6. Kapitel - Nachwuchs

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Langsam löste sich Orima von mir und betrachtete mich ein wenig besorgt.
„Anhand deiner Reaktion vermute ich mal, dass du der Armee nicht beitreten möchtest?", hakte sie nach und augenblicklich spannte ich meinen Körper ein wenig an.
„Nein". Diese Antwort ließ sich zwar leicht missverstehen, allerdings konnte ich mich auf Orimas Verständnis verlassen.
„Darf ich fragen warum?", wollte sie ein wenig beunruhigt wissen. Ich war kurz davor erneut ein stures nein verklingen zu lassen, rang mir dann allerdings doch eine halbwahre Antwort ab.
„Ich unterstütze ihre Ansichten nicht". Orima nickte nur ein wenig irritiert, las allerdings an meinem Verhalten, dass ich nicht weiter darüber sprechen wollte und ließ mich auch in Ruhe.
Bevor ich mir noch weiter Gedanken darüber machen konnte, drückte meine Mutter mir einen Eimer in die Hand und einen zweiten in die andere und schickte mich zum Wasser holen. Bei der Quelle angekommen fiel mein Blick auf eine Sonnenuhr, welche in der Nähe des kleinen Teiches stand. Es war nun bereits fast eine ganze Stunde vergangen seit ich von dem Trainingsplatz davon gelaufen war.
Hatte ich nicht jetzt noch etwas vor?
...
Verdammt! Lya!!!
Mit eiligen Bewegungen tauchte ich die Eimer ins Wasser und sprintete zu unserem Haus zurück. Damit ich schneller fertig werden würde, band ich die Eimer an dem Tuch fest, sprintete die Stufen hinauf und zog die Eimer so schnell ich konnte auf die gleiche Höhe. Dort angekommen hiefte ich die Last über die Reling und trug sie zu meiner Mutter.

„Ich hab meine Verabredung mit Lya total vergessen! Ich helfe die später weiter ja?! Es tut mir leid! Ich habe dich lieb! Ich komme später wieder!", rief ich gehetzt und stellte die Eimer dabei so vorsichtig wie ich in meiner Eile konnte ab. Orima lachte leise über meine Tollpatschigkeit und scheuchte mich kopfschüttelnd aus dem Haus.

So schnell ich konnte huschte ich über die Brücken, die die verschiedenen Bäume und Häuser miteinander verbanden. Einige Male rannte ich dabei auch beinahe andere Elfen um, konnte allerdings immer rechtzeitig auf die Geländer der Brücken springen und mit leichten Schritten an den anderen vorbei tanzen. Es hatte dann doch Vorteile von der eigenen Mutter zu einer Lufttänzerin trainiert worden zu sein.

Die verschiedenen Gebäude rasten an mir vorbei und wenige Minuten später war ich die Strecke, die ich zuvor am Boden gelaufen war, auch in schwindelerregender entlang gesprintet. Außer Atem stürmte ich die Stufen des Hauses hinunter, an dem ich nun angekommen war. Esben und Daphne, die zwei Elfen die hier lebten waren solche Aktionen von mir schon gewohnt. Der gutherzige Bibliothekar und die etwas aufgewecktere Schmiedin lachten mir daher auch nur zu, als ich an ihnen vorbei stürmte.

„Nächstes Mal gehst du aber etwas früher los!", rief Daphne mit frech hinterher. Die junge Schmiedin kannte ich bereits etwas besser, da meine Mutter und ich bei ihr immer mal wieder das kauften, was wir benötigten. Bei diesen Einkäufen hatte ich mich dann auch für meine sich immer wieder wiederholenden Sprints bei ihr entschuldigt. Als eine von wenigen hatte mir die Elfe versichert, dass sie es vielmehr lustig fand. Seither besuchte ich sie gerne, wenn ich die Zeit dazu fand. Gemeinsam mit ihr hatte ich auch mein Schwert geschmiedet. Der einzige Grund, warum dieses keine volle Katastrophe wurde, war ihre tatkräftige Unterstützung; sowohl bei dem Prozess selbst, als auch bei dem Versuch mir etwas mehr Motivation zu geben. Da ich zu dieser Zeit viel bei ihr war, konnte ich auch ihren Seelenverwandten kennen lernen. Esben hatte im Gegensatz zu ihr ein sehr viel ruhigeres Gemüt.

„Ich geb doch mein bestes!", rief ich zurück und wandte mich ihr zu, sodass ich rückwärts weiterlief. Das leise Plätschern von Wassereimern ließ mich wieder etwas mehr auf meine Umgebung achten und grade noch so konnte ich dem Elfen ausweichen, der in diesem Augenblick auf mich zu lief. Er war etwas Älter und von seiner Statur her vermutete ich, dass er ein Soldat war. Mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck hielt ich inne und wollte fragen, ob alles in Ordnung sei. Sein genervter Blick brachte mich dann doch zum Schweigen. Wortlos wanderte er weiter und ich merkte nur wie Daphne mit einem amüsierten Blick zu mir kam.
„Das solltest du doch mittlerweile auch gelernt habe, Nyra", tadelte sie mich; zeigte der Ausdruck in ihren Augen jedoch nur Belustigung. Auch Esben gesellte sich zu uns und legte seiner Tarsa seinen Arm und die schmale Taille. Grinsend blickte er dem fremdem Elfen hinterher und sah mich kopfschüttelnd an. Ich zog schuldbewusst die Schultern ein.
„Wie geht es euch?", fragte ich höflich, obwohl mir der Zeitdruck trotzdem noch im Kopf herum schwirrte.
„Ausgezeichnet! Es läuft alles sehr gut! Und warum bist du heute wieder in solcher Eile?", lächelte Daphne glücklich und verschränkte ihre Hand mit Esbens.

Nyra - Die VerbannungWhere stories live. Discover now