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Schnell rannten sie durch die Wälder. Bäume huschten an ihnen wie Schatten vorbei, als wären sie eine Landschaft, wie die, wenn man aus dem Autofenster sah, welches wie ein Gemälde mit einander verschmolz. Ihre Füße brachten sie schnell voran. Sie verschwendeten nicht den geringsten Atem, so wie sie es in ihrer Ausbildung gelernt hatten. Und sie hatten einiges gelernt. Hunderte von Metern konnten sie rennen, ohne die geringste Pause einzulegen. Bis plötzlich einer der drei stehen blieb, worauf hin die anderen zwei auch einen Stop einlegten.
»Wir sind nun den halben Tag gelaufen,« wandte er ein, »so langsam bekomme ich schon Hunger. Wie siehts mit euch aus?«, und er sah in die Runde, in der Hoffnung, dass nicht nur er diesen Hunger verspürte. Beim Langstreckenlaufen bekam er immer etwa zur selben Zeit Hunger.
Die zwei sahen ihn wortlos an und schienen zu überlegen.
Dann sprach einer der zwei, er trug einen schwarzen Hoodie und eine weiße Maske, dessen Augenhöhlen so dunkel waren, dass man seine eigentlichen Augen dahinter nicht einmal richtig erkennen konnten: »Ja, vielleicht. Dann könnte ich mir eine anstecken.«
Der andere, der neben dem Mann mit der weißen Maske stand, nickte eifrig zustimmend. Er trug einen gelben Hoodie. Über sein Kopf hatte er einen schwarzen Stoff gestülpt, auf dem mit rot ein Smiley gemalt worden war.
Toby atmete erleichtert aus, denn er wurde nicht an gemeckert, stehen geblieben zu sein, obwohl sie einen wichtigen Auftrag hatten.
Nach einem gemütlichen Plätzchen suchend, sah Toby durch seine steampunkähnliche Brille mit gelben Gläsern hindurch. Um besser atmen zu können zog er seine grau-weiß-gestreifte Maske hinunter und ließ sie wie ein Schal um seinen Hals hängen. Dunkelbraune Haare fielen ihm ins Gesicht. Schließlich machte sich Toby auf und setzte sich achselzuckend unter den nächstbesten Baum und zog seinen Rucksack vom Rücken und auf seinen Schoß. Sein langer beiger Pullover schützte ihn hierbei vor der harten Baumrinde. Auch so schütze er ihn vor jeglichen Ästen oder anderlei Dinge, wenn er auf der Jagt oder einem Auftrag war.
Verschmitzt warf er Masky und Hoodie einen Blick zu und klopfte mit der Handfläche drei Mal auf den blättrigen, kalten Matschbodem. Doch die beiden ignorierten Toby gekonnt und setzten sich an jeweils einen anderen Baum. Während Toby spielerisch beleidigt in seinem Rucksack nach seiner Brotdose kramte, streifte Masky sich seine weiße Maske ab und zog aus seiner Hosentasche eine Packung Lucky Strike und ein Feuerzeug. Seine Haare waren mattbraun und unter seinen grünen Augen befanden sich tiefe und dunkle Augenringe. Wenn Toby ihn so betrachtete, schätzte er ihn auf die Anfang vierzig. Wirklich viel wusste er über Masky allerdings nicht. Masky hatte mit ihm nie darüber geredet wie er zu ihm kam, wo er mal einst lebte oder seinen richtigen Namen. Er kannte nur den Codename den er Masky gegeben hatte. Und das war nunmal eben der Name Masky.
Masky schob sich die Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie mit dem Feuerzeug an. Als sie schließlich rauchte, nahm er einen tiefen Zug. Dann atmete er etwas entspannter aus und schloss die Augen. Toby merkte erst jetzt wie angespannt Masky die ganze Zeit über gewesen war. Tobys Blick wanderte zu Hoodie, der seinen schwarzen Stoff im Gesicht soweit hochgezogen hatte, dass er von seinem Schnitzelbrötchen abbeißen konnte. Über Hoodir wusste er sogar noch weniger. Er wusste nicht mal wie er unter diesem Stoff aussah. Weder Haarfarbe noch Länge. Noch Augenfarbe oder überhaupt irgendwelche Gesichtszüge. Er wusste nur, dass Hoodie nicht der gesprächigste war und seinen Codename ebenfalls von ihm erhalten hatte. Auch Toby hatte seinen Codename von ihm erhalten. Zwar hieß er nach wie vor Toby, aber sein Codename war "Ticci Toby", und das Dank seiner Ticks, die er ab und zu hatte, aber nicht immer und nicht durchgängig, wie als er zu ihm kam. Er hatte seine Ticks mittlerweile fast im Griff. Aber auch nur fast.
In sich hinein lächelnd zog er schließlich seine Brotdose heraus. Sie war abgeranzt und zerkratzt, erfüllte aber dennoch ihren Zweck. Tief sog Toby den Duft seiner liebsten Speise ein, dann öffnete er die Brotdose und sah mit funkelden Augen seine Waffeln, beschmiert mit Nutella, an. Schnell machte er sich über sie her und biss hungrig hinein. Nun wurde auch er entspannter. Und das nur dank der Waffeln. Waffeln sind Götter, ganz einfach, dachte sich Toby und schloss seine Augen während er sein Mahl genoss.
Im Wald war es still. Man hörte lediglich ein paar Tiere, wie Vögel oder Eichhörnchen, und das knacken der Äste, die sich in der weiten Höhe zum sanften Wind bewegten. Nur spährlich fielen einige Sonnerstrahlen durch die Blätterdecke. Toby spührte während er sich an seinen Waffeln vergriff, wie es langsam etwas kühler und drückender wurde. Das riecht nach Regen. Er hoffte, dass sie nach dem Auftrag wenigstens im Trockenen daheim kamen - bevor es anfangen sollte zu regnen. Denn Toby war nicht gerade erpicht darauf durchnässt zu werden und sich daraufhin eventuell eine Erkältung einzufangen. Wirklich nicht.
Masky zog das letzte Mal tief an seiner fast erloschenen Zigarette und drückte den Stummel in seiner Hand aus.
»Daran werd' ich mich nie gewöhnen können.«, sagte Toby plötzlich, wie er Masky sein Tun beobachtet hatte.
»Woran?«, Masky holte eine weitere Schachtel aus seine Hosentasche, während er, mit sehr wenig Interesse auf eine Antwort, Tobys Frage mit einer Gegenfrage beantwortete.
»Na, daran!«, Toby holte tief Luft und sein Gesicht verzog sich, als hätte er schmerzen. »Wie du das immer machst! Deinen Stümmel in der Hand ausdrücken!«, während er redete ahmte er das Ausdrücken nach, »Ich meine, tut das nicht weh?! Verbrennst du dich nicht?«
»Toby,«, sagte Masky leicht genervt und öffnete die Schachtel, die einer Streichholzpackung nahe kam, und ließ den Stümmel in diese fallen. »du denkst zu viel nach.« Dann stand er auf, ohne Tobys Frage zu beantworten.
»Ich denke nicht zu viel nach«, sagte Toby eher zu sich als zu ihm und packte auch seine Dose zurück in seinen Rucksack.
Hoodie, welcher schon längst Aufbruch bereit auf seinen Füßen stand, verwischte seine Spuren. Als plötzlich er in seiner Bewegung erstarrte und lauschte. Da ist was. Dann blickte er zu Masky, der ihn ebenfalls ansah und verstand.
»Ich hab es auch gehört.«, flüsterte er so leise wie möglich. »Toby!«
Auch Toby nickte. Er hatte verstanden. Dann gab Masky ein Zeichen und von jetzt auf gleich waren sie verschwunden.
Zwischen den Bäumen torkelte ein Mann Mitte dreißig hervor und stand genau dort, wo die drei zuvor standen.
»Ich war mir so sicher,«, sagte er mit gebrochener Stimme, »dass ich gerade noch Stimmen gehört hatte. Wie soll ich es denn je wieder aus diesen scheiß Wald heraus schaffen?!«
Der Mann hielt sich seinen runden Bauch und war vollkommen außer Atem. Dann fiel er plötzlich zu Boden. Ohne zu wissen, wie ihm geschah, sah er zuletzt eine Gestalt. Er könnte schwören, sie hatte eine weiße Maske auf. Dann sah er nichts mehr.
Masky zog sein Messer aus dem Nacken des dicken Mannes und holte ein Tuch aus seiner Tasche hervor, um es hastig zu säubern. Dann traten auch Hoodie und Toby hinter dem Dickicht hervor.
»Und wieder einmal hattest du den ganzen Spaß nur für dich.«, platzte Toby enttäuscht hervor und griff hinter seinen Rücken. Seine Hand legte sich um einen Griff und er zog eine kleine Holzaxt hervor.
»Spaß..«, murmelte Masky, »Das war nicht mal eine Morgenübung.« Ohne weiter darauf einzugehen, wie Toby den Toten lächelnd mit seiner Axt betrachtete, widmete er sich ganz der Säuberung seines Jagdmessers.
»Zu- zu schade!«, grinste Toby und zuckte unkontrolliert mit seinem Kopf. »Zur falschen Zeit am falschen Ort, oder wie es so schön heißt?«
Toby lief um den Leichnam herum und betrachtete den tiefen Einschnitt im Nacken des Mannes, aus dessen das Blut unaufhörlich gerinnte. Masky hatte wahrhaft seine Technik, unbemerkt und ungesehen zu Töten ohne dem Opfer Schmerzen zu bereiten perfektioniert. Im Gegensatz dazu war Toby nicht so erpicht darauf ungesehen davon zu kommen. Seine Opfer, so sah er es nämlich, sollten sehen von wem sie niedergestreckt werden würden. Toby holte aus und schmetterte seine Axt in den Einschnitt Maskys. Er spürte nicht einmal den Widerstand der Knochen, als die Axt durch den Hals glitt, als wäre er ein Kuchen. Der Kopf rollte einige Meter von Toby weg und zog eine Blutspur mit sich. Lächelnd wichte er sich einige Blutspritzer mit seinem Pullover aus dem Gesicht. Ein letztes Mal zuckte sein Körper, dann hatte Toby sich wieder vollkommen unter Kontrolle. Er betrachtete zuletzt, wie sich unter dem Körper und unter dem Kopf eine Lache bildete.
»Leider darf niemand von unserer Existenz wissen, sorry alter.« Dann wandte Toby sich zu Masky. »Wollen wir dann?«
Masky nickte und Hoodie warf seinen Beutel auf den Rücken. Dann jagten sie weiter durch den Wald. Wurden immer schneller, doch zu hören war von ihnen nichts. Nicht mal dann, als die Füße den Boden berührten. Schnell zogen die Bäume erneut an ihnen vorbei. Rehe, Wildschweine und andere Tiere bemerkten nicht einmal, wie sie an ihnen vorbei rauschten. Sie liefen an einen kleinen Bach entlang und immer weiter, bis sie ihr Ziel erreicht haben würden.

Nishas Atem war schnell. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie sah zuerst auf den leblosen Jungen am Boden, dann auf Jeff. Kurzzeitig blieb ihr Blick auch auf Nana, der Huskydame, hängen, wanderte aber schnell wieder auf den Jungen.
»Jeff,«, sagte sie heiser und Tränen stiegen ihr in die Augen. »Hast du.. Hast du ihn umgebracht?«
Jeff machte einige Schritte auf Nisha zu und lächelte in sich gekehrt vor sich hin. Er murmelte ihren Namen. Unweigerlich machte Nisha einige Schritte zurück. War es Angst?
»So war es nicht...«, flüsterte Jeff. »Er.. Ich.. Nein.. Er..«
»Du hast ihn ermordet!«, schrie Nisha und ihre Tränen fielen zu Boden. »Du hattest doch gesagt..! Für Ben..! Wie konntest du nur?!«
Plötzlich machte Jeff einen Satz auf sie zu und im selben Moment fiel er zur Seite zum Boden und blieb reglos liegen. Langsam lief eine Lache aus Blut unter ihm zusammen. Und dort, wo Jeff vorher stand, stand ein Mann. Er hatte mattbraune Haare und trug einen schwarzen Pullover. Im Gesicht trug er eine weiße Maske. Dann blickte Nisha an ihm herunter und sah in seiner Hand ein Messer.
Plötzlich hielt Nisha jemand von hinten fest. Sie spürte einen Schlag im Nacken und im nächsten Moment wurde ihr schwarz vor Augen.

»Und schon wieder hattet ihr den Spaß für euch alleine!«, meckerte Toby und trat auf einen jungen Mann, der am Boden lag zu. Er beugte sich zu ihm runter und strich ihm seine schwarzen Haare aus dem Gesicht. Er atmete. Er lebte. Unweigerlich begann Toby am ganzen Körper zu zucken.
»Na, wenn- wenn das mal nicht Jeff ist- ist!«, sagte er.
»Komm schon Toby! Wir haben sie. Wir müssen zurück! Lass ihn da liegen!«, rief ihm Masky zu.
Toby stand auf und ging zu seinem Team. Hoodie, der das Mädchen in den Armen hielt, hievte es über seine Schulter. Sie würde eine Weile schlafen.
»Ja,«, sagte Toby. »gehen wir.«
Zuletzt warf er noch einen Blick auf Jeff, bevor er bemerkte, dass sich Hoodie und Masky sich schon wieder in Bewegung gesetzt hatten. Dann machte auch er sich auf den Weg und holte schon Bald zu ihnen auf. Doch drei Gedanken, die ihn nicht mehr los ließen, flogen durch seinen Kopf:
Was hatte Jeff mit diesem Mädchen zu schaffen gehabt?
Wozu brauchte er, Slenderman, dieses scheinbar nutzlose Mädchen?
Jack.

REBORN || Jeff x Ben || All We Need Is Faith 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt