Kapitel 12

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Gerade saßen wir auf einer kleinen Mauer, nahe dem Marktplatz, lauschten der Musik und aßen Stücke eines leckeren Hefegebäcks, während unser Beine herab baumelten. In dieser kurzen Zeit, die wir verbrachten, hatte ich Kalyea schon sehr lieb gewonnen und ich hoffte auf eine Freundschaft mit ihr. Sie war so ein herzensguter Mensch. Wobei das nicht ganz stimmte. Als sie mir die Stadt mit all ihren Besonderheiten zeigte, wehte ein Böe durch ihr voluminöses Haar und entblöste kleine spitz zulaufende Ohren. Und das kannte ich bisher nicht. Die Fae hatten mich stets wie eine unliebsame Außenseiterin behandelt, die lediglich geduldet anstatt akzeptiert wurde. Dass Killian mich so behandelte, war normal; Kjell hatte mich auch positiv überrascht und Killians Dorf, das war etwas besonderes, heimeliges. Aber auf eine wundervolle Freundin wie Kalyea zu treffen, ließ mein Herz aufgehen.

Sie ist vor vielen Jahren mit ihrer Mutter aus einem geplünderten Dorf in die Stadt geflüchtet und schon allein deswegen, fühlte ich mich mit ihr verbunden. Sie hatte die gleichen Gräueltaten erleben müssen, nur mit dem Unterschied, dass man ihr die Mutter nicht beraubte. Und im Gegensatz zu mir hatte sie so viel schönes entdecken dürfen. Ich liebte es ihren vielen Geschichten zu lauschen. Meine Liebste war die, als sie im Alter von fünfzehn Jahren, einem Kind, das geklaut hatte, aus der Patsche half, und eine wilde Verfolgungsjagd mit Soldaten anzettelte. Bedauerlicherweise hatte sie einigen Tumult verursacht und den ein oder anderen Schaden angerichtet. Aber Kaylea liebte diesen Nervenkitzel und sie erzählte dieses Erlebnis mit so viel Begeisterung, dass ich mich gerne in ein ähnliches Abenteuer mit ihr gestürzt hätte.

»Oh warte!«, stieß sie hervor und griff in mein Haar. Als ich ihr die Errungenschaften der alten Frau zeigte, ließ Kalyea sich nicht davon abbringen, mir den Haarschmuck einzuflechten und gerade schien sie eine Spirale wieder in eine Strähne zu drehen, die sich gelöst haben musste. Ich beugte ihr meinen Seitenkopf entgegen und es zupfte kurz, bis sie sich zurücklehnte und ein zufriedenes »Perfekt« von sich gab.

»Rhea«, ertönte es unterhalb unserer Füße und ertappt zuckten wir zusammen. Killian.

Aus Kayleas Gesicht wich sämtliche Farbe und sie rutschte von der Mauer. Von diesem aufgeschlossenen, mutigen Mädchen fehlte plötzlich jegliche Spur und sie schaute demütig zu Boden. »Sir«, sagte sie ehrfürchtig und deutete einen Knicks an. Kaylea war ein Stück kleiner als ich und reichte ihm kaum zur Brust. »Killian« Ich begrüßte ihn mit einem Kopfnicken.

»Scheint so, als hattet ihr zwei viel Spaß«, stellt er fest und ich hörte an seiner Stimmlage, dass er lächelte. Als Antwort nickte ich eifrig und nahm Kalyeas Hand in meine. »Das hatten wir! Danke.«

Kalyea war sichtlich erstaunt und ihre großen Rehaugen huschten zwischen dem Maskierten und mir hin und her. Ihr stand eine Ängstlichkeit in den Augen, die ich so gut nachempfinden konnte. So hatte ich ihn damals auch gemustert und ich konnte ihren Unglauben gut nachvollziehen. Wie konnte man nur mit dem berüchtigten dunklen Reiter so sprechen, ohne seinen Kopf zu gefährden.

»Kalyea, das ist mein guter Freund Killian. Er hatte mich damals aufgenommen.«

Ihre Augen schienen noch größer zu werden und ihre Brauen verschmolzen fast mit ihrem Haaransatz. Dabei hauchte sie ein leises, verstehendes »Oh«.

»Killian, das ist Kalyea. Sie hat mir die Stadt gezeigt.« Er streckte ihr seine Hand entgegen und ich erkannte genau, wie sie zusammen zuckte. Bevor ich ihre Hand losließ, drückte ich sie kurz ermutigend. Zögerlich und mit bebenden Fingern, erwiderte sie den Händedruck und ihre Hand verschwand fast gänzlich in seinen Handschuhen.

»Es freut mich, dich kennenzulernen.« Es war Killian anzuhören, dass er sich bemühte so viel Sanftheit in seine Worte zu legen, damit ihre Furcht abnahm. Und ihr Misstrauen schien sich langsam zu legen.

»Die Freude ist ganz meinerseits«, entgegnete sie, doch ihre Stimme klang viel zu schrill. Als er den Handschlag mit einem kräftigen Schütteln beendete, zog Kalyea schnell ihre Hand zurück. Killian wandte sich mir zu.

»Ich habe nun das Meiste geklärt, nun erwartet uns die Audienz beim König« Mir wurde schwermütig und ich schenkte meiner neuen Freundin ein kleines Lächeln, das sie erwiderte. Doch bevor ich mich von ihr verabschieden konnte, ergriff Killian erneut das Wort.

»Du wirst im Schloss als Lady auftreten«, begann er und ich unterbrach ihn: »Aber das bin ich nicht!«

»Lass das meine Sorge sein. Was ich damit eigentlich sagen wollte ist, dass eine Lady auch eine Zofe benötigt.« Vielsagend drehte er seinen Kopf wieder zu Kalyea.

Sie schien ihm genauso nicht folgen zu können, wie ich und so schauten wir ihn fragend an.

»Es sei denn«, setzte er fort, »Kalyea untersteht bereits einer Anstellung.«

Und nun sickerte die Bedeutung bei uns beiden durch.

Freudestrahlend schauten wir einander an und ein leises Quietschen, brach aus uns hervor.

Wir zogen uns in die Arme und wiegten und hüpften euphorisch auf der Stelle. Killian lachte leise in sich herein und ging ein paar Schritte voraus. Bei einer Abzweigung hielt er inne und drehte sich zu uns.

»Was ist nun, kommt ihr endlich?«

Kalyea und ich lösten uns voneinander und eilten seinem dunklen Umhang hinterher.

Swords of AmarantheaWhere stories live. Discover now