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Man hört immer von diesen Momenten. Den Momenten in denen alles plötzlich still  wurde und die Erde aufhörte sich zu drehen. Das hier war einer dieser Momente. 
Es war wie im Film. Blicke trafen sich und konnten nicht voneinander lassen. Das war er der eine Moment. Es war romantisch und atemberaubend. Es war hypnotisierend und elektrisierend.. Es war der perfekte Augenblick und würde irgendwann eine wunderbare Geschichte abgeben. Doch egal wie sehr ich es mir wünschte, war das hier nicht mein Moment. Hier ging es nicht um mich. Diese Geschichte drehte sich nicht um mich. Denn ich war nur ein kleiner, unbedeutender Nebencharakter in der Sitcom, die sich mein Leben nannte. 
Scott Knight war... Alles was ich nicht war. Schon in der Schule war er attraktiv, sportlich, ziemlich intelligent, was kaum jemand zu wissen schien, beliebt und sowas von nicht in meiner Liga, dass es beinahe wehtat. 
Während ich, hinter meiner Hornbrille, nur aus der Ferne den großen Scott Knight bestaunen konnte lebte er das tolle Leben eines Highschool-Schülers, der sowohl gut im Sport, als auch gut in der Schule war. 
Während ich lauter Einser mit nach Hause brachte, dafür aber nie Freunde. Brachte Lillian, meine Schwester, nur letzteres mit. Alleine in der zehnten Klasse hatte sie fünf feste Freunde gehabt. Einer beliebter als der andere und alle umschwärmt von haufenweise Mädchen. 
Ich erinnerte mich noch an den Tag, als ich vom lernen ins Esszimmer stolperte und Scott mit breitem Lächeln am Tisch saß. Ich sagte den ganzen Abend kein Wort und saugte jedes von ihm in mich auf. Ich erinnerte mich noch daran, wie höflich er war. Noch ein Grund, warum ich mich mehr und mehr in ihn verliebte. Nicht dass ich nicht schon vor diesem Tag völlig in ihn verliebt war. Immerhin war er Scott Knight! 
Und auch wenn diese Schwärmerei mittlerweile über Zehn Jahre her war, war es wie beim ersten Mal. Ich würde nicht lügen und behaupten, dass ich ihn nicht im Auge behalten hatte. Ich hatte seine Laufbahn auf dem College verfolgt. Hatte mich für ihn gefreut, als er seinem Traum immer näher kam und hatte es kaum glauben können, als er in die NHL berufen wurde. 
Aber wie gesagt, war das über Zehn Jahre her und ich kein Kind mehr. Scott war ein Fremder. 
Deswegen wusste ich auch nicht, warum ich mich von Lillian hatte breitschlagen lassen. Nicht für eine Sekunde hatte es sich wie eine gute Idee angehört. Und doch war ich jetzt hier. Stand in der dritten Reihe, direkt hinter dem Glas und starrte den Mann meiner Träume an. Wie er meine Schwester anstarrte. Wie er den romantischsten aller Momente mit der einzigen Frau auf der Welt hatte, die ich nicht hassen konnte. 
Ich konnte mir einreden, dass er sie erkannte. Und das stimmte vermutlich auch. Doch er hatte dieses Glitzern in den Augen. Das Glitzern, dass ich immer in meinen Träumen gesehen hatte und mir sehnsüchtig gewünscht hatte, er würde mich damit so ansehen.  
Und während ich noch immer das kleine Mädchen war, dass unsterblich in den Sporttypen verknallt war, war er... Nun er war Scott fucking Knight. Er war noch attraktiver, noch sportlicher, noch reicher und noch unwiderstehlicher geworden. Er war erwachsen geworden. Er war ein Mann geworden.
Auch Lillian war schöner geworden, wenn das überhaupt möglich war. Sie war groß, schlank und hatte ein umwerfendes Lächeln. Niemals war es passiert, dass jemand sie beide verglich. Lillian war atemberaubend mit jeder Faser ihres Körpers. Sie beide hatten sich zum besseren verändert. Und nebeneinander würden sie beide perfekt aussehen. Das perfekte Paar sein. 
Und als seine bernsteinfarbenen Augen durch die Menge schwebten und an der wunderschönen Lillian Rudolph hängen blieben, brach es mir fast das Herz. Denn nur für eine Sekunde hätte ich mir gewünscht es wäre mein Gesicht in das er blickte. Mein Lächeln, dass er anstarrte und meine Augen in denen er versank. 
Aber Scott Knight kannte mich nicht. Er hatte keine Ahnung das ich existierte. Hatte er nie und würde er auch nie haben. Ich seufzte leise. 
Es war ja nicht so, als hätte ich mich damit in den letzten Jahren nicht abgefunden. Ich war keine Idiotin. Etwas naiv. Romantisch vielleicht. Aber nicht blöd. Mir war klar, dass ein Mann wie er mich nie so ansehen würde, wie ich es mir wünschte und das war auch in Ordnung. Nur war es die Tatsache, dass er meine Schwester so ansah, die mir das Herz brach. Meine eigene Schwester. 
Und als ich den Blick von ihm löste, um meiner Vier Minuten älteren Schwester ins Gesicht zu sehen, erkannte ich auch das verräterische Glitzern in ihren Augen. Sie wollte ihn. 
Das Ding mit Lillian war, dass sie zwar gut darin war Männer zu kriegen, doch irgendwie war sie nicht besonders gut darin, diese dann auch zu halten. Wenn sie etwas wollte, dann tat sie alles dafür, es auch zu bekommen. Das galt auch für Männer. Nun eigentlich galt das gerade für Männer. 
Sie war erst vor drei Wochen wieder her gezogen und wohnte daher im Moment bei mir. Deswegen wusste ich auch, dass keiner der Männer die sie mitbrachte länger als eine Nacht blieb. 
Und auch wenn ich mir für sie nur das Beste wünschte, verstand ich auch warum.
Lillian war schön, doch sie hatte nie für etwas arbeiten müssen, dass sie wollte. Es war als flöge ihr alles zu. Sie hatte eine Gabe alles zu bekommen, indem sie einfach davon ausging, dass sie es bekam. Doch das konnte ich ihr kaum übel nehmen. 
Sie verdiente mit ihren Aussehen Geld. Modelte für eine kleine Agentur. Doch die großen Aufträge blieben aus. Das hielt sie aber nicht davon ab so zu tun, als wäre sie Americas Next Topmodel. Sie benahm sich wie eine verwöhnte Göre und wenn ich sie nicht mein ganzes Leben lang kennen würde, würde ich auch davon laufen.
Denn hinter all dem Getue konnte niemand die Seiten sehen, die ich so gut kannte und liebte.
Denn Lillian war lieb und freundlich, sie war manchmal vielleicht egozentrisch, aber meinte es meist gut. Sie dachte immer an mich und kümmerte sich darum, dass es mir gut ging. Auf ihre eigene Art jedenfalls. Und sie war ehrlich. Erschrecken und schmerzhaft ehrlich.
Ja, ich musste zugeben, dass sie gerne teure Dinge besaß. Aber ich mochte auch schöne Dinge. Und in ihrem Beruf war Oberflächlichkeit vermutlich Teil der Stellenbeschreibung. Irgendwie gehörte das dazu. Daraus schlug sie halt Kapital. 
Sie war eben Lillian. So war sie immer schon gewesen. Sie war meine beste und einzige wahre Freundin. Schwestern mussten eben zusammenhalten.
Denn ohne Lillian an meiner Seite wusste ich nicht, wo ich jetzt wäre. Ohne sie wäre ich noch immer das kleine schüchterne Mädchen, dass kaum ein Wort herausbrachte.
Sie hatte mich stets begleitet und mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute war und dafür konnte ich nichts anderes sein, als dankbar.

ICECOLD - 1 - Scott KnightWhere stories live. Discover now