Kapitel 36

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Auf Wolken kann man nicht sitzen

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Auf Wolken kann man nicht sitzen. Denn sie bestehen nur aus tausenden winzig kleiner Wassertropfen. Ganz egal, ob Wolke eins oder Wolke sieben – nur Wassertropfen, Wassertropfen, Wassertropfen.

Und ich spürte jeden einzelnen davon, als ich durch sie hindurch fiel – meine Wolke sieben. Sie hielt mich nicht, liess mich fallen, während alle Wassertropfen gefroren und ich die winzig kleinen Stiche spürte, als sie sich in mein Herz bohrten.

Keine Zeit diese Woche, sorry.

Zweimal hatte ich versucht, Austin zu fragen, ob alles in Ordnung war. Ob es ihm gut ginge. Zweimal hatte ich angerufen, zweimal wurde ich ignoriert und zweimal hatte es sich ein bisschen mehr wie gefrorene Wassertropfen in meinem Herzen angefühlt.

Keine Zeit, um mich zu treffen – ja.

Keine Zeit, um mir zu sagen, was los war – nein. Das kaufte ich Austin schlichtweg nicht ab. Nach allem, was geschehen war, nach allem, was wir geteilt, was wir uns gesagt, versprochen hatten, verletzte es mich mehr, als ich erwartet hatte.

Ich bekam ihn nicht zu Gesicht, nie. Eigentlich wäre das nicht weiter verwunderlich gewesen – unsere Vorlesungssäle befanden sich in unterschiedlichen Gebäuden und wenn wir es nicht wollten, liefen wir uns nie über den Weg.

Aber Austin hatte sich quasi bei uns einquartiert, ging bei uns ein und aus, nahm sich aus unserem Kühlschrank, was er wollte, als wäre es selbstverständlich und wir liessen es zu, weil es das war – selbstverständlich.
Es verging normalerweise kein Tag, in dem Dylan und er nicht in der Küche sassen, am laufenden Band Quatsch erzählten, mich aufzogen und meine Coladosen leertranken, weil ich ihnen gesagt hatte, dass sie genau das nicht tun sollten.

Nichts davon geschah, Austin setzte kein einziges Mal den Fuss über unsere Türschwelle, rief an oder hinterliess irgendwo eine Zettelbotschaft und das liess nur einen einzigen Schluss zu: er ging mir aus dem Weg.

Ich liebe dich.

Ich wusste, dass es das war. Der Grund, weshalb er mir aus dem Weg ging. Er hatte es nicht gesagt und jetzt war er dabei, davonzulaufen.

Dylan sah das anders, sagte, er hätte vor Weihnachten wohl einfach viel mit dem Studium zu tun.

Natürlich sagte er das. Er war sein bester Freund. Ich wusste bloss nicht, ob er Austin deckte oder schlichtweg ebenfalls nicht wusste, wo er steckte.

Ich versuchte, mich abzulenken. Versuchte, dran zu glauben, Austin hätte tatsächlich keine Zeit.

Ich versuchte es wirklich, beschäftigte mich so intensiv mit meinen Aufgaben, dass man mich schon beinahe als Vorzeigestudentin hätte bezeichnen können.

Es half nichts. Ich spürte Austins Abwesenheit wie man spürt, dass ein Sturm aufzieht. Die dunklen Wolken hingen tief, der Wind frischte auf, Donnergrollen war aus weiter Ferne zu hören. Kam immer näher. Unheilvoll und unvermeidbar. Denn es gab nichts, was ich dagegen hätte tun können.

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