Fifteenth

865 66 1
                                    

Langsam stieg Cedric die Treppen ins Erdgeschoss herunter und rieb sich über die müden Augen. Er unterdrückte ein Gähnen. Viel hatte er definitiv nicht geschlafen. Die Sorgen um Allan hatten ihn noch lange wachgehalten. Er hatte gemeint, ihn noch immer leise weinen zu hören, als sie beide endlich zu Bett gegangen waren, doch er hatte zu viel Angst gehabt, nachzufragen.
Und so hatte er selbst einige Tränen vergossen.
Wie jeden Morgen bereitete er das Frühstück vor und stellte zwei große Kaffeebecher auf den Tisch. Da er noch Zeit hatte und Allan noch nicht unten war, stellte er sich mit seinem Kaffee in die offene Terrassentür und ließ nachdenklich den Blick über den rötlichen Morgenhimmel schweifen. Eine kalte Brise wehte ihm entgegen, und so schloss er fröstelnd den Reißverschluss seiner Jacke.
Immerhin wärmte ihn das heiße Gebräu in seinen Händen.
Plötzlich fragte er sich, ob ihm vielleicht wärmer würde, wenn er stattdessen Allan in den Armen halten würde, und verfluchte sich im nächsten Moment für diesen Gedanken.
Allerdings...
Sehr wahrscheinlich würde es das sein.

~

Müde schleppte sich Allan ins Erdgeschoss und strich sich die feuchten Haare aus der Stirn. Er richtete mit grimmigen Gesichtsausdruck seine Uniform. Am liebsten hätte er den Tag im Bett verbracht, doch er zwang sich zur Arbeit, um den ganzen Papierkram, der noch anstand, abzuarbeiten und sich etwas abzulenken.
Dafür würde er allerdings ziemlich viel Kaffee brauchen.
Er öffnete die Küchentür und wäre beinahe über seine eigenen Füße gestolpert. Er sah Cedric dort im Türrahmen zum Garten hinaus lehnen, einen großen Kaffeebecher in der Hand und ganz offensichtlich in Gedanken versunken.
Allan zögerte. Er wusste nicht, ob er Cedric direkt ansprechen sollte oder nicht, doch sobald er sich sein Frühstück schnappen würde, würde dieser ihn ohnehin bemerken.
Sein Herz klopfte wie wild. Langsam schritt er in die Küche, den Blick noch immer auf Cedric gerichtet.
„Guten Morgen", sagte er leise. Cedric reagierte nicht. Er nahm seinen Mut zusammen und räusperte sich laut. „Cedric?"

Der Blonde zuckte zusammen und wandte sich überrascht zu ihm um. Als sich ihre Blicke begegneten, lächelte er breit, doch er wirkte müde. Dunkle Ringe umrahmten seine hellblauen Augen und er wirkte etwas blasser als sonst.
So musste Allan wohl auch aussehen. Fast schon verfluchte er sich dafür, ihn ungewollt wach gehalten zu haben, doch eigentlich war er dankbar dafür, dass Cedric aufgetaucht war.
„Entschuldige, ich war in Gedanken", sagte dieser und lächelte milde. „Guten Morgen, Allan."
Allan stahl den zweiten Kaffeebecher, der mal wieder so gut duftete, vom Tisch und verbarg ein Schmunzeln dahinter. „Und worüber hast du nachgedacht?"
Cedric grinste. „Rache für letzte Nacht?"
Der Dunkelhaarige lachte auf. „Vielleicht." Er zuckte gleichgültig mit den Schultern.
Ein bisschen durfte er ihn doch ärgern, oder nicht?
„Entschuldige, dass ich dich einfach angesprochen habe", sagte Cedric leise.
„Nein, es ist in Ordnung", winkte Allan hastig ab und schüttelte den Kopf. „Es ist doch dein Job, sich zu kümmern."
Cedric löste sich vom Türrahmen und setzte sich stattdessen zu ihm an den Tisch. Sein Blick wurde ernst, besorgt, und fixierte ihn mit einem Blau, das ihn sofort verschlungen hätte, wenn er nicht den Blick zu seinem Kaffee gesenkt und nervös die heiße Flüssigkeit angestarrt hätte.
„Allan, um ehrlich zu sein..." Cedric legte eine Kunstpause ein, die ihn dazu veranlagte, vorsichtig zu ihm aufzusehen. Sein Herz klopfte schneller.
Cedric seufzte auf. „Ich mache mir noch immer Sorgen um dich, Allan", gab er leise zu. „Ich möchte, dass es dir hier gut geht. Wenn es etwas gibt, das dir zu Herzen geht, dann kannst du gerne mit mir darüber sprechen. Ich–" Er stockte und schien zu überlegen. „Ich möchte für dich da sein, wenn du etwas brauchst", wisperte er schließlich.
Allan nickte langsam und spürte seine Wangen glühen. „Danke...", brachte er leise hervor, da er nicht wusste, was er sonst noch sagen könnte. Schüchtern hob er den Blick und versuchte ein Lächeln, was ihm aber nur teilweise gelang.
Cedric lächelte ihn ebenfalls an, und ein wohliger Schauer durchfuhr ihn. Schnell wandte er den Blick ab und musterte stattdessen die Küchenmöbel.
Nicht gerade elegant, Allan.

Eine Hand legte sich auf seinen Arm. Allan schrak zusammen und starrte erst Cedrics Hand, dann ihn selbst an. Er bemerkte, dass Cedrics Wangen einen rötlichen Schimmer angenommen hatten, und ein Grinsen überzog seine Lippen.
„Rot steht wohl nicht nur mir, sondern auch dir", sagte er unwillkürlich, bevor ihm bewusst wurde, dass er das wirklich laut ausgesprochen hatte. Beinahe rutschte ihm das Grinsen aus dem Gesicht, doch Cedrics herzliches Auflachen ließ es bestehen.
Sein Herzschlag beschleunigte sich unkontrolliert. Er mochte Cedric. Er mochte ihn so sehr.
Cedric drückte seinen Arm. „Wenn das dann geklärt wäre, wollte ich dich fragen, ob du heute Abend mit auf Patrouille gehen möchtest? Ein bisschen frische Luft könnte dir guttun", fügte er noch hinzu. Das Rot auf seinen Wangen vertiefte sich.
Allan fühlte sich wie ein Teenager, der gerade zu einem Date gebeten wurde, und wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Schließlich entschied er sich dafür, Cedrics Lächeln zu erwidern und zu nicken.
Nur allzu gerne würde er mit ihm mitgehen.
Sogar ans Ende dieser vermaledeiten Welt, die so Kopf stand, seit er Cedric Lahey kennengelernt hatte.

Nur du zählst...Where stories live. Discover now