Prolog

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Das laute Gebrüll und das metallische Klirren, der aufeinanderprallenden Schwerter, waren wie Musik für mich. Und ich tanzte dazu diesen besonderen Tanz. Der Schlamm, der das ganze Feld bedeckte, spritzte in alle Richtungen und heftete sich an meine stählerne Rüstung. Jeder Schritt beschmierte meine Stiefel noch mehr und der Dreck war mittlerweile vermischt mit Unmengen an Blut, das bisher vergossen worden war. Sogar in der Luft hing schwer der metallische Geruch nach der roten Körperflüssigkeit, gemischt mit dem modrigen Gestank der aufgewühlten Erde. Es war ein reines Chaos. Tausende Krieger, die sich gegenseitig die Köpfe einschlugen und sich hinrichteten. Und ich war mitten drin. Kämpfte wie eine Wahnsinnige. Erneut ließ ich das Schwert durch die Luft sausen. Mit einem ekelhaften Geräusch, einer Mischung aus Knacken und Schaben, versenkte ich die Schneide in einem Kopf. Mein Gegner fiel auseinander. Ein glatter Schlag. Sein Kopf brach entzwei. Sein warmes Blut verteilte sich in dicken Tropfen und benetzten mein Gesicht. Ich spuckte aus.
Sofort schwang ich meine Waffe weiter und erwischte den Nächsten in die Seite. Gerade hatte dieser zum Schlag ausgeholt, doch er taumelte zurück und kippte hinten über. Kaum lag dieser, griff mich erneut ein Mann an. Dieser hier war zäher. Wir gaben uns einem feurigen Gefecht hin. Seine kräftigen Schläge parierte ich und das Metall sprühte Funken. Ich musste ihn schnellst möglich ausschalten. Meine Gedanken rasten, überlegten fieberhaft nach einer Taktik, doch er war besser als gedacht. Er drängte mich zurück. Sein schmutziges Gesicht war entstellt von einer hässlichen Fratze. Mein Gegner fletschte seine Zähne wie ein Tier, seine Augen loderten und kannten nichts mehr als Zorn und den Krieg. Das Blut und den Tod. Ein blutrünstiges Ungeheuer. Aber das waren wir alle.
Alle, die im Krieg einen nach dem Anderen abschlachteten. Ich nicht weniger, als mein gegenüber. Mein Atem ging stoßweise. Rinnsale von Schweiß liefen mir über den Rücken und auch an meinem Gesicht floss es herab. Im nächsten Moment traf mich seine Faust. Meine Maske verrutschte und zeigte mich. Sie verbarg, wer ich wirklich war. Ein Mensch. Sterblich und schwach, genau wie der Mann.
»Verräterin!«, presste er zwischen den Zähnen hervor, »Wieso hilfst du diesen Spitzohr-Bastarden?« Ich schnaubte verächtlich.
Er schien von meiner einfachen Sterblichkeit noch mehr angetrieben zu werden. Ich kämpfte gegen meine eigene Spezies. Und das mit ihren Wappen auf meinem Wams. Es war meine Tarnung. Sofort zog ich mir wieder die Maske mit dem Wolfsgesicht über mein eigenes und verbarg meine Identität, während er sich erneut auf mich stürzte. Ich wich aus und seine Faust traf hart meine Brust. Die Luft wurde aus meine Lungen getrieben und ich konnte nicht atmen. Stolperte zurück und rang nach Sauerstoff. Die Klinge schnellte an mir vorbei, verfehlte mich um ein Haar, und ich rappelte mich auf. Ich nahm meine ganze Kraft zusammen und setzte zum Angriff an. Ein wütender Schrei glitt mir über die Lippen und ich rannte auf ihn zu. Sprang. Setzte alles auf eine Karte. Hielt den Griff mit beiden Händen. Und die Spitze verfehlte nicht. Sie bohrte sich tief in seine Brust. Der Mann kippte nach hinten und wir gingen zu Boden. Schnell erhob ich mich und mit einem schmatzenden Geräusch glitt die Schneide aus dem leblosen Körper. Blutrot schimmerte der Stahl im fahlen Licht.
Mein Blick huschte quer übers Feld, über das Heer der Krieger hinweg und ich erkannte, dass ein Verbündeter umzingelt wurde. Augenblicklich schlug ich mich zu ihm durch und stolperte dabei über die Leichen der Gefallenen. Ich gab meinem Freund Rückendeckung.
»Chet«, rief ich atemlos seinen Namen, gab mich zu erkennen, und er blickte zu mir. Der Krieger erkannte mich und nickte mir dankend zu.
Im Sekundentakt fielen die Soldaten. Ich war wieder gänzlich zu meinem Rhythmus zurückgekehrt. Diejenigen, die ich mit dem Schwert verwundete, gingen zu Boden. Ein Feind überrumpelte mich und zusammen fielen wir. Doch er hatte einen Fehler begangen. Der Krieger lief mir direkt ins Schwert und spießte sich selbst daran auf. Hart schlug ich auf und der Sterbende lag schwer auf mir. Er röchelte. Ein Schwall Blut schwappte über mein Gesicht und ich war froh, die stickige und miefende Maske auf zu haben. Ächzend schob ich ihn von mir und sein schwerer Leib rollte weg. Obwohl meine Rüstung mich weiterhin nach unten drückte, erhob ich mich schnell und nahm die Klinge an mich. Brachte mich wieder in Stellung. Augenblicklich wirbelte ich herum und schwang das Schwert über meinem Kopf. Doch gerade als ich ausholte, wurde ich zurückgedrückt.
Zuerst spürte ich es kaum, aber dann realisierte ich es. Mein Blick wanderte nach unten. Das Blatt der Klinge drang durch mich hindurch. Geschmeidig wie Butter, steckte tief in meinem Fleisch. Mein Körper stand unter Schock, kaum in der Lage zu reagieren. Das glänzende Metall, das aus meinem Bauch herausragte, spiegelte verzerrt meine Wolfsmaske. Ich erzitterte.
Schmerz. Überall Schmerz. Unfassbarer Schmerz. Ich taumelte. Hob meinen Blick und starrte geradewegs in Caoláns Augen. Erbarmungsloser Wahn zeigten sich darin. Brutal und blutrünstig. Darauf aus, so viele seiner Gegner zu töten, wie nur möglich. Ich hörte weit entfernt Chet brüllen. Warum war er nun so weit weg?
»Caolán«, wisperte ich und schmeckte dabei etwas metallisches im Mund. Tränen brannten mir in den Augen und die Kraft verließ mich. Ich schluckte, meine Kehle brannte. Ich nahm wahr, wie ich starb. Mehr als ich mir je vorstellen konnte. Panisch griff ich nach seinen Händen, die noch immer fest das Heft seines Schwertes umfassten.Sein gefährliches Lächeln verrutschte und ich sah, wie erbegriff, was soeben geschehen war. Fassungslosigkeit und blanke Angst huschtenüber sein Antlitz. Caolán riss mir die Maske vom Kopf und jaulte darauf auf,als er mich erblickte. Verzog das Gesicht zu einem stummen Schrei, den ichnicht mehr hörte. Der Lärm um uns herum schien nur noch gedämpft zu mirhindurch zu dringen, als befände ich mich in einer schützenden Blase. Derpochende gleißende Schmerz verblasste langsam. Meine Beine gaben unter mir nachund ich fiel in mich zusammen. Er fing mich auf und zusammen glitten wir zuBoden. Sein Gesicht verschwamm vor meinen Augen und alles schien weiß zuwerden. Ein taubes Gefühl breitete sich in mir aus. Leere, allumfassende Leere.


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Swords of AmarantheaWhere stories live. Discover now