11 - Josh

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Seit ein paar Tagen drehen wir, und es ist ein unglaubliches Gefühl, sich klarzumachen, dass man für Disney vor der Kamera steht. Die meisten von den anderen haben schon für Disney gedreht, aber ich glaube, auch für sie ist HSM was Besonderes.

Es fängt schon mit der Atmosphäre beim Frühstück an, wo Matt und Sofia sich um das knusprigste Brötchen streiten und Frankie den Streitschlichter macht. Wenn die beiden dann auf ihn losgehen, springt Joe für ihn in die Bresche, was wirklich süß ist, und das Ende vom Lied ist, dass Matt und Sofia sich das Brötchen teilen, was die anderen dazu veranlasst, eine Art "Sharing"-Community ins Leben zu rufen. „Wenn Matt und Sofia sich ein Brötchen teilen, darf ich mir dann mal deine Kopfhörer leihen? Du könntest im Gegenzug meine mal haben", Julia schaut Liv an. „Ich habe einen besseren Vorschlag: Du kriegst meine Kopfhörer, ich deinen Teddy." Liv grinst.

„Waaaas? Meinen Teddy? Auf keinen Fall!" Julia tut empört, aber sie ist so lieb, dass sie Liv den XXL-Teddy vermutlich trotzdem verleihen würde.

„Ich könnte mir mal deine Gitarre borgen, und damit etwas Straßenmusik machen", Larry grinst mich an, und ich verschlucke mich fast an meinem Brötchen. „Meine Gitarre?" Hustend ringe ich um Luft, und alle schauen mich an. Liv klopft mir besorgt auf den Rücken. „Geht's?"

„Alles gut." Ich atme etwas hektischer als sonst, was aber auch an Larrys Bitte liegen könnte. „Larry sei mir nicht böse, aber meine Gitarre verleih ich wirklich an niemanden."

Larry wirkt nicht wirklich bekümmert. „Das dachte ich mir schon fast. Ist wahrscheinlich wie mit meinen Tap-Dance-Schuhen. Die sind echt mein Heiligtum, ich weiß noch, wie..." Und dann fängt er an, ausführlich eine Geschichte zu erzählen, in der mindestens zehnmal das Wort "blöder Köter" und "Sabberfleck" vorkommt.

Ich denke immer noch über meine Reaktion auf Larrys Frage nach. Ich glaube nicht, dass sie ernst gemeint war, aber irgendwie beschäftigt mich das trotzdem. Bin ich ein egoistischer Mensch?

„Hey", Olivia beugt sich zu mir rüber und lächelt mich an. Ihre Augen leuchten warm und verständnisvoll. „Jeder hier weiß, wie wichtig dir deine Gitarre ist, du musst dir keine Sorgen machen, dass dich irgendwer für egoistisch oder so hält..."

„Thank you...", murmle ich und grinse schief, fühle mich aber etwas getröstet.


***


Heute drehen wir die Auditions in der Aula der High School. Coolerweise darf ich meine Gitarre in der Show benutzen, was mir wie immer gleich ein viel besseres Gefühl verleiht. Aber wir haben die Szene sowieso so oft geprobt, dass man fast gar nicht merkt, dass gedreht wird. - Natürlich stehen wirklich viele Leute um uns rum, Mikros hängen von der Decke und Lampen leuchten die Szene aus, aber es ist nicht so präsent. Der Trick ist, beim Spielen alles andere auszublenden.

Als ich in die Aula stürme und rufe, dass ich auch noch vorspielen will, übertrage ich meine leichte Nervosität auf Ricky, und ich höre, wie jemand leise murmelt: „Unglaublich authentisch." Es läuft gut, zumindest bis zu dem Moment, in dem ich vor Olivia stehe, sie singend anschaue und ihr bei "I kinda you know you know you know" ein Kichern entweicht. „Und TAKE!"

„Sorry, Leute", entschuldigt Liv sich und versucht, ihre zuckenden Mundwinkel unter Kontrolle zu bringen. Nachdem sie ein paar Mal tief durchgeatmet hat und sie wieder wehmütig-traurig schaut, geht es weiter.
„I think, I kinda you know, you know, you-" „Hatschiii!" Kate Reinders Niesen unterbricht mich. „TAKE!"

„Entschuldigung", sie schnäuzt sich. „Aber hier ist so viel Staub in der Luft." Diesmal ist Frankie neben ihr derjenige, der anfängt zu glucksen. So langsam weicht die Stimmung, die wir erschaffen wollen, und es wird unruhig. Nach einer kurzen Atempause, in der alle sich einmal lockern und dann wieder hinsetzen, geht es weiter. „Uuuuund Klappe die achte!"

Das neunte Mal wird perfekt. Alles läuft wie am Schnürchen. Ich halte meinen Monolog, singe, niemand muss niesen oder kichern, und Livs Augen glänzen genau richtig gerührt.

Nach der Szene haben wir eine Pause, in der ich mich an den Flügel setze. Liv setzt sich neben mich. „Lust auf ein Duett Basset?"

„Wenn du so schön reimst, immer doch", ich grinse.

„You're on the phone with your girlfriend, she's upset, she's going off about something that you said", beginnt Liv und grinst. „'Cause she doesn't get your humor like I do." Sie schwingt sich vom Klavierhocker, und ich hebe die Hand ans Ohr, als würde ich telefonieren, und während ich mit einer Hand weiterspiele, singt Liv weiter: „I'm in the room, it's a typical Tuesday night, I'm listening to the kind of music she doesn't like, and she'll never know your story like I do..."
Sie tut so, als würde sie wie Taylor Swift in dem Musikvideo vor einem Spiegel rumhüpfen und sich in verschiedensten Klamotten betrachten. „But she wears short skirts - I wear T-shirts, she's cheer captain - and I'm on the bleachers. Dreaming about the day when you wake up and find, that what you're looking for has been here the whole time."
Den Refrain singen wir zusammen:
„If you could see
That I'm the one
Who understands you
Been here all along
So, why can't you see
You belong with me
You belong with me"

Die anderen in der Aula jubeln und klatschen. Julia und Matt hüpfen um uns herum, und die Stimmung könnte nicht besser sein.

...

Tim gesellt sich bei dem nächsten Lied zu uns und nach einem Moment, in dem er mit dem Fuß im Takt mitwippt, sagt er: „Ich weiß, ich frage ständig, aber wie läuft Just for a moment?"

„Ziemlich gut", sage ich, und Liv nickt.

„Dann können wir bald eine Probedemo machen? Meint ihr, ihr schafft es bis nächste Woche Sonntag? Denkt dran, es muss nicht perfekt sein, wir haben danach noch Zeit, Stellen zu verbessern."

Sonntag? Ich wechsle einen kurzen Blick mit Liv. Nur kein Stress, sage ich lautlos und sie zurück: Stress? Gar nicht...
An Tim gewandt erkläre ich: „Wir schaffen das."


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Die Songlyrics von "You belong with me" - Taylor Swift gehören nicht mir!

Just for a moment - JoliviaWhere stories live. Discover now