Kapitel 22

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Vicky

Auch noch Stunden nach dem Kuss, den Mike mir auf die Wange gedrückt hat habe ich Herzklopfen. Obwohl das ja nicht das erste mal ist, dass Mike mir einen freundchaftlichen Kuss auf die Wange gegeben hat. Total unschuldig und harmlos. Oder war dieser Kuss doch nicht so unschuldig? Bestimmt bilde ich mir das nur ein. Ich meine er hat ja vor einiger Zeit erst seine Frau verloren. Das kann also nicht sein oder? Darf ich mir das übehaupt wünschen?

Und warum ist es jetzt so komisch zwischen uns. Wir können uns den ganzen Tag nicht in die Augen sehen. Entweder guckt er in die andere Richtung oder ich blicke schnell auf mein Handy oder meine Uhr. Wir haben auch den ganzen Tag kein Wort mit einander gesprochen. Nicht seit unserem späten Frühstück, nicht bei dem Soundcheck und nicht vor dem Interview. Dem ersten nach Anna's Tod. Ich fühle mich ein wenig schuldig ihm vorhin nicht dabei zur Seite gestanden zu haben. Oder versucht zu haben ihn zum lachen zu bringen. Jetzt sitzt er da mit den Jungs und beantwortet tapfer die Fragen der Journalisten. Für jemanden, der ihn nicht kennt, wirkt er entspannt, doch ich sehe die angespannte Haltung seiner Schultern. Chester sitzt dicht neben ihm und stupst ihn zwischen durch aufmunternd mit dem Fuß an. Auch er scheint die Anspannung zu spüren.

Bitte bitte bitte, lass den Reporter nicht Anna ansprechen. Bitte. "Mike sie haben eine schwere Zeit hinter sich. Wie geht es Ihnen jetzt? Wie haben Sie den Tod ihrer Frau verarbeitet?", fragt in diesem Moment der Inetrviewpartner.

Scheiße.

Mike zuckt zusammen um im nächsten Moment zu einer Säule zu erstarren. Chester rückt merklich näher und streicht Mike nun beruhigend über den Arm. "Wie ich den Tod von meiner Frau verarbeitet habe? Ist das ihr Ernst?", fragt er in einem deutlich gereitztem Ton. "Ja. Das ist meine Frage. Wie schaffen Sie es sich auf die Bühne zu stellen? Müssten Sie nicht bei ihrer Familie sein.?", bohrt der Journalist weiter. Nicht gut. Mike stehen die Tränen in den Augen.

"Wissen Sie ich weiß nicht ob Sie schon einmal was von Anstand oder gutem Benehmen gehört haben, aber das ist das Letzte. Sie fragen mich ob ich bei meinen Kindern sein müsste? Ja das müsste ich und das würde ich im Moment lieber tun, als mit Ihnen zu sprechen. Anna war die Liebe meines Lebens und alles was ich habe ist meine Musk. Deshalb bin ich wieder auf Tour mit der Familie die ich noch habe. Sie sind ein Arsch! Schönes Leben noch!!", Mike springt auf und verlässt das improvisierte Set und stapft Richtung Ausgang des Konferenzraumes. Den Rest seiner Antwort hatte er geschrien. So kannte ich ihn nicht. Der Kameramann stoppt die Aufnahme. "Arschloch", sagt Chester und steht ebenfalls auf.

Mike geht an mir vorbei, nein rennt ohne mich zu beachten. Ich versuche ihn am Arm zu halten, aber entreißt sich mir. Der Fakt, dass er sich benimmt als habe er sich an meiner Hand verbrannt verletzt mich. Ein kleiner dunkler Fleck breitet sich auf meinem Herzen aus. Er heßt Enttäuschung. Enttäuschung von dem anscheinend doch magelnden Vertrauen.

Ohne das ich lange nachdenke renne ich ihm nun doch hinterher. "Vicky ..nicht", höre ich eine Stimme und spüre eine Hand die nach mir greift. Aber auch ich bin zu schnell. "Lass sie. Sie weiß was sie tut.", höre ich Brads Stimme die beruhigend auf die Anderen einspricht.

Wo ist er? Wo könnte Mike hingelaufen sein? Zum Tourbus? Wahrscheinlich. da hatte er sich schon immer besonders wohl gefühlt. Der Bus war schon immer ein zweites Zuhause für ihn. Im Laufschritt bewege ich mich in Richtung Bus. Dort angekommen stelle ich fest das die Tür offen steht. Mike ist also da. "Mike...?", rufe ich. Keine Antwort. "Mikey bitte. Sprich doch mit mir.",schluchze ich. Denn auch mich hat die Situation nicht kalt gelassen. Ich betrete den Tourbus und sehe meinen besten Freund auf dem Schlafsofa sitzen. Die Hände vor das Gesicht geschlagen. Ein leises Wimmern von sich gebend. Neben ihm liegt ein Foto von Anna und den Kindern.

Mein Herz verkrampft sich. Wie soll ich ihn nur trösten? Vorsichtig berühre ich ihn an der Schulter. Streichele langsam über sie. Plötzlich sieht er mit verquollenen Augen zu mir hoch. "E...es tut m..mir so leid. Ich wusste nicht wohin mit mir. I..i..ich wollte es nicht versauen. Bitte s..sag das denn Anderen...", schluchzt er so das ich ihn nur mit Mühe verstehen kann. Ich bewege mich auf ihn zu und ziehe ihn an mich. Sein Gesicht ist nun an meinen Bauch gepresst und ich halte ihn so fest wie ich noch nie jemanden festgehalten habe. Aus Angst, dass Mike durch sein heftiges Schluchzen zerbrechen könne. als ob ich ihn zusammenhalten müsste. Auch meine Schultern zucken von den unterdrückten Schluchzern, die Mike jetzt nicht belasten sollen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hört Mike auf zu schluchzen und sein Atem normalisiert sich. Seine Hände die sich zuvor in meinem Shirt verkrallt haben streicheln nun über meinen Rücken. Ob es ist weil er meinen Schmerz ebenfalls spürt oder um sich selbst entspannen zu können weiß ich nicht. Meine rechte Hand löst sich und beginnt ihm durch die Haare zu streicheln, dann wandert sie zu seinem Gesicht und ich kann nicht widerstehen seine Nase anzustupsen.


Ein leichtes Lächeln breitet sich in seinem Gesicht aus und ich weiß, dass wir keine worte brauchen um zu verstehen, dass wir uns brauchen. Unsere gewohnte Vertrautheit ist zurück und das ist das wichtigste auf der ganzen Welt.

Hallo ihr Lieben, hier ist das neue Kapitel. Ich stecke im Momet in der Lernphase für die Klausuren in der Uni. Also kann ich leider nicht sagen in welchem Rhythmus neue Kapitel erscheinen. Lg

Crossing a lineWhere stories live. Discover now