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»And I could easily lose my mind
The way you kiss me will work each time
Pulling me back into the flames
And I'm burning up again«

Georgia - Vance Joy

Mein Wecker klingelt. Erstaulicher Weise schaffe ich es sogar auf Anhieb aufzustehen. Die letzten Tage waren unangenehm, das hat sich auch deutlich gezeigt indem ich morgens nur schwer aus dem Bett gekommen bin. Nachdem ich mich vor meinem Vater geoutet habe und er mir gesagt hat, dass Jessica schwanger ist, habe ich mich in negativen Gedanken verloren. Ich denke immer wieder ist man halt an solchen Punkten. Das Wissen, dass Aaron Gefühle für mich hat und wir beide es einfach schon seit Tagen totschweigen, macht es alles nicht besser. Immerhin beginnt der Tag heute schon mal deutlich motivierender als die letzten. Vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen.

Noch vor dem Frühstück greife ich zum Telefon, um bei meiner Mutter anzurufen.

„Lucas?", fragt sie direkt nach dem ersten Klingeln. So früh geht sie eigentlich nie dran.

„Hi, Mama. Ich bin's, wie immer. Wie geht es dir?"

Ich höre irgendwelche Geräusche im Hintergrund, als ob sie etwas herumräumen würde. „Bestens! So gut wie lange nicht mehr. Ich habe heute Kuchen gebacken. Komm doch vorbei, dann können wir zusammen essen. Es ist viel zu viel für mich alleine." Sie klingt ganz aufgedreht. „Ach, Lucas! Heute ist so ein schöner Tag, ich habe schon so viel tolles heute gemacht!"

Wir haben noch nichtmal sieben... das klingt für mich alles nicht so gut. Das ist nicht wirklich meine Mutter. „Bitte sei ehrlich zu mir. Nimmst du deine Medikamemte?"

„Aber natürlich." Es klingt nicht wirklich so.

Während dem restlichen Gespräch wirklt sie weiterhin total aufgedreht und nicht so wirklich bei der Sache. Auch wenn sie der Überzeugung ist, dass es ihr bestens geht, macht sie auf mich absolut nicht den Eindruck. Wenn sie wirklich ihre Tabletten nicht mehr nimmt ist das gar nicht gut. Am liebsten würde ich zu ihr fahren und nach ihr sehen, aber ich muss in die Schule. Irgendwas muss ich doch machen können.

„Papa, ich glaube Mama nimmt ihre Medikamente nicht mehr", sage ich zu meinem Vater, in der Hoffnung, dass er vielleicht hilft.

„Sie ist eine erwachsene Frau, das ist ihr Problem wenn sie die nicht nehmen will." Wieso war es klar, dass er wieder einen dummen Kommentar ablässt? Es kann doch nicht sein, dass ein gebildeter Mann wie er eine psychische Krankheit so sehr herunterspielt.

***
So sehr ich es auch versuche, ich kann mich einfach nicht konzentieren. In Bio machen wir gerade Neurologie, was ich ja eigentlich total interessant finde, aber ich kann nicht eine Sekunde bei der Sache bleiben. Meine Gedanken kleben förmlich an meiner Mutter.

Als ich in der Pause auf dem Weg vom Naturwissenschaftstrakt zum Pausenraum Aaron begegne, sind meine Gedanken für einen kleinen Momemt bei einem anderen Thema, als bei meiner Mutter. Dumm nur, dass all das Ungeklärte zwischen Aaron und mir nicht viel motivierender ist. Schnell schweifen meine Gedanken aber zu dem Telefonat von heute morgen zurück.

Er fragt mich, ob ich die Pause bei ihm bleiben will und wir gehen in den Raum des Hausmeisters. „Hey Lucas, was ist los? Du siehst nicht so gut aus."

„Meine Mutter..." Er weiß, dass sie krank ist, mehr aber auch nicht. Jetzt da ich es angesprochen habe, sollte ich ihm alles erklären. Ich kann Aaron vertrauen. „Sie ist bipolar und nimmt deshalb Medikamente. Da sie nicht hier wohnt, rufe ich jeden morgen an, um zu schauen wie es ihr geht. Heute ist sie seltsam drauf gewesen... ich denke sie nimmt ihre Tabletten nicht mehr. Ich würde gerne zu ihr, was machen, aber ich fühle mich so hilflos. Mein Vater nimmt das alles einfach nicht ernst genug. Er hat sie aber auch verlassen, weil er mit all dem nicht klargekommen ist. Mit den Medikamenten hat sie die Krankheit ganz gut im Griff. Eigentlich." Wirklich ins Detail gehe ich nicht.

Fehlkonstruktion [boyxboy]Where stories live. Discover now