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Oh ich war betrunken. Und wie betrunken ich war. Aber ich war auch gut drauf. Und wie gut drauf. Taumelnd kam ich an der Bar an, Dex stieß an mich und grinste verführerisch. "Upsi." Sagte er allerdings und lächelte der süßen Dunkelhaarigen neben sich an der Bar zu. Sie wurde rot, senkte den Blick und wurde dann von einer Freundin weggezerrt. Dex zuckte mit den Schultern. Ich lachte auf. 
Wir bestellten. Ich einen Vodka-Limette und er einen kubanischen Rum. Eigenartigerweise trank er das Zeug schon den ganzen Abend und war mindestens genauso betrunken wie ich. Ich war tatsächlich überrascht, wie viel ich vertrug, obwohl ich nur selten trank. Bilder von Dad schossen mir durch den Kopf. Doch beinahe gleichzeitig flogen Bilder von Libby und Kevin hinterher. Ich war so stolz auf ihn und dieser kleine Erfolg, mit dem ich nur wenig zu tun hatte, gab mir das Gefühl unschlagbar zu sein. 
Lachend gingen wir zurück zu der kleinen Nische in der mittlerweile nur noch vier Leute saßen. Lilly und Scott saßen uns gegenüber. An der Wand rechts neben uns saßen Kyle Roland und Nate Sullivan. Sie alle lachten gerade. Ab und an ging einer der Männer zu einer heißen Frau, tanzten, doch sie waren bis jetzt immer wieder gekommen. Eigenartig. 
Dex allerdings hatte sein Versprechen gehalten. Er betrank sich mit mir. Tanzte mit mir. Ich hatte kein Problem damit, dass er mit anderen Frauen flirtete. Irgendwie fand ich das sogar ziemlich unterhaltsam. Vor allem weil er mit jedem weiteren Glas noch grandioser abgeschmettert wurde. Es schien ihn nicht zu stören. 
"Was ist mit der da?" Fragte ich, beugte mich zu ihm, drängte ich an ihn um die Frau zu erspähen, die ich ihm so schamlos angeboten hatte. Er lachte auf. Fing mich auf, als ich etwas das Gleichgewicht verlor und ihm in den Schoß fiel. Er hob eine Braue, wackelte dann mit beiden und verursachte einen Lachkrampf bei mir. 
Plötzlich stand Scott auf und Lilly biss sich auf die Lippen. Ich runzelte die Stirn und blickte Scott nach, der zu den Toiletten schlenderte. 
Mich bei Dex abstützen erhob ich mich, drängte mich an den anderen vorbei und ließ mich neben Lilly fallen. "Alles in Ordnung?" Fragte ich und sie sah mich genervt an. "Er hat voll die schlechte Laune." Sagte sie schlicht. "Er will gehen. Aber ich will dich nicht alleine lassen." Sie warf einen verstohlenen Blick auf Dex. Ich lachte auf. "Du kannst ruhig gehen, wenn du magst." Sagte ich zu ihr und nickte. "Ich bin ein großes Mädchen." Erklärte ich ihr und hob zwei Finger zum Schwur in die Luft. "Aber erst muss ich nochmal pinkeln." Sagte sie und sah mich bittend an. Ich nickte. Wir erhoben uns und Dex blickte uns an. Ich erklärte ihm mit Händen und Füßen, dass wir auf Klo mussten und er verdrehte lächelnd die Augen. Ich mochte ihn wirklich. 
Ich dachte das Lilly, sobald wir in der abgeschiedenen Toilette waren, etwas sagen würde, doch sie schwieg. Und während sie zur Kabine ging, verließ ich den Raum, der viel zu hell im Vergleich zu dem Rest des schummrigen Clubs war. 
Ich lehnte mich an die Wand vor den Toiletten und puhlte an meinem Nagellack herum, als jemand vor mir stehen blieb. Langsam hob ich den Blick und sah durch einen Vorhang meines wilden Ponys in Scotts Gesicht. Wieder hatte er diesen ernsten, fast wütenden Gesichtsausdruck. Immerhin besser als dieser leere Ausdruck, dachte ich erleichtert. Er schien zu überlegen, was er sagen sollte. Und das Spiel auf seinem Gesicht war beinahe lustig. Wäre ich nicht so von den tanzenden Funken der Lichter auf seinem schönen Gesicht fasziniert gewesen, hätte ich vielleicht sogar gelacht. Doch stattdessen blickte ich ihn nur bewundernd an. 
Seine Augen fanden meine und mir blieb die Luft weg. Es war als würde er direkt in mich hineinsehen. Ich keuchte. Ich hatte ihm noch nie wirklich tief in die Augen gesehen und es raubte mir den Atem. Verdammt. Sei wütend! Ermahnte ich mich selbst, doch ich schaffte es einfach nicht. Mir fiel nichts ein, warum ich wütend auf ihn sein sollte. Genervt seufzte ich. 
"Was machst du hier?" Fragte er nach einer Ewigkeit und spätestens jetzt wäre mir die Absurdität dieser Situation klar gewesen. Es war ganz offensichtlich was ich machte. Es war absolut klar. Als ich nur verwirrt das Gesicht verzog, schien er auch zu merken, wie absurd seine Worte gewesen waren. Also holte er Luft, runzelte die Stirn und überlegte weiter. 
"Danke für die Platte." Sagte er irgendwann und ich lächelte warm. Das war doch ein besseres Thema. Ein ungefährliches Thema. Irgendwie. Und es nahm etwas diese komische Spannung. Es war als würden wir uns zwingen müssen ein Gesprächsthema zu finden. Immerhin war er der Freund meiner Schwester, oder so.
"Gerne. Ich hatte erst überlegt, dir tatsächlich The Cure zu besorgen, doch ganz ehrlich..." Ich lächelte sanft. "... Ich konnte dich doch nicht in dem glauben lassen, dass du Recht hast. Denn jeder verdammte Mensch weiß doch, dass Kiss Me der beste Lovesong  ist." Er schnaubte. Dann legte er den Kopf in den Nacken und lachte. Er lehnte sich neben mir an die Wand, sein Gesicht mir zugewandt. "Es ist wirklich ein guter Song. Das will ich ja gar nicht bestreiten." Begann er und ich sah ihn herausfordernd an. Ich würde für meinen Favoriten in die Bresche springen. Ich würde nicht kampflos untergehen. 
"Aber eigentlich ist das kein Liebeslied." Ich schnappte empört nach Luft. "Was?" Rief ich gespielt entsetzt. "Naja es geht nur um einen Kuss." Führte er weiter aus. Er schien von seinem Argument überzeugt. Ich wandte mich zu ihm um und sah ihm wieder in die Augen. Bereit in den Kampf zu ziehen. 
Langsam senkte ich die Lieder, schlug sie dann wieder auf und fesselte seinen Blick. Mit leiser Stimme - gerade so laut, dass er mich über den wummernden Bass draußen hören konnte - übersetzte ich leise und möglichst verführerisch: " Oh, küss mich unter dem schwachen Schein der Milchstraße. Führe mich hinaus auf mondhellem Boden. Hebe deine geöffnete Hand. Lass die Musik spielen und die Libellen tanzen. Der Silbermond funkelt, also küss mich. Küss mich!

ICECOLD - 1 - Scott KnightWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu