19 - Josh

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Seit der Trennung ist Olivia wie ausgewechselt, und das merken auch die anderen am Set. Ihr Lächeln ist auf Knopfdruck da, und sie verhält sich super professionell, aber man merkt ihr einfach an, dass sie nicht mit dem Herzen dabei ist. Jedes Mal, wenn jemand sie fragt, ob es ihr gut geht, nickt sie, lächelt und wechselt dann das Thema. Wenn sie mit der Crew zusammen ist, dann lacht sie und unterhält sich, als wäre alles okay, aber ich sehe an der Art, wie sie lacht, dass sie nicht mit dem Herzen dabei ist. Gleichzeitig stürzt sie sich in die Arbeit und lernt länger und mehr als alle anderen Text und Choreographien. Die Schatten unter ihren Augen werden immer tiefer. Nach drei Tagen kann ich es mir nicht länger anschauen und mache mich abends auf die Suche nach ihr.

Ich finde sie im Musik-Proberaum, wo sie am Flügel sitzt und eine melancholische Melodie spielt. Einen Moment stehe ich einfach nur da und beobachte sie, wie sie konzentriert und mit geschlossenen Augen spielt. Dann räuspere ich mich leise, und sie dreht sich um.

„Spiel weiter, das klang schön", ich setze mich neben sie. Mein Bein berührt ihres, mein Arm ihren. Wir saßen schon tausend mal so nebeneinander, aber heute fühlt es sich anders an. Liv spielt ihre Melodie weiter, und dann steige ich ein. Ich spiele eine simple Melodie, die einen Gegenpart zu ihren traurigen Harmonien bildet. Wir haben schon ein paar Mal ein Duett am Klavier gespielt, aber obwohl ich schon mit vielen Leuten Musik gemacht habe, habe ich bei keinem das Gefühl gehabt, dass er mich so gut ergänzt, wie bei Liv.

Wir lassen die Melodie  langsam ausklingen, und Liv lehnt ihren Kopf an meine Schulter. „Danke, dass du da bist."


***


Ein paar Tage später, ich sitze mit meiner Gitarre auf meinem Bettsofa, klingelt es irgendwo in den Tiefen meines Rucksacks, und ich krame nach meinem Handy. Endlich halte ich es in der Hand. „Ja?"

„Josh?" Liv klingt etwas nervös.

„Ja?" Ich klemme mir das Handy zwischen Ohr und Schulter, um meine Gitarre zur Seite zu legen.

„Ich hm, also ich bin mir nicht ganz sicher, ob es gut ist, aber ich habe gestern während des Drehs eine Idee für einen Song für Nini gehabt und dann habe ich die ganze Nacht durch daran geschrieben und ich dachte, vielleicht willst du es dir anhören?"

„Natürlich will ich das! Soll ich rüber kommen?"

„Wenn du Zeit hast..." Sie klingt unsicher. „Oder später, wann's dir passt, vielleicht morgen nach dem Dreh, oder..."

„Ich bin in einer Minute bei dir", sage ich und ziehe meine Sweatshirtjacke über. Dann halte ich inne. „Bist du im Proberaum?"

„Ja."

„Dann bis gleich!"

Draußen regnet es in Strömen, und ich weiche den größten Pfützen aus. Trotzdem werde ich klatschnass und hinterlasse wahrscheinlich die längste Tropfspur Amerikas. Vor dem Proberaum schüttle ich mich wie ein nasser Hund und klopfe dann an.
„Hey", Olivia öffnet mir die Tür, und ihr Blick fällt auf meine tropfenden Sachen. „Oh no, hast du keinen Schirm??"
Jetzt, wo sie's sagt, komm ich mir etwas dumm vor. Ich bin einfach losgelaufen, ohne daran zu denken. „Hast du vielleicht ein Handtuch?" Ich muss niesen, und Liv nickt eilig. „Irgendwo muss hier doch eins sein... Tim killt mich, wenn du krank wirst." In einem Schrank wird sie fündig, und sie reicht mir ein flauschiges Tuch. „Bitte sehr."
Sichtlich nervös setzt sie sich an den Flügel. „Du bist der Erste, der das hört, und ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, vielleicht ist es auch total schlecht, deshalb..."

„Hey, mach dir nicht so einen Kopf!", ich stupse sie in die Seite.

„Okay..." Sie schließt die Augen, und ihre Finger fliegen über die Tasten.

„I found a guy, told me I was a star..."

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Kurze Anmerkung: Das Video zeigt All I Want in einem relativ frühen Stadium; die Lyrics wurden an mehreren Stellen später noch geändert :)

Die Rechte für die Lyrics und das Video liegen nicht bei mir, und wie immer ist alles frei erfunden.

Just for a moment - JoliviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt