Geburtstag

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"Mama! Mama, wach auf!"
Langsam öffnete ich meine Augen ein Stück und sah in das breite Milchzahnlächeln meines Sohnes.
Er hüpfte auf meinen Schoß.
"Mama guck doch!" sagte er aufgeregt.
Irritiert hob ich meine Lider gänzlich und sah mich müde um.
Es sah alles aus wie immer?
"Mamaaaa!" nörgelte er.
"Was soll ich denn sehen Sweetie?"
"Mama ich hab die Welt hell geschlafen!" Erneut grinste er und streckte seine kleinen Arme zur Seite um die Sonnenstrahlen zu unterstreichen, die mein Gesicht erreichten.

Ich lachte etwas und zog ihn in eine kleine Umarmung.
"Das ist großartig!"
"Können wir Pfannkuchen machen?" fragte er und streckte seine Unterlippe etwas vor.

Langsam nickte ich und stand gähnend von dem Sofa auf, auf dem ich diese Nacht geschlafen hatte.
Ich streckte mich der Sonne entgegen, bevor ich von meinem glücklichen Sohn in die Küche gezogen wurde.

"Mama?" sagte mein Sohn leise, während ich eine Schüssel aus dem Schrank holte.
"Hmh?" abwesend ließ ich die Eier auf den Schüsselrand prallen.
"Wird heute nicht Onkel George ein Jahr älter?"
Ich weitete einmal meine Augen.

Wie konnte ich seinen Geburtstag über Nacht vergessen??

"Psst!" sagte ich dann und drückte meinen Finger auf seinen kleinen Mund.
"Wir machen ihm ein Pfannkuchen ans Bett."
Geheimnisvoll grinste ich.
Aufgeregt nickte Fred und reichte mir ungeschickt das Mehl, sodass sich die Hälfte des Inhaltes über mich ergoss.
Ich prustete und Fred begann schelmisch zu lachen.
So schnell es mir mein Arm erlaubte, griff ich meinerseits nach der Packung und verteilte das Mehl über seinem Kopf.
Fred lachte und rannte durch das Wohnzimmer, weiße Fußstapfen auf dem Boden verteilend.

Viel zu laut hatten wir Spaß und so kam es auch, dass unsere Pfannkuchen - Überraschung ins Wasser fiel.

Ein müder George torckelte aus seinem Zimmer und bliebt abrupt stehen, als er das Chaos sah.
Mein Sohn und ich verharrten einen Augenblick in der jeweiligen Position, bevor wir uns gemeinsam auf das Geburtstagakind stürzten.

Ein paar Minuten später hatten wir jedoch kein Mehl mehr übrig und so standen wir uns einfach nur gegenüber.
George fing an zu lachen, nachdem ein paar Sekunden lang niemand etwas gesagt hatte.

"Ich teile mir meine Wohnung mit Gespenstern!" er pustete sich Mehl von der Nasenspitze.
Ich zog meine Augenbrauen hoch, obwohl dies niemand unter der Mehlschicht erkennen konnte.
"Ich will dich nicht enttäuschen oder so, aber....-"
"Nein sag nichts mehr." unterbrach mich der Zwilling und schritt in die Küche.
"Was sollte das denn werden?" er besah sich die fast leere Schüssel.
"Überraschungspfannkuchen." murmelte Fred und leckte sich über seine weiße Lippen, nur um sich eine Sekunde später mit den Fingern an seine Zunge zu fassen und angeekelt zu gucken.

George und ich brachen in Gelächter aus, bevor ich nach meinen Zauberstab griff und das Wohnzimmer säuberte.
Ein letztes mal strich ich über meine Klamotten und wuschelte durch meine kurzen Haare.

Nach dem Frühstück hatten wir unsere Geschenke übergeben und George telefonierte über ein Muggeltelefon mit dem faszinierten Arthur Weasley.
Er versprach später einmal vorbei zu schauen.

Ich betrachtete meinen Kaffee, versunken in Gedanken.
Im Schneidersitz hatte ich es mir auf dem Sofa bequem gemacht.
Mein Blick huschte hinüber zu dem Brief, den ich an Fred verfasst hatte.
"Happy Birthday." flüsterte ich abwesend und starrte das Papier an.

"Amber?" ich schreckte hoch und verschüttete etwas von meinem Kaffee.
"Uh- Ja?" ungeschickt strich über die braune Flüssigkeit und sah dann hoch in Georges warme Augen.
Er streckte seinen Arm aus und überreichte mir einen kleinen Zettel.
Irritiert blickte ich auf das gefaltete Papier und anschließend zurück in sein Gesicht, doch der Zwilling drehte sich ohne Kommentar um, schnappte sich meinen Sohn und verschwand hinunter in den, heute geschlossenen, Laden.

Verwirrt und neugierig faltete ich ihn langsam auseinander.
Die unverkennlich unordentliche, schreckliche Schrift von George war zu sehen.
Mehr und mehr irritiert drehte ich den Zettel herum, um lesen zu können, was darauf geschrieben wurde.

"Auf ein Zeichen zu warten ist sinnlos, wir beide wissen das.
Außerdem ist es schon längst da, es lebt in dem Körper eines 3-jährigen Witzboldes."

Eine Träne tropfte auf das Papier und verwischte die Tinte.
Schnell strich ich mit meinem Pullover über die Wange und ließ den Zettel sinken.
All die Gedanken die ich mir gemacht hatte, all die Fragen die in meinem Kopf hin und her wanderten, das ganze ausschau halten sollte Unsinn gewesen sein?
Das Zeichen, auf das ich so lange gewartet hatte, sollte die ganze Zeit vor meinen Augen tanzen?
War ich zu blind vor Trauer oder irrte sich George?

Aber im Grunde wusste ich, er irrte sich nicht.

War das der Zeitpunkt, wo ich endlich loslassen konnte?
War es soweit, dass ich weiterlebte?
Fred gab mir unseren Sohn, mit dem Wissen, er würde mich am Leben halten.
Ein Teil von ihm lebt in Fred weiter.
Mein Freund hatte mich nicht ganz verlassen.

Ich schniefte einmal und umklammerte den Brief.
So ganz wusste ich nicht, wieso ich so lange für eine derartige Erkenntnis gebraucht hatte.

Aber ich fragte mich, ob es Zeit war für mich zu Leben.
Weiter zu gehen.
Natürlich wollte und konnte ich ihn nicht vergessen, aber ich konnte nun endlich versuchen zu leben.
Ihn zu Ehren und zu Erinnern, und dennoch fortzufahren.

Erneut schniefte ich, dann stand ich auf, verstaute den Zettel in meiner Hosentasche und öffnete die Tür zum Laden.
Fred und George standen alleine vor den Nasch- und Schwänzleckerein zwischen all den anderen Regalen und diskutierten über die Kotzbonbons.

Als ich den Zwilling erblickte, rannte ich los und schmiss mich in seine Arme.
Ich schlang meine Beine um seine Hüfte und schluchzte leise in seine Halsbeuge.
George umklammerte mich und ich konnte ihn etwas lächeln spüren.
"Danke!" murmelte ich und auch er schniefte kurz bevor er mich absetzte, und wir beide in das verdutzte Gesicht von dem 3-jährigen sahen.

dear freddieWhere stories live. Discover now