Can't keep hanging on

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Als ich die Augen öffne habe ich das Verlangen mich zu übergeben. Aber das tue ich nicht, meine Umgebung lenkt mich zu sehr ab. Sterile weiße Wände, ein unbequemes Bett, eine Nadel in meiner Hand, ich musste im Krankenhaus gelandet sein. "Hi." Ich drehte meinen Kopf leicht zur Seite. Es blendete, denn meine Augen wollten sich nicht an das grelle Licht gewöhnen. Ich konnte die Umrisse einer Person erkennen. Braune Haare. "Du siehst schrecklich aus." Da musste ich grinsen. "Halt die Klappe, Max." Er grinste. "Das ist die Lila die ich kenne." Ich versuchte mich aufzurichten. Mir ging es nicht wirklich schlecht, ich war einfach nur...ausgelaugt. Dass Max hier war heiterte mich spürbar auf. Er war mein einziger Freund. Und das schon seit dem Kindergarten. Immerhin einer, der sich ein wenig um mich sorgte, denn meine Mutter war nirgendwo zu sehen, als ich mich erneut in dem kleinen Krankenzimmer umsah. "Sie redet grade mit den Ärzten. Sie müsste gleich kommen." Ich ließ mich vorsichtig zurück in das Kissen sinken und schloss die Augen. "Aber ich muss los...", meinte er und strich mir zärtlich über die Wange. Draußen waren Stimmen zu hören, die sich näherten. Vermutlich Mom und seine Mutter, die ihn abholte. "Max?", flüsterte ich, als ich merkte, dass er sich aufrichtete. "Ja?" "Ich war nie wach, ok?" Er sagte nichts, aber ich wusste, dass er gerade nickte. "Mach keine Dummheiten, Lila." Dann fiel die Tür ins Schloss. Was hatte das zu bedeuten? Ich wusste es nicht und hatte im Moment auch nicht die Kraft darüber nachzudenken. Die Tür wurde ohne Rücksicht auf mich schlafenden Menschen wieder aufgerissen. "Sie braucht äußerste Ruhe Frau Maiwald. Es ist ausgeschlossen." "Aber wenn wir nicht bald mit dem Training anfangen wird es sich Constanze vielleicht doch noch anders überlegen. Bitte, Dr. Anders, sie wird das schaffen." Ich hörte wie der Arzt hörbar ausatmete. Ich tat weiterhin so, als würde ich schlafen, auch wenn ich drohte zu explodieren. "Frau Maiwald, es tut mir Leid, aber es ist ausgeschlossen sie jetzt schon zu entlassen und dann auch noch um zu reiten, das geht nicht." "Sie ist stark! Das stärkste Mädchen, das sie je kennenlernen werden! Sie wird das locker schaffen. So ein kleiner Nervenzusammenbruch kann hier gar nichts ausrichten!" Ja, ich war stark. Die Betonung liegt jedoch auf WAR.

You know we can get away

because I'm calling your name

every day I feel this pain

but you just turn and walk away

I just can't keep hanging on

to you and me

I just don't know what is wrong

with you and me

Es tat fast weh, so laut hörte ich dieses Lied. Mein Lied. Es war unglaublich, was Musik in einem auslösen könnte, aber bei diesem Lied hatte ich sofort gemerkt, dass es genau das war, was ich nicht richtig ausdrücken konnte. Es war dieser eine Satz, den meine Mutter IMMER überhörte. Ich kann nicht mehr. Jetzt erst recht nicht mehr. Der Arzt konnte meine Mutter nicht wirklich davon überzeugen, dennoch blieb ich die nächsten beiden Nächte zur Kontrolle im Krankenhaus. Ich hatte nicht einfach einen kleinen Nervenzusammenbruch gehabt, wie meine Mutter das gesagt hatte, nein, ich hatte einen richtigen Schwächeanfall erlitten, was eigentlich so gar nicht mein Typ war. Ich war mehr der Typ der alles wegsteckte und irgendwann explodierte und demjenigen die Meinung geigte. Nur dass meiner Mutter meine Meinung ungefähr soviel bedeutete wie einem Löwen das Leben einer Gazelle. Hauptsache er kann sie fressen. Hauptsache SIE bekommt alles was sie will. Hauptsache sie bekommt ihren Erfolg. Eines ist klar. Klar wie der Himmel in meinen Träumen denen ich dank den Medikamenten verfallen bin.

Klar.

Damit ist jetzt endgültig Schluss.

Wenn ihr Lilas Song auch hören möchtet er heißt 'Hanging on' von Ellie Goulding :)

Pferde fliegen. Ohne Flügel. Mit dem Wind.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt