Twentyfirst

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Ilia. Der Name des Mädchens auf dem Handydisplay leuchtete blau in der Dunkelheit. Allan lächelte leicht, wartete, dass sie endlich annahm. Wenn er Glück hatte, war sie noch wach und er konnte ein wenig mit ihr und Lisa oder sogar Ronnie plaudern. Er vermisste die drei.
Außerdem war er noch immer aufgeregt, seit Cedric ihn gestern Abend geküsst hatte.
Sein Bein wippte ungeduldig auf und ab. Er steckte noch immer in seiner Uniform; er hatte noch gar keine Lust gehabt, sich endlich umzuziehen, obgleich es bald elf Uhr nachts sein würde und er morgen früh arbeiten musste.
„Allan?"

Beim plötzlichen Klang von Ilias hoher Stimme zuckte Allan leicht zusammen. Doch dann lächelte er in sich hinein. „Hallo Süße. Wie geht es dir?"
„Mir geht's super!", trällerte Ilia fröhlich.
„Das freut mich. Und wie steht es mit Ethan?", fragte Allan schmunzelnd.
Ilia quiekte. „Ich hab ihn zu meinem Geburtstag eingeladen!", verkündete sie stolz.
Allan lachte auf. „Aber der ist doch erst in zwei einhalb Wochen?"
„Sie konnte nicht mehr warten", ertönte Lisas Stimme im Hintergrund. „Deshalb hat sie ihn schon jetzt gefragt."
„Verstehe", grinste Allan. „Hat er denn auch zugesagt?"
„Jaaaa", rief Ilia gedehnt. Sie kicherte, und es klang wie kleine Glöckchen.
„Das freut mich sehr für dich", lächelte Allan. Ilia war ein wundervolles, fröhliches Kind, und er hoffte, dass dieser Ethan nett zu ihr war, sonst müsste er ganz dringend eine Standpauke auspacken.
„Du, Ilia. Gibts du mir mal deine Mom?", fragte er schließlich.
„Ja, einen Moment!", rief Ilia. Gerumpel ertönte, Lisa tadelte sie und Ilia kicherte. Allan lächelte belustigt und fuhr sich durch die dunklen Haare. Dann hörte er endlich Lisas Stimme, und dahinter ihr Grinsen: „Na, Herr Sheriff, gibt es schon irgendwelche Neuigkeiten? Du lachst so viel, Al."
Grinsend zupfte Allan an der Haarsträhne, die ihm in die Stirn gefallen war. „Nun, Ilia bringt mich eben zum Lachen...", zögerte er die Antwort hinaus.
„Mag sein, aber da steckt noch etwas anderes hinter, hab ich recht?", erwiderte Lisa. „Bitte sag schon!"
„Nun gut", sagte Allan und lächelte milde, „Cedric und ich haben uns geküsst. Mehrmals. Gestern, während eines Spaziergangs."
Nun war es Lisa, die laut quiekte und dabei genauso wie ihre Tochter klang. „Wow, das freut mich so für dich, Al! Erzähl schon, ich will alle Details wissen!"
Al schmunzelte und erzählte ihr kurz, wie es zu ihrem Kuss gekommen war. Irgendwann konnte er nicht mehr umhin, dümmlich zu grinsen wie ein Honigkuchenpferd und spürte, wie er puterrot anlief. Ein Blick in den Spiegel genügte, um ihm seine überglückliche Albernheit zu präsentieren. 

„Das klingt wirklich schön", sagte Lisa schließlich sanft, als er geendet hatte. „Dieser Cedric scheint ein ganz schön toller Kerl zu sein. Irgendwann musst du ihn hierherbringen."
Allan lachte verlegen auf und strich ich durch die Haare. „Ja, mal schauen..."
„Und wie geht es nun weiter?", wollte Lisa neugierig wissen. „Seid ihr schon zusammen?"
„I-ich weiß nicht genau", erwiderte Allan unsicher. Er richtete den Blick gen Boden. „Darüber haben wir nicht gesprochen. Um genau zu sein, hatten wir zu viel zu tun, um uns um persönliche Probleme zu kümmern."
Lisa seufzte. „Gut, aber das heißt ja nicht, dass ihr nicht noch zusammen kommen werdet."
„Das stimmt", erwiderte Allan leise.
„Al, was ist los? Hab ich was falsches gesagt?" In Lisas Stimme schwang tiefe Besorgnis mit.
Müde fuhr sich Allan durch die Haare. „Es ist nur... du weißt schon." Er schluckte schwer, rieb sich die Augen. „Meine Ängste sind schlimm. Ich weiß nicht, wie ich das aushalten soll."
„Glaub mir, Al, Cedric wird dir mit Sicherheit nicht wehtun", wisperte Lisa aufmunternd. „Er ist nicht dein Vater, sondern dein bester Freund. Er ist der Mann, den du seit Jahrzehnten kennst, und so, wie es sich anhört, liebt er dich. Sehr. Das heißt, dass er dich beschützen wird, verstehst du? Egal, was kommt."
Allan nickte leicht, bevor er sich dran erinnerte, dass Lisa das ja nicht sehen konnte. Er seufzte auf. „Ich habe dennoch Angst, Lisa..."
„Ach Al", wisperte Lisa mitfühlend. „Vielleicht solltest du einfach mit ihm darüber reden. Er wird dir schon zeigen, dass deine Ängste unberechtigt sind."
„Sie sind nicht unberechtigt", protestierte Allan schwach. Er spürte die Tränen in seinen Augen aufkommen. Verzweifelt vergrub er das Gesicht in der freien Hand.
„Al, so meinte ich das auch nicht", erwiderte Lisa sanft. „Natürlich sind deine Ängste berechtigt. Das, was passiert ist, hat dich sehr geprägt, das wissen nicht nur wir beide, sondern ganz sicher auch Cedric. Aber er war nicht derjenige, der sie verursacht hat, und auch jetzt ist er das nicht. Und er wird dir zeigen, dass du keine Angst vor ihm haben musst, weil er dich liebt und du ihm wichtig bist. Er würde dir ganz sicher nicht wehtun. Dafür bist du viel zu wertvoll."
Allan schwieg. Er wusste, dass Lisa wahrscheinlich recht hatte. Und dennoch nagten die Zweifel unerbittlich an ihm.
Es war einfach zu viel passiert, um seine Ängste einfach so leichtsinnig fortzuschmeißen, als gäbe es nichts einfacheres als das.

Nur du zählst...Where stories live. Discover now