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Dr. Yen war nach einer weiteren Stunde Beobachtung so freundlich und ließ mich zu Carlson rein. Es stank nach Desinfektion und nassem Hund. Ich musste Schmunzeln. Carlson hätte bestimmt dazu einen nervigen Kommentar abgeben, was mich auf die Palme brachte. Das Lächeln verschwand. Ich vermisste ihn, obwohl es gerade mal vier Stunden Absenz waren.

"Er wird bald aufwachen. Am besten ich lasse euch beide alleine." Ich nickte freundlich zu Dr. Yen zu. Sie war eine süße und liebenswerte Person. Ihre Güte erwärmte. Kein Wunder das sie Ärztin war.
Sie zog die Tür zu, als sie aus dem Raum trat. Mein Blick fiel auf Carlson, der friedlich zu schlafen schien. Er lag auf seinen Bauch. Die Hände waren unter dem Kopf angewinkelt und er war nackt. Das Laken saß zu tief. Sein Oberkörper war mit weißen Bandagen umbunden. Dafür hatte sein markantes Kinn nichts abbekommen. Schönling wird wohl immer ein Schönling bleiben.

Ich stöhnte und plumpste müde in den Sessel. Ich war schon zwei Stunden am Stehen gewesen. Diese Pause war mir willkommen. Meine Augen behielt ich auf Carlson gerichtet. Hin und wieder stöhnte er leise auf. Heilungsprozesse waren nie schön. Mein Körper sackte nach vorne. Ich wollte ihn nicht wecken, somit beließ ich meine Hände bei mir. Irgendwann musste ich eingeschlafen sein. Mich wunderte es wenig.

Zu einem späteren Zeitpunkt hatte mein Nacken zu Schmerzen begonnen, sodass meine Hände sich um die schmerzenden Stellen kümmerten.
"Du musst dir das hässliche Schlafen abgewöhnen.", nervte Carlson's Stimme gleich nachdem ich zu mir kam. Konnte der Typ mir nur eimmal keine Kopfschmerzen geben?
"Wie kann man hässliches..." Meine Augenlider flatterten auf. Meine Hände rutschten von meinem Nacken ab als ich realisierte: er war aufgewacht und nicht nur das, er saß auf seinem Hintern und grinste spitzbübisch zu mir rüber. Sein Lacken saß gefährlich tief, aber so weit würde ich nicht runterblicken.

"Carlson.", brachte ich endlich raus, bevor sich mein Körper selbstständig machte. Meine Hände fanden den Weg um seinen Nacken, als ich mich auf ihn warf. Carlson hatte mit dieser plötzlichen Umarmung nicht gerechnet und doch erwiederte er es.
"Hey.", nuschelte er leise in meinen Nacken. Seine Hand rubbelte über meinen Rücken, als er meine Stille falsch interpretierte. Ich war erleichtert, nicht traurig.

"Hi.", krächzte ich nach einer gefühlten Ewigkeit raus.
"Nicht weinen."
Ich verdrehte meine Augen und entzog mich der Umarmung. Der Moment wurde zerstört.
"Wer würde über dich schon weinen?"
"Carlson! Bleib bei mir. Carlson... Warum wacht er nicht auf?", imitierte er mit hoher Stimme nach. Dabei verzogen sich seine Gesichtszüge. Okay, vielleicht hatte ich mich so angehört, aber es war nicht fair das mir unter die Nase zu reiben.

Er bemerkte keine Erwiederung, sodass er wieder nach meiner Hand griff.
"Komm her." Sachte zog er an meiner Hand, bevor ich ins Bett plumpste und meinen Rücken an seine Brust kuschelte.
"Ich habe mir Sorgen gemacht.", gab ich zu.
"Du hast es schließlich für mich gemacht."
Seine Lippen pressten sich auf meine Schläfe. Aus Reflex schloss ich meine Augen für die anhaltende Sekunde.

"Ich habe es nicht nur für dich gemacht." Meine Lider flatterten wieder auf. Carlson war ein Idiot. Ich glaubte, er würde sich nicht ändern. Vielleicht aber verstand ich auch einfach seine Art nicht. Vielleicht sah ich nicht hinter die Fassade, dennoch schwächelte ich und sackte gegen seine Wärme. Ich war froh ihn wieder bei Bewusstsein zu haben.
"Carlson-", setzte ich an. Es war klar, dass er es nicht hätte machen müssen.
"Klär mich mal auf.", unterbrach er mich.
"Was soll das Shirt von Nick?"

Ich verzog eine Miene.
"Es ist sauber."
"Ist mir bewusst. Trotzdem mag ich den Gedanken nicht. Wo ist dein Hemd?", fragte er in seiner Eifersucht nach.
"Alpha Maddox hat es." Ich spürte wie sich seine Brust unter mir anspannte. Aus möglichen Gründen der Matebindung wusste ich, er hatte es falsch aufgenommen. Ich musste mich anders artikulieren.
"Was?" Meine feinen Haare stellten sich auf meinem Körper auf. Es war heiß, gleichzeitig aber machte er mir auch Angst.

"Ich habe es ihm gegeben."
"Du hast es ihm selbst gegeben? Hast du dich auch vor ihm ausgezogen?" Seine Wut ließ seine Brust beben und sein Herzschlag kontrollieren. Mit einem plötzlichen Ruck fand ich mich auf meinem Rücken. Er verlagerte sein Gewicht auf seinem Arm, um auf mich herabzublicken. Es war heiß. Meine Wangen glühten.
"Hat er dich angefasst?" Seine tiefe Stimme vibrierte. Sehr heiß. In Trance schwenkte ich meinen Kopf.

"Warum hast du ihm dein Hemd gegeben, Clementine?" Seine Hand setzte meine Brille korrekt zurück.
"Es hat nach Kirschblüten und Mahagoni gerochen." Carlson nickte bloß.
"Er hat verstanden, dass er nicht dein Mate ist." Kurz zog ich in Verwunderung meine Augenbrauen zusammen, bevor mir einfiel, dass der Richtige über mir schwebt.
"Du hast dieses Hemd von Zoe bekommen." Zaghaft nickte ich ihm zu. Woher wusste er das?
"Woher-"
"Ich habe es ihr vorgeschlagen."
Meine Augen weiteten sich.
"Du sprichst mit Zoe?"
"Nein, es war ein Zufall und sie war am Grübeln gewesen und-" Ich hielt ihn auf.

Meine Hände schmiegten sich um seine Wangen. Abrupt schoss ich hoch und ließ mich von meinen Gefühlen gleiten. Meine Lippen suchten die der seinen. Keine zwei Sekunden später übernahm er die Führung. Seine Zunge schlüpfte in meinen Mund und begann diese mit seiner in Klang zu setzen. Ich war nicht geübt, dennoch schien ich einen Effekt auf ihn zu haben.

Er hatte mir das Hemd ausgesucht. Er hatte mein Geschmack getroffen, lang bevor ich wusste, dass er überhaupt mein Mate war. Meine Hände tapsten sich an seine Bandagen, zu seinen Bauchmuskeln herab. Carlson folgte meiner Hand und hielt sie auf. Der Kuss wurde unterbrochen. Irritiert starrte ich zu ihm hinauf. Sein Kopf wandt sich in Richtung Tür. Meine Augen folgten nach.

"Dad-", blickte ich ihn wie eine Protagonistin aus dem Filmen an, die ich damals ausgelacht hatte.
"Ich wollte nach dem Patienten sehen."

Beta's nerdy enemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt