Just for a moment - Jolivia

14 - Liv

„Du bist noch nie Auto gefahren?" Josh starrt mich an, und ich verkneife mir mit Mühe ein Kichern.
„Aber das kann doch nicht sein, irgendwer muss dich doch schonmal ans Steuer gelassen haben!"
„Äh... Nein?"
„Okay." Er nimmt meine Hand und zieht mich in Richtung Parkplatz. „Das müssen wir jetzt ändern."
Sein Auto steht auf dem Parkplatz, und ich beäuge es misstrauisch. „Und wenn ich einen Kratzer reinmache? Oder die Bremsen schrotte?"
„Liv, du wirst die Bremsen nicht schrotten", Josh lacht. „Und spätestens seit HSM hast du genug Geld, um mir sogar zwei Kratzer zu bezahlen. Wobei ich natürlich eine Versicherung habe, also müsste nur die genug Kohle haben."
Er bemerkt meinen Blick und fügt eilig hinzu: „Aber das wird nicht nötig sein, weil alles klappen wird."
Er öffnet mir die Fahrertür, und ich setze mich widerstrebend auf den Sitz. Das Lenkrad fühlt sich riesig an, und als Josh auf den Beifahrersitz rutscht, steigt meine Nervosität wieder. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Autos und ich, wir sind nicht so die größten Freunde..." „Entspann dich etwas", Josh reicht mir die Autoschlüssel.
„Weißt du, ich will echt gerne bald den Führerschein machen, damit ich alle besuchen kann, wenn die Dreharbeiten vorbei sind", nervös nehme ich das klimpernde Bündel entgegen.
„Das wird klasse", er zwinkert mir zu. „Dann kannst du einfach bei mir vorbeifahren, und wir unternehmen was..."
Das wird echt cool, wenn ich mit dem Auto durch die Vororte fahre und dann bei ihm halte und ich ihn mitnehme. Aber vorher steht noch einiges an, unter anderem meine ersten Fahrversuche mit diesem Auto. Das Auto wirkt erwartungsgemäß nicht sonderlich enthusiastisch. Vielmehr klingt es gequält, als ich es starte, und besonders die Bremsen scheinen mich nicht so zu mögen. Josh räuspert sich. „Kann es sein, dass du etwas vergessen hast?"
Da war doch was. Ich löse die Handbremse. Schon besser. Der Motor klingt verschnupft, und Josh erklärt mir Schritt für Schritt, was ich tun soll. „Du musst die Kupplung ganz langsam kommen lassen. Laaaangsaaaam, Liv!"
Der Motor stottert, würgt, und dann geht er aus.
Matt wäre jetzt wahrscheinlich schon fast am Weinen, sein Auto ist sein Baby. Er hat sogar einen Spitznamen für den roten Wagen, und er hat ein Bild davon in seinem Portemonnaie.

Nach dem dritten Huster schaffe ich es endlich, den Wagen zu starten, und wir rollen über den Parkplatz.
„Das lief doch gar nicht mal so schlecht", sagt Josh zufrieden, und diesmal bin ich diejenige, die ihn anstarrt.
Seine Mundwinkel zucken. „Was?"
„Nicht schlecht?"
„Du fährst, das ist doch die Hauptsache."
Und wirklich, wir fahren über den Parkplatz, und ich lenke den Wagen um Hindernisse rum. ICH lenke ihn. Das ist wirklich Wow.

„Das. War. Hammer." Ich kann gar nicht aufhören zu grinsen. „Auch wenn das Auto natürlich nicht meinen Bedürfnissen gerecht wird. Ich mein, hier gibt es kein Fell auf dem Lenkrad und auch keinen Dufttannenbaum."
Nur mit Mühe gelingt es mir, den Wagen einzuparken, weil Josh sich vor Lachen auf dem Beifahrersitz wälzt. „So witzig war es nun auch wieder nicht", murmle ich, während ich den Rückwärtsgang einlege und mein Bestes gebe, das Auto neben uns nicht zu streifen. Das wär's noch, ganz kurz vor Schluss dieser bis dahin unfallfreien ersten Fahrstunde.
Als ich es endlich geschafft habe und erleichtert aufseufze, ist Josh endlich wieder ernst geworden, auch wenn seine Mundwinkel immer noch zucken. Ich reiche ihm die Schlüssel. „Danke Josh."
„Immer wieder gerne." Für eine Sekunde beugt er sich vor, und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht, dann ist der Moment auch schon vorbei und ich frage mich, ob ich mich getäuscht habe.