»You're a poison and I know that is the truth
All my friends think you're vicious
And they say you're suspicious
You keep dreaming and dark scheming
Yeah, you do«

I Feel Like I'm Drowning - Two Feet

Er macht mir Angst. Seine Wortwahl, sein Blick, wie seine Hände zittern, alles. Ich will ehrlich gesagt nicht hören, was jetzt kommt, aber es liegt Aaron auf dem Herzen und er ist mein Freund, was auch immer es ist, da muss ich jetzt durch.

„Oh Mann, ich weiß gar nicht, wie ich dir das sagen soll, geschweige denn, womit ich anfange." Seine Nervosität färbt extrem auf mich ab. „Ich mach's kurz und schmerzlos. Ich bin mir sehr sicher, dass dein Vater nicht unschuldig ist, da Mona die Person ist, die ein Verfahren gegen ihn eingeleitet hat."

Ich habe gehört, was er da gesagt hat, nur mein Kopf kommt nicht so ganz mit. Erst ganz langsam setzt der Schock über Aarons Worte ein und auf einmal fühle ich gar nichts mehr. In meinem Kopf legt sich ein Schalter um und fühle mich wie eine durchgebrannte Glühbirne.

Aaron schluckt. „Es tut mir so, so leid. Ich hätte es dir früher sagen sollen, aber ich habs einfach nicht aussprechen können. An dem Abend an dem Mona so aufgelöst war, ist es passiert. Dein Vater hat sie unter einem Vorwand zu einem Einzelgespräch geholt und dann ist er ihr zu nahe gekommen, hat sie angefasst. Wer weiß was passiert wäre, wenn sie nicht abgehauen wäre. Was rede ich hier eigentlich, das willst du sicherlich nicht hören, du weißt schon genug."

In meinem Kopf spielt sich ein Film ab. Die Gerüchte über meinen Vater, seine Beziehung mit Jessica, Sophie, die meint was über meinen Vater zu wissen, dass früher oder später eh rauskommt, die weinende Mona, die Suspendierung meines Vaters. Manches beginnt so langsam Sinn zu ergeben, doch dass mein Vater jemandem etwas so schlimmes antut geht einfach nicht in meinen Kopf. Und warum hat Sophie nichts gesagt, wenn sie was wusste? Naja, das ist jetzt nebensächlich.

„Ich muss mich entschuldigen, ich hab mich ignorant verhalten." Jedes einzelne Wort kostet mich unheimlich viel Mühe. „Bist du dir sicher, dass sie die Wahrheit sagt oder es da nicht eine Erklärung gibt? Ich kann es nicht glauben. Er ist mein Vater... er macht sowas nicht... Papa kenne ich besser als deine Schwester, ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich vertraue dir, aber mein Vater... a...aber warum sollte Mona lügen?"

Ohne zu zögern nimmt mich Aaron in den Arm. „Es ist schwer das zu glauben. Ich weiß. Leider kann ich dir auch nicht übel nehmen, dass du zweifelst. Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, wie du dich fühlen musst."

Egal wie sehr ich mich anstrenge, ich kriege kein Wort mehr heraus. In Sherlock Holmes heißt es so schön, dass etwas, egal wie unwahrscheinlich es ist, die Lösung sein muss, wenn alles andere nicht möglich ist. Dummer Weise stehe ich hier vor zwei Möglichkeiten, die ich getrennt voneinander ohne zu zögern glauben würde.

Ich habe Monas Reaktion gesehen, an dem Abend, an dem es passiert ist. Das war echt. Wieso sollte Mona lügen? Aber warum würde mein Vater so etwas tun? Erzählz hätte er es mir auf jeden Fall nicht. Oh Gott, das was Aaron hier sagt, muss wirklich wahr sein. Was habe ich nur getan? Ich hab mich wie ein Idiot verhalten, wie eine Person, die ich nicht sein will. Mir wird schlagartig total schlecht. Ich schiebe Aaron von mir weg und laufe ins Badezimmer. Mein Mageninhalt würde sich nicht gut auf Aarons Bett machen.

Aaron kommt mir hinterher. Dass er mich so sieht, hätte ich mir gerne erspart. Immerhin ist er mein Freund und es ist bestimmt nicht romantisch, mich mit dem Kopf über einer Kloschüssel zu sehen.

„Ich wünschte ich könnte etwas an der Situation ändern, Lucas. Entschuldigung, dass ich es dir so sagen musste."

Der Gedanke, dass mein Vater niemandem sowas antun könnte, verlässt meinen Kopf einfach nicht. „Ich kann einfach nicht glauben, dass mein Vater das getan hat. Er hat mir so viel gegeben, er hat mich zu der Person gemacht, die ich bin. Denkst du wirklich, der Mensch, der mich gemacht hat, könnte zu sowas in der Lage sein?"

„Ich mag es mir auch nicht vorstellen, aber es ist passiert." Nein, ich kann es nicht glauben. Nein, nein, nein.

Ich spüle mir den Mund aus und solange ist es unangenehm still. „Vielleicht gibt es ja eine ganz logische Erklärung..."

Aaron schüttelt den Kopf. „Denke ich nicht. Harald hat dir etwas vorgespielt, das ist alles. Ich kann mir vorstellen, dass er alles tut, um den Schein zu wahren. Sogar seinen eigenen Sohn belügen."

Das ist nicht wahr. Es kann nicht wahr sein. „Ich dachte du wärst anders. Alle haben meinen Vater immer verurteilt und ihn schlimmer gemacht als er ist. Du nicht jetzt auch noch."

„Es ist schwer, ich weiß." Aarons Atem ist ganz schwer. „Du verdrängst es. Das ist verständlich."

Was erzählt er da für einen Quatsch? „Nein. Tue ich nicht, es versteht nur keiner. Ist ja nicht so, dass mein Vater mich mein Leben lang manipuliert, vergiftet hat. Manchmal tut ihr alle so, als ob ich nicht in der Lage wäre zu sehen, wie mein Vater wirklich ist. Das bin ich sehr wohl. Besser als ihr. Sophie hat da auch schon Andeutungen gemacht und ich bin es leid, Papa immer verteidigen zu müssen."

„Lucas, du willst es nicht glauben. Keiner würde das an deiner Stelle. Ich verstehe es wirklich, nur ist dir aufgefallen, dass du total hysterisch klingst? Das alles ist auch nicht leicht für mich. Es geht um den Vater der Person die ich liebe und um meine kleine Schwester! Kannst du nicht wenigstens versuchen dich ein ganz kleines bisschen zusammenzureißen und einen klaren Kopf zu bewahren?"

Jetzt übertreibt er aber. „Ich? Hysterisch? Komm mal runter. Und weißt du was? Du verstehst überhaupt nicht, wie ich mich fühle."

Aaron schließt die Augen und ist für einen Moment still, bevor er etwas sagt. „Ich gebe mir wirklich Mühe, ganz ruhig zu bleiben, damit ich dir Halt bieten kann, aber ich sehe, das hat im Moment nicht viel Sinn. Geh bitte nach Hause und verarbeite alles. Ich bin hier und warte auf dich, wenn du reden willst oder so. Egal was ist, ich bin für dich da, ich will, dass du das weißt, aber geh jetzt. Ich kann nicht verantworten, dass du in diesem Zustand meiner Schwester begegnest."

„Na gut, tschüss." Ich lasse ihn allein im Bad stehen, hole mein Zeug und verlasse das Haus auf direktem Wege. Wenn er mich loshaben will, kann er es auch direkt sagen. Wenigstens hat er jetzt, was er wollte.

Fehlkonstruktion [boyxboy]Where stories live. Discover now