5 - Das gleiche Tattoo (DAVID)

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Überpünktlich stehe ich am Morgen vor der Bar, warte auf Spencer. Ich werde mich weiterhin von meiner besten Seite zeigen, denn ich glaube so komme ich an mein Ziel.

Ich habe gestern ihre Blicke gesehen, entweder da herrscht Interesse oder sie kann verdammt gut schauspielern.

Als die Blondine nach zehn Minuten immernoch nicht da ist, gehe ich in die Bar, beschließe drinnen zu warten.

Nach einer halben Stunde gehe ich draußen eine rauchen, als ein Taxi vor mir hält, Spencer aussteigt. Sie sieht nicht ganz so fit aus wie sonst.

"Guten Morgen, Spencer", grinse ich breit, bekomme einen Todesblick von ihr.

"Kann man dir helfen? Du siehst fertig aus."

"Was hilft gegen einen Kater?", murmelt sie und ich ziehe schmunzelnd eine Augenbraue in die Höhe.

"Hattest du noch nie einen?"

"Normalerweise ist da nicht viel außer ein paar Kopfschmerzen."

So kann ich heute nicht viel mit ihr anfangen.

"Ich wohne nicht weit von hier und ich habe alles Zuhause für ein leckeres Katerfrühstück. Wenn du willst, dann mache ich dir gern was", schlage ich vor und ich sehe ihren Blick. Sie schaut wirklich nicht gut aus. Außerdem bringt mir das Pluspunkte, wenn ich hilfsbereit bin.

"Das wäre wirklich nett", reibt sie sich über die Schläfe.

"Meinst du, du schaffst den Weg, es sind etwa fünfzehn Minuten Laufweg?"

"Ja, das geht schon", nickt sie mir zu und ich schließe die Kneipe ab und zusammen machen wir uns auf den Weg. Dabei herrscht schweigen. Ich glaube Spencer muss sich darauf konzentrieren, nicht umzufallen, jedenfalls wirkt sie blass um die Nase.

"Wir sind da", ist das erste, was ich sage, als wir vor meinem Block stehen, ich die Haustür aufschließe.

"Ich kann mir vorstellen wie du lebst, also wundere dich nicht, ich habe etwas weniger Geld zur Verfügung", kläre ich sie auf, als wir die Treppen des Altbaugebäudes hinaufgehen.

"Jeder wie er will", zuckt sie nur mit den Schultern, schleift sich hoch.

"Wie weit oben wohnst du denn?", ist sie erschöpft, als wir gerade die vierte Etage passieren.

"Ganz oben, 10. Etage", erkläre ich und ich merke, wie sie hinter mir stehen bleibt.

"Willst du mich verarschen? Ich sterbe ja jetzt schon."

"Komm schon, es ist nicht mehr weit."

"Ich will sterben", murmelt sie, folgt mir mit langsamen Schritten. Da mir das zu langsam geht, lege ich kurzerhand eine Hand an ihren Rücken, eine an ihr Bein und hebe sie hoch. Ohne Proteste lässt sie das über sich ergehen und so erhasche ich einen näheren Blick auf ihr Gesicht.

Trotz das sie so müde aussieht, strahlen ihre grünen Augen. Ich glaube, ich habe selten so schöne Augen gesehen, wie ihre.

"Wenn du mich weiter so hypnotisierst, dann fallen wir vermutlich noch runter", lässt sie mich aus der Trance erwachen, weswegen ich meinen Blick von ihr löse, die restlichen Stufen nach oben steige. Ich kann ein kleines Grinsen auf ihren Lippen entdecken, als ich sie runterlasse, um meine Wohnungstür aufzuschließen.

"Mach es dir einfach bequem, ich mache das perfekte Katerfrühstück für dich", öffne ich die Tür zu meinem Wohn- und Schlafzimmer. Ich gehe währenddessen in die Küche, beginne damit das Frühstück vorzubereiten.

Nach zwanzig Minuten habe ich alles fertig, den Esstisch gedeckt.

"Essen ist fertig", rufe ich, jedoch kommt Spencer nicht zu mir, weswegen ich nach ihr sehe. Ihre Schuhe stehen vor dem Bett, ihre Jacke auf meinem Sofa. Tja und die Blondine liegt schlafend in meinem Bett.

Na schön, wenn sie schläft, dann kann ich das ja wohl auch, denn ich habe eindeutig Schlaf nachzuholen. Ich ziehe mich bis auf die Boxershorts aus, lege mich auf die andere Seite des Bettes und nehme ein bisschen von der Decke an mich.

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Ein spitzer Schrei lässt mich aufwachen, wodurch ich meine Augen öffne. Spencers Hand liegt auf meiner Brust, ihre Augen sind geweitet.

"Ich wurde nie schöner geweckt."

"Wieso liegst du hier halbnackt?"

"Vielleicht weil ich hier wohne?", ziehe ich die Augenbrauen in die Höhe.

Jetzt scheint es ihr auch zu dämmern, wo wir sind und wie wir hierhergekommen sind.

"Es tut mir leid, ich hab mich absolut unprofessionell verhalten", nimmt sie ihre Hand von meinem Körper, fährt sich durch ihre Haare, die vollkommen durcheinander sind.

"Schon gut, ich bin schon in schlechterer Gesellschaft aufgewacht, wobei diese mich nie angeschrien haben", erkläre ich mit einem Schmunzeln und sehe wie ihr Blick meinen Körper auf- und abgleitet.

"Na los, frag", gebe ich ihr einen Anschubser, mich über meine Tattoos auszufragen. Über die Jahre sind es viele geworden, ein paar davon haben Theo und Vicky gestochen. Die beiden prügeln sich regelrecht darum, wer als nächstes die Nadel wieder bei mir ansetzen darf.

"El que se va sin que lo echen vuelve sin que lo llamen", liest sie die Zeilen vor, die knapp über meinem Hüftknochen beginnen. Ihr spanisch ist wie Musik in meinen Ohren. Ich weiß schon, warum ich Frauen aus der Heimat bevorzuge.

"Wer sich grundlos von dir abwendet...", beginne ich zu übersetzen, als Spencer weiterredet, "...kommt irgendwann von allein zurück"

"Du sprichst ja doch mehr spanisch als ich dachte."

"Un poco", grinst sie.

"Was verbindest du mit diesen Worten?", wird sie aber schnell wieder ernst.

"Meine Abuela hat das immer zu mir gesagt. Ihre Worte haben mich sehr geprägt, das war mein erstes Tattoo", erzähle ich und Spencer schüttelt ihren Kopf.

"Was ist?"

"In Spanien leben viele alte Leute mit tollen Weisheiten", spricht sie, knöpft ihre Bluse auf.

Was hat sie vor? Also nicht, das ich ablehnen würde, denn attraktiv finde ich sie aufjedenfall. Dann sehe ich jedoch schwarze Tinte unter ihrem BH. Der gleiche Spruch.

"Ebenfalls mein erstes Tattoo."

"Auch von deiner Abuela?", frage ich und sie nickt grinsend.

"Vielleicht gibt es da so eine Art Pakt bei den spanischen Frauen, dass sie diesen Spruch unbedingt ihren Enkeln vermitteln müssen."

"Klingt logisch, mit der Erklärung gebe ich mich zufrieden", stimme ich ihrer blühenden Fantasie zu und sie knüpft ihre Bluse wieder zu.

Schade. Aber gut, vielleicht muss ich mir etwas mehr Mühe geben, als mich nur zu entblößen neben ihr.

Spencer schaut auf ihre Armbanduhr, steht dann vom Bett auf.

"Ich muss los, ich habe noch einen wichtigen Termin", erklärt sie die Aufbruchstimmung, zieht sich Jacke und Schuhe an.

"Ich bring dich noch zur Tür", raffe auch ich mich auf, folge ihr durch die Wohnung bis zur Tür.

"Danke nochmal für den Schlafplatz und sorry das ich dein Frühstück nicht würdigen konnte."

"Kein Problem, so ein großer Aufwand war es nicht. Geht es dir denn wieder besser?"

"Ja, ich bin definitiv erholter. Ich habe die Möbel in Auftrag gegeben und wenn du willst, dann setze ich heute noch eine Anzeige ins Netz für neues Personal", wechselt sie wieder zum Business, richtet sich im Flurspiegel nochmal die Frisur. Viel retten kann sie da nicht mehr, aber jetzt sieht sie nicht mehr aus, als wäre sie frisch durchgevögelt.

"Kling super, wenn ich was tun kann, dann sag Bescheid", biete ich meine Hilfe an, obwohl ich glaube, dass Spencer die Sache auch gut ohne mich im Griff hat.

"Du kannst dir ja weiter einen neuen Namen überlegen", lächelt sie unschuldig, verabschiedet sich mit einem Kuss auf die Wange von mir, "Wir schreiben."

Dieses Biest!

Da haben die beiden ja ihre erste Gemeinsamkeit. :D

TentadorWhere stories live. Discover now