Max

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14:00 im Stadtcafé? Muss mit dir reden! Max

Ich seufzte. Wie konnte denn alles noch komplizierter werden, als es sowieso schon war?

Geht klar., tippte ich und warf mein Handy achtlos auf das Bett. In die Stadt war es von Kleebergs schon ein ganzes Stück, ich musste mich ein bisschen beeilen. Ja, wir waren tatsächlich hier eingezogen. Wenigstens hatte ich Dragon so näher bei mir. Ich hatte ein flaues Gefühl im magen. meine letzte Begegnung mit Max war die gewesen, als ich ihn angeschrien hatte und davongerannt war. Andererseits, wenn ich mich mit Max traf, würde es mich wenigstens ein bisschen ablenken. Ablenken von dieser grausamen Situation in der ich mich befand. Dragon behalten und ihn weiterhin auf Turnieren reiten, mit dem Risiko, dass er mir irgendwann nicht mehr vertraute? Dragon verkaufen, um ihm ein besseres Leben zu schenken? Mich vor diese entscheidung zu stellen war einfach nur barbarisch. Ich hasste meine Mutter dafür. So etwas konnte ich nicht entscheiden. So etwas wollte ich nicht entscheiden. Gestern auf dem Heuboden hatte ich noch lange mit Liam geredet. Ihm genau das gesagt. Ihm gesagt, dass ich das auf keinen Fall entscheiden könne. "Du musst dich nicht entscheiden. Das kann deine Mutter nicht machen." "Sie kann.", hatte ich trocken gemeint. Er hatte lange den Kopf geschüttelt. "Rede mit ihr." "Sie hört mir nicht zu." "Ich komme mit." Ich hatte ihn mit großen Augen angeschaut. "Wieso solltest du das für mich tun?" "Wieso stellst du immer alles infrage?" er hatte gelächelt und ich lächelte bei dem Gedanken daran. Doch das Lächeln verschwand. Heute Nachmittag würde ich mich meiner Mutter stellen müssen. Und diese Sache ein für alle mal beenden. Ich zog eines meiner Lieblingskleider aus dem Schrank, ein einfaches Fliederfarbenes. Draußen wurde es immer wärmer, also warum nicht. Ich wäre auch in Reithose gegangen. Wenn es nach mir ginge würde ich den lieben langen Tag in Reitklamotten herumlaufen. aber irgendwie wäre es schade um die ganzen Kleider, die sich im Laufe der Zeit angesammelt hatten. Die meisten hatte mir meine Mutter für Turnierfeten und Reiterbälle gekauft. Ich verzog das Gesicht. Von wegen Ablenkung. Alles erinnerte mich an die Turniere. Mein gesamtes Leben hatte ja auch aus nichts anderem bestanden.

"Hey." Er lächelte zögernd, dann umarmte er mich. Nichts ungewöhnliches. Wir hatten uns oft so begrüßt. Allerdings erwiderte ich seine Umamrung nicht. Immer wieder schlichen sich seine Worte in meinen Kopf. Ich verstehe das nicht. Was ist los mit dir? Ich hatte gedacht er würde mich kennen. "Lass uns reingehen.", meinte er dann etwas entmutigt. Er bestellte uns zwei ChocolateCream und wir setzten uns draußen an einen Tisch, da die Sonne schien. Lange sagte er nichts, als suchte er nach den passenden Worten. Ich blieb mir natürlich treu, war stur wie immer und schwieg ihn an. "Es tut mir Leid, Lila.", seufzte er schließlich und fuhr sich nervös durch die Haare. "Ich wollte dich nicht so aufbringen, als ich das gesagt habe. Wahrscheinlich kenne ich dich selbst nach so einer langen Zeit noch nicht gut genug um zu sehen, dass du unglücklich warst." Ich BIN unglücklich. Und ich schwieg weiterhin. "Mehr kann ich nicht sagen.", seufzte er, "Es tut mir Leid." Ich nickte. "Okay.", sagte ich. "Verzeihst du mir?" Er klang plötzlich so hoffnungsvoll, dass es unmöglich war jetzt Nein zu sagen. Ich nickte wieder. Dann stand er auf, kam um den Tisch herum und umarmte mich. Was sollte denn diese ganze Umarmerei die ganze Zeit? Diesesmal erwiderte ich die Umarmung, wenn auch etwas zurückhaltender, immerhin waren wir mitten in der Stadt. Er murmelte etwas und plötzlich schoss mir alles Blut in den Kopf. "WAS?!", schrie ich erschrocken und drückte ihn von mir weg. "Bitte, sag mir, dass ich das gerade falsch verstanden habe.", flehte ich ihn an. "Was ist so schlimm daran?" Na toll, jetzt hatte ich ihn gekränkt. "Ich...ich...", mir fehlten die Worte und schon wieder fühlte ich mich zu schwach, um die Passenden zu finden. Also tat ich das, was ich immer tat, wenn ich verzweifelt war. Ich rannte weg. Rannte weg, weil mein bester Freund mir gesagt hatte, er sei in mich verliebt. Konnte es mit mir noch schlimmer laufen?

Pferde fliegen. Ohne Flügel. Mit dem Wind.Where stories live. Discover now