13.Kapitel

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Ich betrat den Umkleideraum von meiner Tanzschule, welcher schon halb voll war. Ich begrüßte die, die schon da waren, suchte mir einen freien Platz und zog mich bis auf meine Trainingsklamotten aus. Heute würden wir wieder für die bevorstehende Ballettprüfung, die irgendwann nach Silvester stattfinden sollte, trainieren. Darauf freute ich mich schon.
Die anderen unterhielten sich und ich hörte wie immer nur zu. Das war aber im Gegensatz zu vielen Situationen in der Schule, in denen ich nur zuhörte, viel angenehmer. Hier fühlte ich mich relativ wohl. Es gab einige Mädchen, die mich immer lieb mit integrierten und mich wegen meiner Schüchternheit nicht ausschlossen. Dafür war ich ihnen wirklich dankbar. Hier hielten alle immer zusammen und niemand hetzte andere gegen einen auf oder so etwas dieser Art. Die Atmosphäre hier genoss ich und freute mich jedes Mal aufs Training, da ich mich danach immer besser fühlte. Es war einfach ein Ort, an dem ich ein ganz normaler Mensch war, wie alle anderen auch, und das war ein schönes Gefühl. Deshalb kam ich auch immer gerne etwas früher her als nötig war, einfach weil es mir Kraft gab.

Als nach ungefähr zehn Minuten die Gruppe vor uns fertig war und in die Umkleide kam, gingen wir gemeinsam in den Tanzsaal. Unsere Trainerin war anscheinend auf der Toilette, denn ich konnte sie nicht sehen. Wie immer gingen die einen eine Übung der letzten Stunde durch, die anderen dehnten und machten sich warm und dann gab es noch die, die sich unterhielten. Ich war immer bei denen, die eine Übung durchgingen, weil ich mich den drei Mädchen, die das unter anderem immer taten, am besten verstand. Ich gesellte mich also zu den Dreien und wir gingen zusammen das klassische Solo von der Prüfung durch, bis unsere Trainerin uns schließlich zu sich rief und wir uns wie immer, wenn es etwas zu besprechen gab, in einem Halbkreis auf den Boden setzten.

»Es gibt ein paar Dinge, die ich mit euch bezüglich eurer Prüfung nächstes Jahr besprechen will. Ihr bekommt am Ende der Stunde auch noch einen Zettel deswegen«, fing sie an und wir hörten ihr erwartungsvoll zu. »Ich weiß nun den genauen Termin, es findet am Vormittag vom 23. Januar statt, das ist ein Donnerstag. Deshalb werdet ihr an diesem Tag schulfrei haben. Von der Einrichtung, von der eure Prüferin kommt, gibt es diesbezüglich noch ein Schreiben an eure Direktoren und auch von mir erhaltet ihr noch eines, das sollte also kein Problem darstellen.«

Vor Begeisterung über die Aussicht auf einen schulfreien Tag redeten alle durcheinander.

»Ist das nicht mega cool?«, sprach Marija mich direkt an und ich lächelte nickend.

»Oh ja, das ist wirklich total cool. Mal ein richtig schöner Grund, weshalb man nicht in die Schule geht«, meinte ich und sie nickte begeistert. Im selben Moment bat unsere Trainerin auch schon um Ruhe.

»Ihr werdet von mir in Vierergruppen eingeteilt, die dann jeweils zusammen in die Prüfung gehen. Wer mit wem in einer Gruppe ist, sag ich gleich, aber davor möchte ich noch etwas sagen: Wir haben nicht einmal mehr zwei Monate Zeit bis zur Prüfung. Das heißt, jetzt müsst ihr bei jedem Training noch mehr geben als sowieso schon. Ihr müsst viel fokussierter arbeiten und zu Hause vor allem die Sachen üben, die ihr noch nicht so gut könnt und nicht die, die ihr sowieso schon könnt. Nutzt das Training jedes Mal so, als würdet ihr jetzt schon geprüft werden, verstanden?«, fragte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. Wir nickten. Ansprachen dieser Art hielt sie oft, zwar nicht direkt auf die Prüfung bezogen, aber generell von der Thematik her, wenn zum Beispiel eine Aufführung bevorstand.

»Gut, dann noch schnell die Gruppeneinteilung, bevor wir zu viel Zeit verlieren«, meinte sie und las diese von einem Zettel vor. Ich war mit den Dreien in einer Gruppe, mit denen ich auch immer am Anfang der Stunde die Übungen durchging. Das überraschte mich nicht.

»Unsere Gruppe ist die beste, stimmts?« Grinsend drehte Marija sich zu Kalea, Freya und mir um.  »Also wenn wir nicht am besten zusammenpassen, weiß ich auch nicht weiter.«

Mehr als nur extrem schüchtern | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt