22. Kapitel - Grenzüberschreitung

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Conan regte sich kurz nach meiner Landung wieder auf meinem Rücken. Seine Verwirrung strahlte beinahe in Wellen von ihm aus, während er etwas verkrampft versuchte seine Beine trocken zu halten. Unangenehm drückten sich seine Knie in meinen Rücken, als er sich hinhockte. Dennoch beschwerte ich mich nicht, da er, wie ich es von ihm erwartet hatte, die Taschen ebenso trocken hielt.

Stumm tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass es nur noch eine kurze Zeitspanne brauchen würde, bis die Elfen uns offiziell nicht mehr angreifen durften. Der Gedanke, dass sie sich in meinem Belang nicht an ihre eigenen Grenzen halten würden, war schon vor langer Zeit in meine Gedanken geschlichen, doch hatte ich diesen Verdacht bisher erfolgreich verdrängt.
„Warum bist du gelandet? Wir sind noch nicht da, falls du das nicht erkannt hast. Die Grenze liegt noch in einiger Entfernung beinahe am Ursprung des Flusses". Er stockte kurz bevor er noch etwas hinzufügte, was mich meine bisherige Abneigung gegen ihn nicht vergessen ließ. „Aber wahrscheinlich wusstest du das nicht, so selten wie du beim Unterricht anwesend warst".

Die Situation erinnerte mich an so viele Momente aus meinen Lebzeiten im Elfenwald. Derartige indirekte negative Kommentare waren nicht selten gewesen. Vor allem nicht von Conan.
Hatte zwar zuvor niemand gewusst, was ich war, war mein Verhalten dennoch nicht selten als negativ aufgefallen. Meine Reaktion war auch bis zu diesem Tag gleichgeblieben. Ich schluckte meinen Zorn hinunter und lenkte von dem Thema ab.

„Sei einfach froh, dass wir nicht mehr fliegen". Zu meiner eigenen Freude ließen diese Worte ihn wirklich verstummen und so verbrachten wir die nächsten Stunden in friedlicher Stille, die nur von dem Rauschen des Flusses unterbrochen wurden, dessen Wellen an meinem eigenen Körper brachen. Als die Sonne bereits langsam unterging und die Stämme am Ufer von dem warmen Licht bestrahlt wurde, konnte ich eben diese Bäume bereits schon nicht mehr auseinanderhalten. Die Natur sah so gleich aus und doch ließ sie sich nicht mit den Tiefen des Elfenwaldes vergleichen.

„Oh nein". Conans leiser Ausruf unterbrach unsere friedliche Stille. „Es wäre besser, wenn du jetzt wieder fliegst, Nyra", bemerkte er gleich darauf und spannte sich sichtlich an.
Unter normalen Umständen, wäre ich mit diesen Worten aufgesprungen und abgehoben. Doch ich spürte wie meine Rechte Schulter immer mehr und mehr versagte.

„Du hast Angst vor Höhen, möchtest aber plötzlich wieder dort hinauf? Was lässt dich mehr Furcht verspüren, als der Grund warum du dich auf meine Schulter übergeben hast?", knurrte ich misstrauisch. Aufmerksam lauschte ich nach Geräuschen, doch das Wasser, welches nur knapp an meinen Ohren vorbei floss, übertönte beinahe jeden Laut.

„Dieser... Bach. Er endet bald. Und dann sind wir immer noch im Elfenreich", erklärte er unruhig. Den Bewegungen auf meinem Rücken entsprechend, glaubte ich zu wissen, dass er sich verzweifelt umschaute.

„Dann laufen wir". Er antwortete mir augenblicklich. Zugleich spürte ich, wie meine Tatzen den Grund des Baches berührten und ich mich triefend aus dem Wasser erhob.
„Du weißt noch, dass mein Vater im Militär tätig ist?", fragte er zögerlich nach.
„Komm auf den Punkt!", fuhr ich ihn unfreundlich an. Seine Nervosität übertrug sich auf mich. Zusätzlich brach mein rechtes Vorderbein beinahe unter mir weg und unsicher musste ich anhalten.

„Hier in der Nähe ist einer der Basen, welche die Grenze nach außen Schützen. Wir müssen hier weg. Jetzt!", warnte er mich. Mehr hätte ich ihm nicht zustimmen können, als die leisen Schritte der Elfen bereits durch den Wald hallten.

„Kannst du laufen? Mein Bein hält dein Gewicht nicht mehr", warnte ich ihn. Ohne zu klagen sprang er ab und gemeinsam hechteten wir aus dem Flusslauf. Conan lief neben mir, da ich die brennende Wunde ausnahmsweise nicht ignorieren konnte und so neben ihm her humpeln musste.

Nyra - Die VerbannungHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin