Achtzehn

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Mit dem Handy am Ohr sitzt Linn in der Fensterbank in Luca's und ihrem Zimmer. Sie schweigen beide schon eine ganze Weile. Das einzige Geräusch, das sie hören, war das Klimpern des Löffels, mit dem Linn langsam in ihrer Teetasse rührt. Schließlich ergreift Luca wieder das Wort. "Du.. hast echt gekündigt?" Er klingt fassungslos. Überrascht ihn das so sehr? Eigentlich sollte er doch wissen, dass sie alles, absolut alles für ihn tun würde. "Ja.. ich.. ich möchte dich nicht verlieren.. nicht dich auch noch.. und.. wenn du glücklicher bist, wenn ich.. wenn bei dir bin, dann.. ja.. lasse ich das mit dem Job halt." Erklärt Linn bedrückt. Luca rauft sich die Haare. Er kann noch nicht glauben, was er gerade gehört hat. Dass sie in Kauf nimmt, unglücklich zu sein, um ihn nicht zu verlieren, macht ihn ganz schön fertig. Er hat dieses wunderbare Mädchen überhaupt nicht verdient. "Ich.. ich weiß nicht, was ich sagen soll.. natürlich bin ich glücklicher, wenn ich dich bei mir haben kann, aber.. doch nicht, wenn du dabei.." Einmal mehr merkt Luca, dass er Linn alles andere als glücklich macht. ".. wenn du dabei unglücklich bist.." Linn setzt zum Widerspruch an, doch er gibt ihr keine Chance. "Sag jetzt bitte nicht, dass ich dich nicht unglücklich mache. Dass es an der Situation liegt. Schließlich bin ich Schuld an dieser Situation, also mache ich dich unglücklich. Und das tut mir unendlich leid." Jetzt ist es Linn, die eine ganze Weile braucht, um sich eine Antwort zurecht zu legen. "Du hast recht. Und auch wieder nicht. Das hätte alles nicht sein müssen, wenn ich gleich ehrlich gesagt hätte, wieso ich den Job behalten möchte. Also.. tut es mir auch leid und.. man, ich vermisse dich trotz all diesem Stress wie verrückt, du Blödmann.." Luca's Bauch beginnt bei Linns Worten zu kribbeln, ganz leicht. Es fühlt sich trotz der Beleidigung unglaublich schön an, das zu hören. "Ich vermisse dich auch." Murmelt Luca, Linn seufzt. ".. aber das mit dem Job.. es ging nicht um die Arbeit an sich. Ich kann mir tausend Sachen vorstellen, die mehr Spaß machen, als Zeitungen auszutragen.. es ging darum.." ".. dass du dein Geld selbst verdienen wolltest. Hat Fred mir ja erzählt.." Beendet Luca ihren Satz, er klingt zu Linns Verwunderung plötzlich total verständnisvoll. "Ja.. ich fand es echt schön, endlich ehrlich verdientes Geld zu haben. Nicht geklaut, nicht geliehen, nicht.. von dir, auch wenn ich weiß, dass es für dich selbstverständlich ist und das finde ich total lieb von dir. Ich weiß, ich hätte dir das längst sagen sollen, aber.. das ist mir immernoch so peinlich.. ich wollte nicht mehr über das Klauen reden. Nie wieder." Gibt Linn zu, Luca's Gesichtszüge werden immer weicher. Die steile Sorgenfalte auf seiner Stirn glättet sich. "Linn.. vor mir muss dir gar nichts peinlich sein. Du kannst mit mir über alles reden. Mir alles anvertrauen, weil.. weil.. ich.." Luca ist immer leiser geworden und verstummt schließlich. Irgendwie hat er fast Angst, dass es zu früh ist. Dass Linn noch sauer auf ihn ist und.. "Ich fände es schöner, wenn du es mir in ein paar Tagen ins Gesicht sagst." Flüstert sie zurück, Luca klappt der Mund auf. "W.. was? Wann? Aber.." Linn kichert. "Ich hab doch gesagt, ich komme zu dir. In Leipzig bin ich dabei." Verrät sie, ihr Freund beginnt, zu strahlen. "Du kommst nach Leipzig? Wirklich?" Platzt es aus ihm heraus. "Ja! Und ich.. verzeih dir. Eigentlich ist es ja ganz süß, dass du mich dabei haben willst. Nur deine Art, das klar zu machen, war.. total daneben.." Jetzt müssen sie beide grinsen. "Komm einfach zu mir, ja?" Bittet Luca, die plötzliche Vorfreude wird  von Sekunde zu Sekunde größer. "Und dann reden wir nochmal ganz in Ruhe.. und wenn wir wieder zu Hause sind, suchen wir dir einen neuen Job. Einen, den du auch wirklich magst. Was meinst du?" Schlägt er vor, Linn hüpft aufgeregt von der Fensterbank hoch. "Wirklich? Ja, Luc! Und ich schaue mir endlich eure  Konzerte an und dann möchte ich.. ich meine.." Ihr begeisterter Redeschwall endet abrupt, Luca lacht auf. "Ja..?!" "Dann möchte ich.. ehm.. einen Kuss, vielleicht." Luca schmunzelt über ihre plötzliche Schüchternheit. "Einen Kuss, vielleicht, hm? Den möchte ich auch. Ich freu mich auf dich.. Spatz." Allein der Gedanke daran, Linn bald wieder in seinen Armen zu halten, macht ihn ganz nervös. Linns Herz macht einen Sprung. "Ich freu mich auch auf dich. Gehe dann jetzt schlafen, ja? Ich bin sooo müde.." Luca hört, wie Linn leise gähnt und lässt sich anstecken. "Okay. Schlaf gut." Erwidert er sanft. "Du auch. Gute Nacht." Keiner von ihnen möchte auflegen, doch schließlich drückt Linn auf den roten Hörer und wirft ihr Handy aufs Bett. Beide lächeln vor sich hin. Linn, während sie sich in ihre und Luca's Bettdecke kuschelt und Luca, der sich zufrieden wieder zu Fred auf die Treppe setzt und ihm alles erzählt. Der Wuschelkopf unterdrückt ein wissendes Lächeln. Wenn Luca nur wüsste.. Irgendwann steckt Johnny den Kopf aus der Tür und seufzt erleichtert. "Hier seid ihr! Na endlich! Kommt schon, wir müssen los, sonst kommen wir nicht pünktlich in Hamburg an." Luca springt auf. "Alles klar! Auf geht's!" Scheucht er seine Freunde zurück in den Backstage.  Johnny schaut fragend, als er Luca neben Fred die vielen Gänge entlang folgt. Was ist denn plötzlich in ihn gefahren? "Wow.. alles wieder gut?!" Luca dreht sich um und grinst nur breit. Fred lacht auf. "Könnte glaub ich nicht besser sein.." Kurz vor der Garderobe kommen ihnen die beiden Finns mit ihrem Gepäck entgegen. Schnell schnappen sie sich auch ihre Sachen und folgen ihnen zum Tourbus. Wenige Minuten später rollt der riesige Wagen gefolgt von zwei Transportern vom Gelände der Halle.

Am Morgen sitzt Luca als Erster beim Frühstück, das aus Obst und Cornflakes besteht. Finn erschreckt nahezu, als er nach vorne kommt und den Bassisten bemerkt. Der Dunkelhaarige kann den Blick kaum von seinem Handy lösen, das immer wieder vibriert. "Ich glaub, ich träume noch.." Murmelt Finn, Luca lacht auf. "Zum Glück nicht. Ich würde mir Sorgen machen, wenn du von mir träumen würdest." Mampft er und schaufelt sich hastig den nächsten Löffel in den Mund. "Man, was ist passiert? Wieso bist du so aufgekratzt?" In dem Moment kommt Finns Cousin dazu und beginnt sofort, zu grinsen. "Ja, Luc, wieso bist du so nervös?" Neckt er, ehe er auch auf sein Handy schaut und irgendwas tippt. Der Bassist grinst zurück. "Hach, diese Grübchen.. Linn würde dahinschmelzen.." Säuselt Johnny, der nun auch mit Finnbo in der Sitzecke erscheint. Belustigt schauen sie einander an, während Luca rot anläuft. "Ihr seid doch blöd." Nuschelt er und lässt das Gelächter über sich ergehen. "Lasst uns mal in die Halle gehen. Bestimmt ist die Bühne bald fertig." Schlägt Fred vor und blinzelt die anderen verschwörerisch an. "Aber.. es ist doch erst.." Unterm Tisch trifft Finnbo ein harter Tritt gegen sein linkes Schienbein. Gequält schaut er Fred an und gibt nach, als er seinen scharfen Blick bemerkt. "Ich meine.. klar. Können bestimmt bald Soundcheck machen." Er steht auf, Finn und Luca folgen ihm verwirrt. Johnny hat längst gemerkt, dass Fred irgendwas ausheckt. Mit hochgezogener Augenbraue zieht er Fred zur Seite, als die Jungen den Bus verlassen und über den großen Parkplatz hinüber zur Halle gehen. Die Bühne ist tatsächlich schon fertig aufgebaut. "Was?" Fragt der Wuschelkopf unschuldig, Johnny schüttelt den Kopf. "Du bist ein mieser Schauspieler. Hat es eventuell irgendwas mit der lieben Linn zu tun?" Rät er, Fred beißt sich grinsend auf die Unterlippe. "Eventuell.." Er schaut sich suchend um. Johnny klappt der Mund auf. "Du hast nicht wirklich.." "LINN? LINN!" Schallt plötzlich Luca's Stimme durch die noch leere Halle, die Jungen zucken zusammen. "Du hast." Stellt Johnny staunend fest, Fred lacht auf. "Jap." Luca ist längst losgejoggt und bleibt abrupt vor Linn stehen, die lächelnd auf dem Bühnenrand sitzt. "Spatz.. hey." Haucht er, legt zögerlich seine Hand auf ihr Knie, als wollte er sich beweisen, dass sie wirklich vor ihm sitzt. "Ich.. ich dachte, du kommst nach Leipzig." Stammelt er, völlig überfordert mit dem unglaublich schönen, warmen Gefühl in seinem Bauch. Endlich kann er.. darf er ihr wieder nah sein. "Überraschung?!" Linns Lippen verziehen sich immer weiter zu einem frechen Grinsen.  Luca schüttelt fassungslos den Kopf. "Die Überraschung ist dir wirklich gelungen.." Linn kichert. "Nicht mir. Uns." Sie schaut hinüber zu Fred, der den beiden zuzwinkert. "Dank mir später, Luc!" Ruft er, Luca schaut staunend zwischen ihm und Linn hin und her. Alle grinsen sich an, Luca zieht Linn näher zu sich heran. "Mach ich, Fred.. jemand kriegt hier jetzt aber erstmal einen Kuss.. vielleicht." Linn quiekt auf, als er sie mit einem letzten Ruck von der Bühne zieht. Übermütig dreht er sich im Kreis, während Linn sich lachend an ihn klammert. "Luc! Nicht so schnell, ich.." Er bleibt mit einem Mal stehen, ihre Blicke werden immer intensiver. "Luc.. ich.." Luca's Lippen auf ihren bringen Linn zum Schweigen und das wunderbare Kribbeln explodiert. Seufzend drücken sie sich aneinander, können nicht aufhören, sich immer wieder zu küssen. Langsam lässt Luca seine Freundin auf den Boden, legt seine Hände an ihre Wangen und küsst sie in Grund und Boden, bis sie beide anfangen zu lachen. Atemlos blickt Luca ihr schließlich in die Augen und streichelt zärtlich ihre Wangen. "Unglaublich, wie sehr ich dich vermisst hab.." Wispert er, Linn wird ganz rot vor Freude. "Ich liebe dich, Luc. Ich liebe dich." Flüstert sie und kuschelt sich in seine Arme. Eng umschlingt er sie, drückt seine Nase in ihr Haar und schließt die Augen. "Ich liebe dich auch, Linn." Sie wieder so nah zu spüren, ist einfach unbeschreiblich. Zärtlich streicht er durch ihr Haar und drückt einen sanften Kuss auf ihre Schläfe. Endlich hat er sie wieder.

dark sea [a giant rooks fanfiction]Where stories live. Discover now