Kapitel 41

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Bist du da? Jetzt? Bitte

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Bist du da? Jetzt? Bitte.

Eine lächerliche SMS, die eigentlich ein Zettelchen hätte sein sollen, das Austin zwischen seinen Sachen finden und das ihm ein leises Lächeln ins Gesicht zaubern würde.

Aber Austin hätte eigentlich einen Brief verdient und kein nachlässig aus einem Block gerissenes Zettelchen – und deshalb musste eine SMS genügen.

Ich wollte reden. Musste reden. Mit Austin reden. Ihn sehen und wissen, dass er hörte, was ich sagte, dass er verstand, was ich meinte. Ich musste ihm nahe sein, auch wenn ich in Wirklichkeit in einem anderen Sonnensystem zu kreisen schien.

Briefe waren nichts für mich. Sie passten nicht zu mir und deshalb passten sie nicht in diese Situation, denn es ging darum, so ehrlich und aufrichtig und verletzlich wie möglich zu sein.

Zettelchen waren nicht genug. Briefe waren zu viel.

Die SMS war perfekt, weil sie eine Bitte um mehr war, vielleicht auch ein Versprechen, Austin aber gleichzeitig eine Möglichkeit gab, sie zu ignorieren, sollte er mich nicht sehen wollen.

Meine Finger zitterten, als ich auf Senden drückte und als ein Zugestellt unter der Nachricht erschien, holte ich tief Luft.

Austin und ich befanden uns vielleicht auf einem Riesenrad, ganz unten, auf dem Boden, Tiefpunkt erreicht, aber das Gute an Riesenrädern war, dass man sich auf sie verlassen konnte.

Wenn wir sitzenblieben, würde es wieder bergauf gehen. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, um auszusteigen.

Auf Riesenräder war Verlass und darauf vertraute ich.

Ich blieb sitzen und ich musste wissen, ob Austin das auch tat.

Ich wollte das klären. Es in die Hand nehmen. Wenigstens soweit ich das konnte. Die letzte Entscheidung lag bei ihm und obwohl ich normalerweise behauptet hätte, zu wissen, wie er tickte, konnte ich jetzt überhaupt nicht abschätzen, was er tun würde.

Weil ich und er noch nie in einer solchen Situation gewesen waren. Gemeinsam.

Ich konnte nicht wissen, ob die Höhenangst vielleicht doch zu gross werden und Austin vielleicht doch aussteigen würde.

Die Vorlesung ging nur schleppend voran, und das, obwohl ich nicht mal wirklich zuhörte. Meine Gedanken waren überall und nirgends und ganz bestimmt nicht beim Stoff dieses Kurses.

Eigentlich waren sie alle vielmehr bei meinem Handy und der Nachricht, die ich abgeschickt und die Austin noch immer nicht gelesen, geschweige denn beantwortet hatte.

Ich wäre ohne zu zögern mitten in der Vorlesung aus dem Saal marschiert, hätte er sich gemeldet. Wenn er hereinplatzen konnte, um mich zu sehen, dann konnte ich auch genauso gut hinausgehen, um ihn zu sehen.

Aber er meldete sich nicht. Und ich wurde zunehmend nervöser.

»Du solltest aufhören damit«, flüsterte Louna, und ich wusste, ihr musste mein ungewöhnlich unruhiges Verhalten aufgefallen sein. »Er antwortet schon noch. Wahrscheinlich hat er gerade selbst eine Vorlesung und keine Zeit, dir zu schreiben.«

Ja genau, weil Austin sich ja auch immer so viel Mühe gab, aufmerksam zu sein während seiner Kurse. Und weil ich ja selbst auch nicht gerade in einer Vorlesung war und ihm geschrieben hatte.

Er wägte ab. Ich wusste es.

Denn ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er während seiner Vorlesungen nicht deswegen in der letzten Reihe sass, damit er alles im Blick hatte und nichts verpasste, sondern vielmehr um nicht dabei gestört zu werden, wie er der Vorlesung demonstrativ nicht folgte.

Er hatte nicht keine Zeit, um mir zu antworten und er ignorierte die SMS auch nicht.

Er dachte nach und das war bei Weitem das Schlimmste, denn mir wurde zum wiederholten Male bewusst, dass er tatsächlich zum Schluss kommen könnte, dass es besser wäre, wir würden diese Glasscheibe für immer zwischen uns lassen und uns von nun an aus dem Weg gehen.

Es würde uns beiden das Herz brechen, aber vielleicht war seins schon zu oft gebrochen worden, als dass es ihm noch etwas ausmachte.

Mein Handy summte in diesem Moment und es fiel mir beinahe aus der Hand, als ich zusammenzuckte.

Bin zu Hause.

Ich habe geweint beim Kapitel am Sonntag und ich glaube, diesen Sonntag werde ich wieder weinen. Ich glaube, das Kapitel wird mir und Malin und Austin wehtun und ich glaube, ich werde mir selbst wieder mal das Herz brechen, aber ich glaube ganz ganz fest daran, dass es danach besser wird. Es muss.
Auf Riesenräder ist Verlass, ich steige nicht aus.
♥️

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