Sixteenth

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Nervös sortierte Allan einen Stapel Akten in die Schränke im Archiv und fuhr sich dabei immer wieder durch die Haare. Er hatte das Gefühl, dass sein rasender Herzschlag nicht gerade gesund für ihn war, doch er konnte nichts dagegen tun. Die Aussicht, abends mit Cedric durch die Straßen Josephina Hill's zu laufen, brachte ihn ins Schwitzen, als könne dabei irgendetwas weltbewegendes passieren. Die Zeit flog davon, jagte ihn in ein endloses Chaos aus Gefühlen, Sorgen und Gedanken, die ihn wahnsinnig machten. Doch all die Erinnerungen machten es noch schlimmer.
Er hielt eine Sekunde lang inne und stützte sich mit der freien Hand am nächstbesten Aktenschrank ab. Erschöpft blinzelte er die kleinen schwarzen Flecken vor seinen Augen weg und atmete tief durch.
Es wird schon nichts schief laufen, Allan. Du bist erwachsen. Du musst keine Angst mehr haben.
Angst? War es das wirklich, was er verspürte neben all den anderen Gefühlen? War es jene Angst, die ihn auch damals schon zu fatalen Fehlern geleitet hatte? War sie es, die ihn dazu verdammte, den Mund zu halten, anstatt Cedric einfach seine Gefühle zu gestehen?

Schritte auf dem Flur ließen ihn aufschrecken, und es war zu spät, um sich weiter in trüben Gedanken zu verlieren, denn ein Blick auf seine Armbanduhr sagte ihm, dass es beinahe 19 Uhr war.
Die Tür wurde aufgestoßen. Abermals zuckte Allan zusammen und blickte dann hellblauen Augen entgegen, die ihm freundlich zuzwinkerten.
„Hey", sagte Cedric leise.
„Hey", brachte Allan schüchtern hervor, noch immer leicht außer Atem. Seine Wangen glühten verräterisch, und er wandte schnell den Blick ab. „Ist es schon Zeit?"
Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie Cedric die Arme verschränkte und sich in den Türrahmen lehnte. „Exakt", antwortete dieser mit meinem milden Lächeln.
Allan erwiderte es. Sein Herz raste. „Ich muss nur noch schnell die letzten Akten einräumen, dann können wir los."
Cedric löste sich aus seiner Position und kam auf ihn zu. „Ich helfe dir, wenn du möchtest", bot er eifrig an.
Allan blinzelte perplex. Er spürte die Röte in seinem Gesicht aufsteigen, und dieses Mal sah er keine Möglichkeit, diese zu verstecken. Er biss sich verlegen auf die Lippe und nickte. Cedric nahm grinsend die Akten entgegen, die er ihm hinhielt, und er meinte sogar, ihn ihm zuzwinkern zu sehen, doch wahrscheinlich täuschte er sich da.
Die beiden räumten schweigend die letzten Akten ein, und Allan beobachtete Cedric verstohlen. Er musterte jede seiner Bewegungen und wie sich dabei der beigefarbene Stoff über seinem Körper spannte, wie seine wunderschönen Augen durch die Gegend huschten, um die Titel der Akten im Halbdunkel zu entziffern.
Er ertappte sich sogar dabei, wie er Cedric mit in der Luft erstarrtem Arm anglotzte. Er zuckte zusammen und hätte dabei fast die Akten in seinem Arm fallen gelassen, doch er schaffte es, sich zu fangen. Leider war er dabei nicht gerade leise, und Cedric wandte den Kopf zu ihm um und grinste ihn an.
Verdammt, ist er schön.
Hat er etwas gemerkt?
Allan schrak abermals zusammen und riss den Kopf herum. Schnell stopfte er die Akten in die richtigen Fächer. Die ganze Zeit über spürte er Cedrics Blick auf sich, was ihn nur noch mehr durcheinander brachte.
Plötzlich tauchte ebenjener direkt neben ihm auf, und es fühlte sich an, als bekäme er einen Herzinfarkt.
„Allan, ich gehe schon einmal vor", sagte Cedric. Er rieb sich verlegen den Nacken und lächelte ihn zaghaft an. Allans Herz machte einen Satz, und er nickte eifrig. So hatte er immerhin noch einige Sekunden, um sich wieder halbwegs auf die Reihe zu bekommen, bevor er sich wieder in ein Gefühlschaos stürzen würde.
„Gut, ich warte draußen auf dich", meinte Cedric schließlich. Allan war nicht dazu imstande, ihm zu antworten, also nickte er bloß erneut.
Cedric drückte aufmunternd seine Schulter. Dann ließ er ihn allein im Archiv. Allan lauschte seinen leiser werdenden Schritten, versuchte seinen rasenden Herzschlag zu beruhigen und atmete tief durch.
Cedric trieb ihn in den Wahnsinn, und verdammt nochmal, es war ihm so egal, solange er noch hier bei ihm war.
Das war alles, was zählte.

~

Nervös spielte Cedric an dem Knopf seiner Hosentasche herum. Er lehnte augenscheinlich lässig an der Wand seines Hauses und starrte Löcher in die Luft. Er wusste nicht ganz, was er sich damit erhoffte, Allan mit auf Patrouille zu nehmen, doch allein der Gedanke daran brachte alte Erinnerungen zurück, die er so gerne wieder aufleben lassen würde.
Neben ihm ging die Tür auf, und er zuckte kaum merklich zusammen. Als er jedoch Allan erblickte, wuchs ein Grinsen auf seinen Lippen, und er beobachtete, wie Allan verlegen den Blick abwandte, um die Röte in seinem Gesicht zu verbergen.
„Endlich fertig mit dem Papierkram?", fragte er neckisch.
Allan lachte leise. „Hättest du nicht so viel liegen gelassen, müsste ich nicht so viel aufräumen", erwiderte er frech.
Cedric grinste schelmisch. Er trat einen Schritt auf Allan zu, sodass sie direkt gegenüber standen, und berührte flüchtig seinen Arm. „Dann bist du hier doch wenigstens beschäftigt", raunte er mit tiefer Stimme, „Den ganzen Tag nichts tun macht doch auch keinen Spaß."
Allan hob belustigt eine Braue und musterte ihn kurz von oben bis unten. „Ach, ich habe genug zu tun, Lahey."
Ein Schauer lief über Cedrics Rücken, und er grinste leicht. Er drehte sich um und bedeutete Allan mit einem Kopfnicken, ihm zu folgen.
„Komm schon, ich zeige dir ein wenig vom Dorf", sagte er.
Allan folgte ihm verwirrt und blickte dabei zu Boden. Cedric biss sich verlegen auf die Lippe. Verdammt, er hatte ihn wohl doch verunsichert, obgleich er nicht einmal Angst gehabt zu haben schien, seine Sticheleien zu erwidern. Das musste er schnell wieder ausbügeln, damit Allan sich wohl fühlte.
Er begann, ein wenig von der Geschichte des Dorfes zu erzählen, obgleich er nicht wusste, ob es Allan langweilen würde, doch dieser schien ihm interessiert zuzuhören. Währenddessen führte Cedric ihn absichtlich durch die schönsten Straßen, bevor sie langsam in den hinteren Teil des Dorfes gelangten. Hier endete das Kopfsteinpflaster in Kieswegen und Grünflächen. Mehrere Bauernhäuser ragten mit ihren roten Dächern in den Abendhimmel, und Felder und kleine Bäche zogen an ihnen vorbei.
Allan sah sich lächelnd um und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Zu gerne hätte Cedric dies ebenfalls getan, doch er wagte es nicht, Allan einfach zu berühren, aus Angst, es könne ihn verschrecken. Stattdessen beließ er es bei einem Lächeln.
Ihre Blicke trafen sich. Unwillkürlich blieb Cedric vor ihm stehen, näher als geplant — als könne er irgendeine Handlung bei Allan durchplanen — und sie musterten sich gegenseitig. Cedric prägte sich den Anblick von Allans hübschem Gesicht gut ein, so wie er es damals schon jedes Mal getan hatte, sobald er älter geworden war. Er mochte es, in Allans dunkle Augen zu blicken, ihn lächeln und sich durch die Haare fahren zu sehen. Er mochte alles an ihm, so sehr, dass es wehtat.
Allan blickte direkt in seine Augen, und seine Wangen färbten sich rot. „Was ist denn?", wisperte er leise.
Cedric schauderte kaum merklich. „Ach, nichts", winkte er lächelnd ab. Er streckte die Hand aus und drückte sanft Allans Arm.
Allan hob eine Braue. „Wirklich?", grinste er.
Cedric lachte leise. „Ich finde es bloß schön, dass du wieder lachst", sagte er ehrlich.
„Nun rate mal, wem ich das zu verdanken habe", erwiderte Allan, und die Röte in seinem Gesicht vertiefte sich. Cedrics Herz machte einen Satz, und am liebsten hätte er Allan hier und jetzt geküsst. Doch lieber drückte er abermals seinen Arm. „Ich sagte doch, ein wenig frische Luft wird dir guttun."
Allan nickte langsam. Er zögerte, schaute weg. „Vielleicht war es auch gar nicht die frische Luft..."
„Hm?" Cedric hob erstaunt die Brauen. Er umfasste Allans Kinn und drehte es sanft, sodass er ihn ansehen musste. Sein Herz klopfte ihm gegen die Rippen, und er war nicht dazu imstande, seine Worte laut auszusprechen. „Was war es dann, Al?"
Allan lächelte milde. Er fasste nach Cedrics Hand und schob sie sanft, aber bestimmt weg. Bevor er sie losließ, drückte er sie noch kurz. „Vielleicht erfährst du es ja bald, Cedric", murmelte er. „Aber noch nicht jetzt."

Nur du zählst...Where stories live. Discover now