Herzklopfen

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Und gleich nochmal eins :)

Unsere Hände fanden sich wie von selbst, als wir in der Dunkelheit zurück zur Hütte gingen. Unsere Pferde folgten uns. „Heute Nacht noch?“, fragte ich leise und wich einem tief hängenden Tannenzweig aus. Wir gingen wieder querfeldein und kreuzten keinen einzigen Forstweg. Ich mochte das. Wir waren ganz allein. Liam antwortete nicht. Wahrscheinlich überlegte er. Ich hörte wie er tief ein und wieder ausatmete. „Ich will es nicht.“ Er drückte sanft meine Hand und ich sah ihn an. „Aber ja, heute Nacht noch.“ Stumm rollten mir Tränen über die Wangen. Schon die ganze Zeit. Er sah sie nicht, es war zu dunkel. Doch mit Sicherheit ging es ihm nicht anders. Hier war es so schön gewesen und ich hatte mir keinen einzigen Gedanken an Zuhause oder meine Mutter gestattet. Ich hatte alles um mich herum vergessen. Hier hatte es nur mich und Dragon gegeben. Doch jetzt gerade kamen all die Gedanken die ich so gut verdrängt hatte mit einer solchen Wucht zurück, dass mir das Atmen schwerfiel. Als wir an der Hütte ankamen öffnete Liam das Gatter und die Pferde gingen willig auf ihre Koppel. Dragon drehte noch eine Runde im Trab, dann senkte auch er den Kopf und begann wieder in Ruhe zu grasen. Mein Blick schweifte nach oben. Es war ziemlich kühl und sternenklar. Dutzende von Diamanten funkelten mir aus der schwarzen Nacht entgegen. Liam folgte meinem Blick und schloss mich in seine Arme, den Kopf in den Nacken gelegt. „Wunderschön.“, murmelte ich und ließ meinen Kopf auf seine Schulter fallen. Ich beobachtete Dragon und Lady, wie sie gemütlich grasten, Kopf an Kopf. Ich stellte mir das gesamte Bild vor. Die beiden Pferde, die in diesen Tagen zu wahren Freunden geworden waren und ein paar Meter weiter Liam mit mir in seinen Armen. Ich wünschte ich könnte dieses Bild festhalten und darin leben, wenn mir mal wieder alles zu viel wurde. Ja, wir waren auch Freunde geworden. Sogar mehr als das, denke ich. Ich hob den Kopf und schaute in seine Augen, die mich erwartungsvoll anblickten. „Lass uns draußen schlafen, bis wir gehen.“, sagte ich. Er erwiderte nichts, er lächelte nur. Als wäre ich ein kleines Kind nahm er mich auf den Arm. Ich lachte und er stolperte. Wir fielen ins Gras. Ich lachte immer noch und er lachte mit. „Tut mir Leid.“, schmunzelte er. „Immerhin haben wir einen Schlafplatz gefunden.“, grinste ich und klopfte neben mich, wie er am Abend zuvor. Ich musste grinsen als ich daran dachte. Wie blöd ich wohl geschaut hatte? Er schaute jedenfalls nicht so, sondern ließ sich neben mir nieder. Ohne, dass ich es wirklich bemerkt hatte, lagen wir da wie heute morgen. Mein Rücken an seinem Bauch, sein Arm über mir, unsere Finger ineinander verschränkt. Mein Herz klopfte schneller, als Dragons Galopp. Seines war nicht langsamer, das konnte ich spüren.

Pferde fliegen. Ohne Flügel. Mit dem Wind.Where stories live. Discover now