18.Kapitel

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Mit schwitzigen Händen betrat ich das Tanzstudio. Heute fand meine Prüfung statt. Das hatte ich immer noch nicht richtig realisiert. Ich ging die Steintreppen nach oben in den ersten Stock. Es war ziemlich ruhig. War ich die erste von meiner Gruppe? Ich ging an der Tür zum Tanzsaal, in dem sich gerade die Musik der Tendus abspielte, vorbei und direkt in die Umkleide. Dort unterhielten sich gerade Kalea und Freya mit unserer Trainerin. Marija war anscheinend noch nicht da.

»Hallo«, begrüßte ich die drei in einem leisen Ton. Sie sahen zu mir und erwiderten die Begrüßung. Ich stellte meine Trainingstasche auf die Bank an meinen Lieblingsplatz in der Ecke und ging zu ihnen.

»Katharina, hier ist dein Prüfungstrikot, der müsste passen. Zieh dich schnell um und komm dann wieder her«, meinte meine Trainerin und drückte mir einen hellblauen Stoff in die Hand, den Kalea und Freya schon anhatten. Es war einer der typischen mit diesem Gummiband um die Hüfte von der Schule, von der die Prüferin kam. Die Farbe sah schön aus. Sie gefiel mir.

Ich ging in die zweite, leere Umkleidekabine und zog mich dort um. Im Spiegel sah ich mich prüfend an. Das sah gut aus. Ich gefiel mir. Ich lächelte. Ich konnte es gar nicht richtig glauben, dass ich in einer Stunde schon im Tanzsaal stand und geprüft wurde.

Ich ging wieder zurück in die andere Umkleidekabine, wo ich auch gleich stürmisch von Marija umarmt wurde.

»Hey, ich bin so aufgeregt«, erzählte sie mir dabei außer Atem.

»Ich auch, aber ich freu mich darauf auch schon total«, erwiderte ich und sie nickte.

»Das tu ich auch, aber jetzt muss ich mich umziehen - bis gleich!« Und schon war sie aus dem kleinen Raum verschwunden. Lächelnd ging ich zu den anderen beiden hinüber und sog die Luft ein. Hier roch es kräftig nach Haarspray. Ich liebte diesen Geruch. Meine Trainerin sprühte Freya gerade gefühlte Tonnen von diesem Zeug auf den Kopf. Kalea hatte die Prozedur anscheinend schon hinter sich, denn die paar einzelnen Haare, die vorhin noch abgestanden waren, waren jetzt nicht mehr zu sehen.

»Gut, dass du da bist, komm her. Dein Dutt kann auch noch eine Ladung Haarspray gebrauchen. Freya, du suchst dir Charakterschuhe, die dir passen. Die Kiste mit ihnen ist unter der Bank. Kalea, du kannst dir auch gleich deine richtige Größe suchen«, ordnete sie an und ein paar Augenblicke später hantierte sie auch schon mit Haarspray an meinem Dutt herum. Dabei hatte ich schon zu Hause eine beträchtliche Menge davon benutzt.

Nachdem mein Dutt nun gefühlt einen Kilo mehr Haarspray drin hatte als sowieso schon, holte auch ich mir ein paar Charakterschuhe und Marija musste nun das Haarspray über sich ergehen lassen. Ich betrachtete den prüfenden Blick meiner Trainerin. Konzentriert kniff sie die Augen zusammen, ihre gebräunte Haut bekam dadurch noch ein paar Falten mehr. Mittlerweile war sie ziemlich alt geworden. Ich hoffte, sie würde so schnell nicht in Rente gehen, denn ich mochte ihre strenge und perfektionistische, aber trotzdem auch lustige und nette Art beim Unterrichten.

Als sie nun auch mit Marija fertig war, drückte sie jedem von uns einen passenden Charakterrock in die Hand. Dann bekamen wir unsere Nummern aufgesteckt. Ich war die eins, Freya die zwei, Kalea die drei und Marija die vier. Das hieß ich musste zum Beispiel ganz vorne an der Stange stehen und als erstes mein Solo tanzen. Ich hatte mich darüber gefreut, als meine Trainerin gesagt hatte dass ich die eins sein durfte. Irgendwie stärkte mich das.

Als wir fertig vorbereitet waren, gingen wir zusammen die Übungen der Prüfung nochmal durch und unsere Trainerin gab uns noch den ein oder anderen Hinweis. Je näher die Gruppe vor uns dem Ende kam, desto nervöser wurden wir alle.

»Hallo«, begrüßte uns Ella aufgeregt, als sie in die Umkleidekabine ging und ihre Jacke auszog. Wir erwiderten die Begrüßung und unsere Trainerin drückte ihr den Prüfungsbody in die Hand.

Mehr als nur extrem schüchtern | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt