8

40 3 1
                                    

»Don't you know too much already?
I'll only hurt you if you let me
Call me friend but keep me closer
And I'll call you when the party's over
Quiet when I'm comin' home and I'm on my own
And I could lie, say I like it like that«

when the party's over - Billie Eilish

„Als ich noch in der Schule war, ist bei uns dieses Lied auf jeder Party gelaufen. Irgendwer hat es mal gespielt, es ist gut angekommen und die Sache nahm ihren Lauf", erklärt Aaron auf dem Weg nach drinnen."Da werde ich ein wenig nostalgisch."

„Du klingst ja so als ob du schon voll alt wärt, so viel älter als ich bist du doch gar nicht."

Als wir im Wohnzimmer sind, welches als Tanzfläche dient, bewegt sich Aaron im Rhythmus der Musik. Ich kenne das Lied nicht, aber es ist echt ganz okay im Gegensatz zu dem, was sonst so läuft heute. Trotzdem nicht das, was ich so normal höre. Von meiner Playlist kam sicherlich noch nie ein Lied auf einer Party.

Wie Aaron tanz und mitsingt und alles um sich herum vergisst, sorgt dafür, dass ich meinen Blick nicht von ihm abwenden kann. So könnte ich ihm ewig zusehen und ich bekomme durch ihn wirklich Lust, auch zu tanzen. Mit meiner Konzentration auf Aaron fokussiert, fällt es mir erstaunlich leicht einfach mal loszulasen. Jetzt singe auch ich lautstark mit. Irgendwie kann ich mich ein wenig mit dem Text identifizieren. Baby, du siehst gut aus, ich will dich tanzen seh'n. Wenn das nicht gerade dazu passt, wie ich Aaron sehe... Als der Sänger „Du bist so garnicht Schicki-Micki, das sieht man nicht jeden Tag, du bist so seltsam selten und das ist es, was ich an dir mag", singt lächelt mich Aaron mit einem Lächeln an, das Massen an Endorphinen in meinem Körper erzeugt. Kaum zu glauben, dass ich mich auf einer Party doch noch so wohl fühlen kann wie jetzt gerade.

Noch während er und ich und gegenseitig die Lyrics ins Gesicht brüllen (man kann es beim besten Willen nicht als Singen bezeichnen), kommen wir uns inmer näher. Plötzlich sind da nur noch er und ich im Raum. Natürlich nicht wirklich, aber ich blende alle andern aus und verliere mich in Aarons Augen. Erst, als das Lied aus ist, meke ich, dass ich seine Hände genommen habe, wir gemeinsam getanzt haben und Blicke auf uns ruhen. Ich höre viele leise Stimmen und kann sehen, wie sie alle reden. „Ist er schwul?" oder „Schwuchtel" höre ich um mich herum. Einmal habe ich losgelassen, habe mich nicht bemüht, mich vor ihnen allen zu verstecken und jetzt werde ich die Konsequenzen zu spüren bekommen. Mir wird auf einmal ganz schlecht. „Tut mir leid, ich muss hier raus."

In meiner Brust breitets sich eine unbeschreibliche Enge aus, ich kann kaum atmen und doch verlasse ich ziemlich schnell das Haus. Draußen angekommn setzte ich mich auf einen Gartenstuhl. Ich habe das Gefühl ich ersticke oder mein Körper gibt einfach den Geist auf. Fast schon zu bildhaft höre ich die Stimmen von Leuten in meinem Kopf, die mich auslachen und beleidigen, nur weil ich schwul bin, ich male mir die unschöne Reaktion meines Vaters aus, wenn er es herausfindet, sehe wie in Blitzen, wie ich eben angeschaut wurde von einigen. Mein Herz ist kurz davor zu zerreißen. Irgendwas muss es doch geben an dem ich mich fest halten kann, mir die Kontrolle holen, aber es gibt nichts. Ich habe mich losgelassen und jetzt falle ich. Immer tiefer, immer schneller. Dabei dann Leute die über mich lachen, mir fiese Dinge an den Kopf werfen. Krampfhaft versuche ich gegen dieses Gefühl anzukämpfen. Ich muss stark sein, dann schaffe ich das, doch es wird einfach immer schlimmer. Plötzlich greift auch noch irgendwer nach mir und drückt mich ganz fest. Ich kriege noch weniger Luft, versuche die Person wegzudrücken, doch kann mich nicht bewegen. Es ist, als ob ich nicht mehr ich selbst bin. Ich brauche einen Arzt. Da muss doch was nicht mit mir stimmen, so fühlt es sich vielleicht an zu sterben.

Fehlkonstruktion [boyxboy]Donde viven las historias. Descúbrelo ahora