Fuchsbau

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"Deine Jacke." sagte ich leicht gestresst und stülpte sie meinem Sohn über.
Ich selbst griff nach den Lebensmitteln und stürzte zum Kamin.

"Geh du mit ihm, ich schließe eben alles ab."
sagte ich und wand mich von George und Fred ab.

"Fuchsbau!" hörte ich George rufen, bevor das bekannte Geräusch des Flohpulvers meine Ohren erreichten.
Der grüne Schweif verschwand, als ich mich dem Kamin zuwand.

Doch ich hatte nicht vor, direkt zu folgen.
Mich nahmen die Feiertage ganz schön mit.
George und mir ging es nicht gut.
Weihnachten war ein Familienfest, was ich seit meinem ersten Jahr auf Hogwarts zusammen mit George und Fred verbracht hatte.
Nur das Fred nicht mehr da war.
Ich stellte mich ans Fenster.

"Wenn du deinem Sohn sehen könntest." sagte ich leise und blickte in den dunklen Himmel.
„Wie ist es da oben, mein großer Stern?"
Unbemerkt stahl sich eine Träne aus meinem Augenwinkel, als ich mich blitzartig an all die Momente erinnerte in denen er mich seinen kleinen Stern genannt hatte.
Zittrig bließ ich die Luft aus meinen Lungen und drehte mich schließlich zum Kamin.

Der Schmerz, der mir dieser Verlust zuführte, war unbeschreiblich.
Wenn ich verdrängte, dass ich den liebsten Menschen meines Lebens verloren hatte, rechnete ich mit ihm, wenn ich meine Wohnugstür öffnete und wurde anschließend bitter enttäuscht.
Und wenn ich es mir eingestehen versuchte, endete es immer und immer wieder in Tränen.
George und ich hielten uns aneinander fest, versuchten lernen zu schwimmen, doch der Ring, der uns über Wasser hielt, war fort.
Wenn wir nicht mehr schwimmen konnten, gingen wir unter, bis uns mein Sohn wieder über Wasser zog.
Uns so verliefen die letzten Jahre.
Nachdem ich meine Depressionen nach der Geburt von Fred überwunden hatte, drohte ich immer wieder mit George in dieses tiefe Loch zurückzurutschen.
Unser Leben hing an diesem kleinen Fratz, der überhaupt nicht wusste, wie wichtig er war.

Ein letztes Mal kontrollierte ich den Inhalt meiner Tasche, sah einmal in den Spiegel um mich zu vergewissern, dass meine Tränen nicht zu erkennen waren, dann schritt ich in den Kamin.

"Amber!" begrüßte mich die herzliche Stimme von Molly.
"Molly!" ich lächelte und pustete mir das restliche Pulver von den Klamotten, bevor ich sie umarmte.

Sie nahm mir die Taschen ab und verschwand in den Kern des Hauses.
"Heyy Charlie!" begrüßte ich den Weasley und umarmte auch ihn.
Arthur spielte bereits mit meinem Sohn, weshalb er mir nur zulächelte.
Bill und Fleur hießen mich ebenfalls willkommen, bevor wir uns alle auf das gemütliche Sofa fallen ließen.

Nach dem Essen, überraschten uns Arthur und Molly mit einer Art Fotoleinwand, auf denen sich die verschiedensten Fotos der letzten paar Jahre abspielten.
Die Leinwand schwebte inmitten des Wohnzimmers und zeigte immer wieder die sich bewegenden Bilder.
Geschockt sah ich dort hin.
Ich wusste nicht ob ich schon bereit dafür war, die Fotos zu ertragen.
Ich schloss kurz meine Augen und ließ das Lachen der anderen in meinen Ohren wiederhallen.
Etwas ängstlich hob ich meine Lider, und sah direkt in die Gesichter von Fred und dem jüngeren ich.
Küssend.
Tanzend.
Auf Bills und Fleurs Hochzeit.
"Sind das Mama und Papa?" fragte Fred in die Runde.
Wie erstarrt fixierten meine Augen die Leinwand, die zunehmend verschwamm. Ich war eindeutig noch nicht bereit.

Hektisch hob ich meinen Sohn von meinem Schoß und reichte ihn Charlie.

"Ich- Badezimmer." brachte ich heraus, bevor ich losrannte.
Schon auf meinem Weg rannen mir die Tränen übers Gesicht.

Ich stürzte die Treppe hinauf und schloss die Tür hinter mir.
Ich befand mich in dem alten Zimmer der Zwillinge.
Als aller erstes fingen meine Augen ein Bild von Fred, George und mir im 4. Schuljahr auf. Unser tonloses Lachen würde immer wieder angespielt, wie eine Kassette.
Molly hatte es nicht gewagt es abzuhängen.
Langsam glitt ich an der Holzwand hinunter.
Meine Hände fuhren zitternd in meine Haare und ich stütze meine Ellenbogen auf meine Knie.
Ich versuchte die Lautstärke meiner Schluchzer zu verringern, während ich immer wieder hektisch ein und ausatmete.

"Shh-" hörte ich Freds Stimme in meinem Kopf.
"Ich bin bei dir."
"Bist du nicht." flüsterte ich, doch tatsächlich wurde meine Atmung ruhiger.

"Amber?" hörte ich eine Stimme von unten rufen.
"Shit."
Schnell wischte ich mir über mein Gesicht und versuchte die roten Augen zu vertreiben.
"Amber?" die Person ging nun langsam die Treppe hinauf.

"Mir geht's gut!" krächzte ich und stand auf.
Ich öffnete die Tür und schlüpfte hindurch.
"Ich komme schon!" sagte ich und schritt die Treppe hinunter, bis zur vorletzten Stufe.
George stand mir gegenüber.

Ohne ein Wort zu sagen öffnete er seine Arme.
Ich blieb stehen und umschloss ihn.
Mein Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben, hielt ich weitere Tränen zurück, während ich seine kullernd an meiner Wange spürte.
"Schon gut." sagte ich zu George und hielt ihn so fest ich konnte.
"Schon gut."
Der Junge schniefte.
"Es wird nie besser oder?" fragte er ausgelaugt.
"Ich weiß es nicht." erwiderte ich ehrlich und wischte mir übers Gesicht.
Seufzend sahen wir uns an.

"Mama?" ich zuckte zusammen und sah erschrocken zur Küchentür.
"Weinst du?" fragte mein Sohn leise und traurig.

"Ich- Ich-" verzweifelt sah ich zu George, doch er war damit beschäftigt seine eigenen Tränen zu verstecken und stahl sich dann unauffällig davon.

Müde ließ ich mich auf eine Treppenstufe sinken.
Sofort kam Fred zu mir.

"Mh-hm." antwortete ich dem Kleinen dann.
"Ich will nicht das du traurig bist." flüsterte er und fing selber an etwas zu weinen.
"Mama, ich hab dich lieb!" schluchzte er.
Fest drückte ich ihn an mich und konnte ein paar Tränen nicht verhindern.
Sie trafen seine Wange und er blickte mich an.
Mit den kleinen Fingern strich er ungeschickt über mein Gesicht und entfernte die Spuren der Nässe.
Dann krabbelte er auf meinen Schoß und begann mit seiner kindlichen Stimme das Lied zu singen, was ich ihm zum Ins-Bett-gehen vorsang.
Ich lachte leise und rau und stieg schließlich mit ein.

"Ich hab dich auch lieb." flüsterte ich und legte meine Stirn an seine.
"Bist du jetzt nicht mehr traurig?" fragte er dann.
Ich schüttelte den Kopf und gab ihm einen Kuss auf seinen kleinen Kopf.

Zusammen standen wir auf und gingen in die Küche.
"Mama?"
"hmh?"
"Ich hab noch Hunger!"
Ich lachte.
"Dann iss doch noch einen Apfel."
"Aber mein Bauch ist doch noch so klein! Da passen bloß Bonbons rein!"

dear freddieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt