Seufzend gibt Linn sich ihm hin, ihre zierlichen Hände liebkosen Luca's Brust, in der sein Herz wie wild hämmert. Langsam beendet Luca die Küsse, er blickt Linn fragend an. Als sie verlegen grinst, dreht er sich über sie und verteilt Küsse überall in ihrem Gesicht. "Du bist so süß.." Grinst er, Linn kichert beschämt. "Schatz.." Luca schmunzelt und legt seine Lippen noch einmal ganz sanft auf ihre. Ihre Finger verschränken sich zwischen den Laken ganz vorsichtig miteinander. Lange schauen sie sich in die Augen, bevor sie einander wieder hingeben, erneut eins werden.

Fred sitzt Müsli mampfend am Esstisch in der Küche, als die beiden etwas später aufstehen. Vor ihm steht eine fast leere Schüssel. Es kommt ihm vor wie ein Déjà vu, als Linn unsicher hinter Luca hervor lugt. Genau so hat er sie kennengelernt, letzten Herbst. Nur, dass sie dieses Mal feuerrot im Gesicht ist und nur Luca's schief geknöpftes Hemd trägt, das bis zur Mitte ihrer Schenkel reicht.  "Sag.. bitte einfach nichts.." Flüstert sie, Fred lächelt schief. "Ach was! Ist doch was Schönes, ich freu mich für euch. Aber jetzt musst du dich echt beeilen, Luc." Scheucht er ihn, Luca schaufelt ebenfalls eine Schüssel Müsli in sich hinein und macht sich dann im Bad fertig. Luca sieht seine Freundin im Spiegel an, die neben ihm steht und ihre langen Haare bürstet. Eigentlich könnte sie gleich weiter schlafen, wenn er und Fred gegangen sind, doch daran ist überhaupt nicht zu denken. Ihre Blicke sind sanft und doch irgendwie traurig. Behutsam zieht Luca Linn in seine Arme, schiebt ihr Haar zur Seite und küsst ihren mit dunklen Flecken übersäten Hals. "Ich liebe dich.." Haucht er, Linn lächelt. "Ich liebe dich. Ich liebe dich, Luca!" Ihre Arme schlingen sich um seinen Hals, sie küssen sich immer wieder zärtlich. "Ich möchte nicht, dass du gehst." Flüstert Linn gegen seine Lippen, Luca beendet den Kuss und lehnt seine Stirn gegen ihre. "Ich auch nicht.. aber irgendwie auch schon. Ich liebe dich und ich liebe die Konzerte.. ich wünschte, ich könnte beides gleichzeitig haben.. könnte dir zeigen, wie unglaublich diese Shows sind.. Komm bitte mit. Oder komm mich besuchen." Flehend sieht er Linn in die Augen, streichelt ihre Wange. Linn beißt sich auf die Lippe. "Ich kann nicht. Der Job.." Fängt sie an, Luca schnaubt frustriert und löst sich grob von ihr. "Nicht.." Bittet Linn, möchte wieder seine Hände nehmen. "Ich versteh dich nicht, Linn.. Ich.. wieso hältst du so sehr an diesem verdammten Zeitungsjob fest? Das ist doch bescheuert! Nein, weißt du was, du bist bescheuert! Du brauchst den nicht! Wenn du hinschmeißen würdest, könntest du jetzt mitkommen!" Er verschränkt seine Arme vor der Brust und nimmt Linn endgültig die Möglichkeit, nach seinen Händen zu greifen. Sie ist verunsichert. Eben haben sie noch die schönste Nacht gehabt, haben sich am Morgen noch einmal so zärtlich geliebt und jetzt plötzlich stößt Luca sie so heftig von sich. So kennt sie ihn gar nicht. "Das.. das hab ich dir doch schon so oft erklärt. Ich möchte nicht mehr im gemachten Nest hocken und.. ich finde.. ach, wieso muss ich mich überhaupt erklären? DU bist bescheuert, Luca!" Gibt Linn zurück und wird jetzt auch immer lauter. Luca schaut sie ungläubig an. "Ich? Du! Du denkst doch überhaupt nicht darüber nach, wie es mir geht, Linn!" Er reißt die Tür auf und lässt Linn einfach im Bad stehen. "Hey!" Sie läuft ihm hinterher, aber Luca nimmt nur seinen Koffer und stürmt zur Tür. Wortlos zieht er sich seine Schuhe an. "Luca, das stimmt doch gar nicht! Du bist mir wichtiger, als alles andere!" Tränen glitzern in Linns Augen, sie ist total überfordert. "Ach ja? Dann.. dann pack deine Sachen und.. komm mit mir." Linn hört die Verzweiflung in seiner Stimme und kann ihn nicht ansehen. Betreten schweigt sie. Luca schüttelt enttäuscht den Kopf und greift nach seinem Koffer. "Dachte ich mir.." Murmelt er. Das Nächste, was Linn hört, ist die Wohnungstür, die mit einem lauten Klacken ins Schloss fällt. Fassungslos starrt sie auf das weiß lackierte Holz. Hat Luca sie gerade wirklich vor die Wahl gestellt? Seit sie hier wohnt, hat er sie immer selbst entscheiden lassen. Und jetzt das. Was ist in ihn gefahren? Die Tränen laufen Linn über, sie dreht sich um und bemerkt Fred, der mit aufgerissenen Augen und offenem Mund da steht und die Szene noch nicht ganz begriffen hat. Was zum Teufel? "Fred.." Schnieft Linn und findet sich im nächsten Moment in seinen Armen wieder. "Hey.. hey, was ist denn jetzt los?" Fragt er verwirrt, das Mädchen weint verzweifelt an seiner Schulter. "Luca ist so fies! Wieso versteht er mich denn nicht? Ich möchte den Job nicht aufgeben. Ich will doch bloß nicht so sehr auf ihn angewiesen sein. Und.. ich finde es toll, eigenes Geld zu haben. Sachen selber kaufen zu können, nachdem ich so lange klauen musste.." Erstaunt zieht Fred die Augenbrauen hoch. "Das verstehe ich total. Hast du ihm das auch mal so gesagt?" Linn schnieft. "Nein, ich.. das mit dem Klauen ist mir immernoch unangenehm." Nuschelt sie, Fred nickt verständnisvoll. "Ich.. soll ich es ihm sagen? Mal mit ihm reden? Ich glaube, es ist besser, wenn ihr euch erstmal beruhigt. Und wir müssen jetzt auch echt los, es tut mir leid.." Eng drückt Fred sie, Linn nickt. "Ja.. das wäre lieb. Ich vermisse euch alle jetzt schon." Der Junge lächelt aufmunternd. "Mach ich! Du fehlst mir auch schon. Mach's gut!" Traurig seufzt Linn, als Fred sich von ihr löst und mit seinem Koffer hinaus geht.

Es dauert ewig, bis Luca's Kumpel ins Auto steigt. "Endlich." Murrt Luca, Fred wirft ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. "Endlich!? Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, deine aufgelöste Freundin einigermaßen zu beruhigen! Bist du eigentlich total bescheuert?" Fährt er Luca böse an, der zuckt zusammen. Damit hat er nicht gerechnet. "Ich.. es ist nur.. ich hasse es. Ich hasse, dass sie wegen dem.. dummen Job nicht mit kann. Ich hab fast das Gefühl, sie will gar nicht mit, weißt du?" Erklärt er sich, Freds Blick wird noch düsterer. "Ich zweifel gerade echt an deinem Verstand. Sie hat dir doch gestern Abend und eben erst gezeigt, wie sehr sie dir vertraut und dich liebt. Mach ihr nicht den Vorwurf, sie würde das nicht tun. Ihr Vertrauen hast du allerdings schön mit Füßen getreten. Man, du kannst sie doch nicht vor die Wahl zwischen dir und ihrer Arbeit stellen, Luc.. gerade Linn nicht. Hast du mal daran gedacht, dass sie stolz ist, endlich ehrlich verdientes Geld zu haben, nachdem sie ein Jahr lang klauen musste? Das sie deshalb unabhängig sein möchte?" Fred startet verärgert den Motor und parkt aus. Gedankenverloren starrt Luca aus dem Fenster. Nein, so hat er das noch nicht betrachtet. Wieso hat sie ihm das nicht erzählt, aber Fred? "Das hat sie dir gesagt?" Fred nickt nur. "Oh." Luca zuppelt beschämt am Reißverschluss seiner Jacke. Fred schnaubt verächtlich. "Oh? Alles, was du dazu sagst, ist 'oh' ?" Betreten blickt Luca auf seine Hände. Was hat er sich dabei gedacht, Linn zu einer Entscheidung zu zwingen? Dabei wollte er doch nur, dass sie mit ihm kommt, weil er sie liebt. Wollte alles auf einmal haben und.. hat dabei nicht gemerkt, dass er derjenige ist, der egoistisch ist. Dass er ihr nicht genug zu hört, um sie verstehen zu können und ihre Gefühle damit total verletzt. Linn hat recht gehabt. Traurig kaut Luca auf seiner Unterlippe. Er weiß nicht, wann er sich das letzte Mal so sehr geschämt hat. "Fuck.." Murmelt er, Fred wirft ihm einen genervten Blick zu. "Was?" Luca kann ihn nicht anschauen. "Ich bin so ein Idiot." "Stimmt." Erwidert der Wuschelkopf forsch. "Wir.. wir können nicht nochmal zurück, oder?" Bittet Luca kleinlaut, Fred schüttelt den Kopf. "Nein, Luca. Wir sind jetzt schon viel zu spät. Finn rastet sicher schon aus. Und ganz ehrlich? Ich würde dich jetzt auch nicht zu ihr fahren, selbst, wenn ich könnte." Noch immer klingt er sauer, Luca nickt einsichtig. Das hat er wohl ziemlich verdient. Am Proberaum angekommen, verzieht er sich wortlos in sein Bett im Tourbus und zieht den Vorhang zu. Er muss eine Weile nachdenken. Eine sehr lange Weile.

dark sea [a giant rooks fanfiction]Where stories live. Discover now