25 - Liv - "... that's true."

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Nachdem die letzte Klappe gefallen ist, feiert die ganze Crew eine Riesenparty. Nach der Kuss-Szene musste ich einiges an vielsagenden Blicken ertragen, die die anderen austauschten und uns zuwarfen. Ich hingegen habe Probleme, Josh überhaupt anzuschauen. Ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll, obwohl mir so viele Dinge einfallen, die ich ihm gerne sagen würde. Jedes Mal, wenn ich sehe, wie er mit Matt rumalbert oder über etwas lacht, das jemand in der Runde sagt, geht mein Blick zu ihm und dann blitzschnell wieder weg. Was, wenn der Kuss von ihm einfach nur sehr, sehr gut geschauspielert gewesen ist? Das ist der Gedanke, der mich gestern Abend wachgehalten hat. Der mir immer wieder im Kopf herumkreist, wie eine lästige Fliege, die man nicht zu fassen bekommt. Oder nein, eher eine Mücke. Eine fiese Mücke. Was, wenn der Kuss von ihm einfach nur sehr gut geschauspielert gewesen ist? Dieser Gedanke säht zunehmend Zweifel in mir, ob ich nicht zu viel in das, was Josh gesagt hat, reininterpretiere. Dass diese Situation ungeklärt ist, macht mich verrückt, aber ich weiß auch nicht, wie ich sie lösen soll, ohne mich am Ende zu blamieren, und möglicherweise einen Freund zu verlieren. Bevor ich mich aber damit weiter beschäftigen kann, spüre ich, wie sich die Tanzenden teilen, und ich weiß schon, bevor ich aufschaue, dass Josh auf mich zukommt. Unwillkürlich muss ich an eine andere Party denken. Eine, bei der sich zwei Menschen begegnen, die nicht wissen, dass sich ihr Weg bald kreuzen wird, und dass das Schicksal einiges für sie parat hat. Ich weiß nicht, wo ich hinschauen soll und entscheide mich für einen Punkt über seiner rechten Schulter, gerade weit weg genug von seinen Augen und seinem Mund. Er trägt zwei Gläser mit Bowle (natürlich alkoholfrei - wir sind schließlich immer noch bei Disney) und balanciert einen Teller mit Muffins in seiner Armbeuge. Bei dem Anblick der wackelnden Muffins beuge ich mich schnell vor und nehme ihm den Teller ab. Mir wird bewusst, wie nah wir uns sind, und rasch trete ich einen Schritt zurück. Eine kurze Pause entsteht.

„Hey." Josh reicht mir eins der Gläser und lächelt. Er lehnt sich neben mir an die Wand.

„Hello." Ich weiß genau, wie viel Abstand zwischen uns ist. Wenn ich noch ein Stück näher an ihn heranrücke, passt kein Blatt Papier mehr dazwischen. Ich widerstehe dem Drang und beiße hastig in einen Muffin. Sie sind lecker (Daras Werk), aber irgendwie liegen mir die unausgesprochenen Fragen im Magen. Nach einer Weile atmet Josh tief aus, was ich sogar durch die laute Musik hören kann, und er sagt: „Geht es dir gut? Du warst so still... seit gestern."

„Ich... ja. Ich denke schon." Ich nehme einen Schluck Bowle. Schade, dass sie ohne Alkohol ist, dann hätte ich jetzt vielleicht mehr Mut, ihn nach dem Kuss zu fragen. Eine ganze Weile schauen wir einfach nur den anderen beim Tanzen zu und schweigen. Dann wird es zunehmend stickig im Raum und ich denke, vielleicht bringe ich mehr Mut auf, ihm die Fragen zu stellen, die mir unter den Nägeln brennen, wenn nicht gleichzeitig Partybässe wummern und ich Angst habe, dass uns doch jemand zuhört. „Hey Bassett, hast du Lust auf einen kleinen Spaziergang?"

„Dunkel wars, der Mond schien helle...", zitiert Josh und lächelt verschmitzt. „Ich bin dabei."

Wir gehen nach draußen, und wieder einmal bin ich erstaunt, wie laut es auf Partys immer ist. Immerhin sind sicher um die hundert Leute heute Abend hier, neben dem Cast die ganze Crew eingeschlossen. Tatsächlich scheint der Mond so hell, dass es eigentlich keine der Straßenlaternen bräuchte, die die Umgebung erhellen. Ich kann einen blassen Streifen Licht von drinnen sehen, der seine braunen Locken blond wirken lässt. Wir setzen uns auf eine breite Backsteinmauer mit Blick auf die hohen Berge. Die Lichter der Stadt und der Verkehrslärm dringen gedämpft zu uns durch. Was, wenn der Kuss von ihm einfach nur sehr, sehr gut geschauspielert gewesen ist?

„Rodrigo, man hört dich bis nach New York grübeln. Willst du mir nicht sagen, worüber du so angestrengt nachdenkst, dass du darüber sogar sogar vergisst, mit mir zu reden?"

„Wieso vergessen, mit dir zu reden?"

„Seit gestern bist du stiller als ein Wasser. Hat das einen tieferen Sinn, oder...?"

„Gott Basset, deine Wortwitze werden immer schlechter." Ich versuche, mir Zeit zu erkaufen, um nachzudenken, ahne aber, dass ich auf Dauer damit nicht weiterkommen werde.

„Immerhin mache ich Witze. Du machst keine, warum?"

„Mir ist gerade nicht danach."

„Das habe ich bemerkt, aber warum?"

„Sind wir hier im Kindergarten, oder wieso die vielen Warums?"

Josh grinst. „Ich dachte eigentlich, Fragen zu stellen wäre auch außerhalb des Kindergartens erlaubt. Also warum so nachdenklich, Livvy?"

Bei der vertrauten Anrede kribbelt es, als würde eine Ameisenarmee über meine Arme laufen. „Erinnerst du dich, daran, wie es war, als du im Kindergarten warst, und du ein Kind getroffen hast und du nichts über es wusstest?"

„...Und zehn Sekunden später wart ihr beste Freunde... weil du nichts tun musstest, außer du selbst zu sein", ergänzt Josh, und wir müssen beide lachen. Der Knoten in meinem Bauch löst sich ein bisschen. Es wird keine bessere Situation kommen, um diesen Gefühlswirrwarr zu klären. So oder so weiß ich dann immerhin, was Sache ist. „Kann ich dich was fragen?"

Josh wird wieder ernst und stupst mich in die Seite. „Immer doch."

„Was von dem, was du gestern gesagt hast, war echt?"

Einen Moment denke ich, dass er nicht antworten wird. Sein Gesichtsausdruck wird ernst, nachdenklich, und ich wünsche mir fast, nichts gesagt zu haben, dann sagt er:

„Alles."

Einfach so, ein schlichtes Alles.

„Dein Lächeln hat mich umgehauen."

„Ich liebe dein Lachen, wenn ich einen Witz gemacht habe, über den sonst niemand lacht, und ich liebe die Art, wie du die Augen schließt, wenn du wenn du am Klavier sitzt und singst."

Alles.

„Ich liebe dich. Ich liebe dich, seit du dir damals die Ukulele geschnappt hast und den Song über Wolken gesungen hast. Einen albernen Song über Wolken. Ich liebe dich."

Ich lasse seine Worte in Revue passieren. „Und wenn du 'alles' sagst, meinst du etwa auch..."

„Auch das Skript." Endlich schaue ich ihn richtig an. Sein Blick begegnet meinem, und der Knoten verwandelt sich in Schmetterlinge, die heftig flattern. Alles kribbelt. Mein Blick wandert zu seinen Lippen. Gott, nur, weil wir uns einmal geküsst haben, kann ich doch nicht den Verstand verlieren! Es ist, als würde er meine Gedanken lesen, denn seine Mundwinkel zucken. "
„Du bist erstaunlich still, Rodrigo. Was hat dir so die Sprache verschlagen?"

„Du... verarschst mich nicht?"

„Ms Rodriogo, was sind das für Wörter aus ihrem Mund?"

„Aber... du kannst doch nicht alles ernst gemeint, oder?" Ich muss es einfach noch einmal nachfragen. Ich meine Ricky macht Nini eine Liebeserklärung. Es ist das Eine, zuzugeben, dass man eine andere Person mag und nicht will, dass man sich aus den Augen verliert, aber es ist etwas anderes, wenn man damit sagen will, dass man in jemanden verliebt ist.

Josh beugt sich vor, ein Lächeln breitet sich über seinem Gesicht aus. „Fragst du mich gerade das, was ich denke, was du fragst?"

Ich lehne mich ein Stück zurück, verwirrt, wie mein ganzer Körper auf einmal auf ihn reagiert. Damn, was wollen die Schmetterlinge nur alle auf einmal??! Wie zur Hölle habe ich es geschafft, die letzten Monate vernünftig Sätze rauszubringen und zu drehen?! „Was denkst du noch mal, was ich fragen will?", frage ich etwas verzweifelt.

„Ich denke, du willst wissen, ob ich auf dich stehe."


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Just for a moment - JoliviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt