16. Kapitel - Das Monster

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Der folgende Tag war anstrengend und nervenaufreibend. Als ich meine Augen das erste Mal öffnete, war die Höhle in ein dämmriges Licht getaucht und das dunkelgraue Gestein funkelte schwach. Es war eine Herausforderung aufzustehen, oder gar mich aufzurichten. Meine Muskeln beklagten sich nun lauthals über die übermäßig starke Nutzung am Vortag. Besonders meine Schultern brachten mich um. Schwer bereute ich im Nachhinein die vielen Sturzflüge, bei denen meine Muskulatur mein ganzes Gewicht immer wieder hatte abfangen müssen.

Der Schmerz in meinem überbeanspruchten Körper trieb mir gemeinsam mit meinen Verletzungen fast die Tränen in die Augen, als ich mich das erste mal regte. Leise fluchend ließ ich mich wieder zurück fallen und versuchte mich geistig auf die Qualen vorzubereiten, die auf mich zu kommen würden. Nach fünf Atemzügen, wobei ich leise hinunter zählte, stoppte ich meine Pause und hievte mich mit all meiner Willenskraft hoch. Keuchend saß ich nun wieder mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt und war erleichtert über die Nähe des Korbs, in dem mein Proviant lag. Da ich am Vortag nur zwei Stücke Brot gegessen hatte, machte sich mein Magen nun lauthals bemerkbar. Gierig schaufelte ich das Essen in mich hinein, über die Unversehrtheit der Nahrung erleichtert. Als das Sättigungsgefühl meinen verkrampften Magen entspannte, seufzte ich erleichtert auf.

Noch nicht dazu bereit ganz aufzustehen, saß ich einige Stunden auf dem Boden und grübelte über alles nach. Nicht gerade selten durchzogen mich dabei ähnlich dunkel Gedanken, wie am Vortag. Das salzige Wasser aus meinen Tränendrüsen verklebte ständig meine Wangen. Mein altes vollkommen zerstörtes Hemd wurde zu Tüchern zerfetzt in welchen ich meine Nase regelmäßig putzte.

Obwohl ich regelmäßig von Weinkrämpfen geschüttelt wurde, breitete sich langsam ein Entschluss in mir aus...

König Balthaïr hatte gesagt, ich könne bis zum Abend diesen Tages bleiben, bevor die Soldaten mich jagen würden. Als ich anhand des Sonneneinfalls an dem Höhleneingang erkannte, dass langsam es Nachmittag wurde, rappelte ich mich langsam auf. Jeder Muskel meines Körper schrie dabei auf und als ich letzten Endes stand, drehte sich die Höhle für einige Sekunden um mich. Dennoch biss ich stur meine Zähne fest zusammen und begann damit alles was in der Höhle lag, was ich noch in irgendeiner Form gebrauchen könnte, in den Korb zu legen.
Es war erstaunlich wenig.

Trotz meines geringen Eigentums dämmerte es bereits, als ich fertig war. Ich hatte es mich sogar gewagt ein wenig hinaus zu treten, damit ich meinen Wasserschlauch auffüllen konnte und mir noch mehr Obst pflücken konnte, mit welchem ich mir auch direkt erneut meinen Bauch voll schlug. Als die Lichtstrahlen also bereits in die Höhle hinein fielen, wollte ich meinen Korb packen. Da ich nun durch die begrenzte Aufenthaltserlaubnis paranoid wurde, fielen mir schnell die leisen Schritte auf, welche von dem Stein weiter getragen wurden. Mein Herz machte einen Satz und ohne nachzudenken hielt ich meinen Atem an und drängte mich in die dunkelste aller Nischen zurück. Der einzige Grund, warum ich in diesem Moment nicht die Schuppen über meine Haut rasen ließ, war die Anzahl der Fußstapfen.

Es war nur eine Person.

Konnte es einfach nur ein Elf ein, der zufällig an der Grimsarn- Schlucht spazieren ging? Oder einer der vielen Sammler?

Als die Person jedoch immer näher kam und ihre Schritte nicht in eine andere Richtung schwänden, verkrampfte ich mich. Zittrig und mit großen Augen hielt ich den Eingang im Blick und bereitete mich innerlich bereits darauf vor, mich aus der Höhle heraus kämpfen zu müssen. Warum ich nicht bereits aus der Höhle gestürmt war, wunderte mich selbst. Lag es daran, dass es nur eine Person war? Hatte ich die Hoffnung, dass Orima oder Lya vorbei schauten? Obwohl sie unmöglich meinen Aufenthaltsort kennen konnten? Oder war es letzt endlich mein Körper, der mir den Dienst versagte und auf eine weitere Pause hoffte?

Nyra - Die VerbannungWhere stories live. Discover now