52

10.4K 434 19
                                    

Am nächsten Morgen wurde ich um genau 7:30 Uhr aufgeweckt und das nicht auf die nette Variante.
Der Gang schien eine schrille Sirene eingebaut zu haben. Müde stand ich aus dem Bett auf.
"Frühstück in fünf Minuten", schrie Chris in den Gängen. Ich gähnte herzhaft, bevor sich mein Blick wieder dem kleinen Stück Papier auf dem Boden zuwandte. Ich gab der Versuchung nach und tat so, als ob ich mich strecken würde. Beim wieder Raufgleiten schnappte ich ihn mir. Ich konnte ihn im Aufzug lesen.

Langsam tapste ich in diesem Hafthemd aus dem Zimmer. Ich schloss es nicht. Welche Wertgegenstände besaß ich? Keine. Mädchen udn Jungs traten aus diversen Zimmern heraus. Sie schienen auf ein Kommando zu warten, um sich zu bewegen. Chris lief schnurstracks an uns vorbei. Sie mieden es aufzublicken. Waren sie schon so verschreckt?
Die meisten hatten einen Kurzhaarschnitt. Die Augen schienen komplett leer zu sein. Sie hatten keine Hoffnung mehr.

"Patienten und Patientinnen, bitte folgen" Auf Tritt maschierten wir in die entgegengesetzte Richtung. Schnell reihte ich mich unaufällig ein und versuchte meine Aufmerksamkeit auf Chris von uns zu lenken. Ich schluckte die neugierigen Blicke runter. Keiner schien einen Laut zu geben, also hielt ich mich genauso zurück.
Erst als wir vor einen Aufzug traten, der mit Eisenstäben umrandet war,  begannen sie durcheinander zu sprechen.
"Wie geht es dir Tyra?" Meine Augen wandten sich zu dem kleinen Mädchen in der Ecke. Sie gab den Anschein einer 12-Jährigen ab, aber wirklich sicher war ich mir nicht.

Chris hatte sich zu ihr gestellt und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.
"Nur noch eine Nacht, Tyra. Dann kommt wer anderer dran. Das wird schon" Sie nickte und mied es aufzublicken. Es war schrecklich. Ich fühlte mich schrecklich, obwohl ich nicht daran Schuld war.
"Was hat er gemacht?", fragte ein anderes Mädchen interessiert, doch Tyra schwenkte ihren Kopf. Ich verstand sie. Ich hätte auch ungern darüber gesprochen.

Der Aufzug hielt an und ich merkte erst viel zu spät, dass wir in dem Keller angekommen waren. Es war kalt und stank nach modriger Luft. Ein weiterer kahler Gang führte zu einer Eisentür, die von - ich schnupperte - einem Menschen geöffnet wurde.
Ein weiterer demotivierender Raum. Runde Tische mit schäbigen Sesseln standen im ganzen Raum verteilt herum.
"Nicht drängeln".
Ich wurde geschubst und gestoßen, bis ich am Ende der Reihe anstand, die sich ihre Mahlzeiten holten.

Wir bekamen ein Klecks Püree und zwei Scheiben Brot mit etwas Butter. Mir rumorte der Magen, beim bloßen Anblick. Es blieb mir nichts anderes übrig. Die Anderen hatten sich x-beliebig hingesetzt. Somit hatte ich freie Wahl mich zu irgendwem dazu zu setzen. Ich passierte verschiedene Tische, konnte aber nicht wissen, wer mich dazu akzeptieren würde, schließlich sprach niemand. Ein allein sitzender Junge blickte auf, als ich mich ihm ohne weiteres zu ihm setzte.

Die Eisentür ging zu. Niemand Anderes außer Chris stand im Raum.
Die Menge begann wieder zu reden. Selbst der Junge schenkte mir ein Lächeln.
"Witzig dass du gerade hier sitzen willst", schmunzelte er und biss in sein Brot.
"Warum? Hast du die Pest?"
Er begann erheitert zu Lachen.
"Nein, eher, dass man Ärger bekommt, wenn man mit mir spricht". Wie sollte ich das verstehen? Ich belies es dabei und versuchte aus dem Püree vielleicht irgendwelche Zehennägel zu finden. Es sah nicht schmackhaft aus.

"Iss, bevor dir selbst das weggenommen wird", nickte er in Richtung meines Tellers. Schlussendlich hatte er Recht. Ich musste mit dem klarkommen. ich kaute an meinem Brot, als Chris sich dazu setzte.
"Ich sehe deine Mate nicht".
"Sie ist auf einer anderen Abteilung", grinste er mich an und ich unterdrückte die Versuchung, ihm meine zweite Scheibe Brot ins Gesicht zu werfen. Ich brauchte das Stück, sprach ich mir vernünftig zu.
"Was hast du heraus gefunden, Spitzel?",  wandte sich Chris zu dem Jungen. Spitzel?
"Seinen Namen"
Ich schätzte mal, es war etwas Gutes.
"Und noch etwas", grinste er Chris zu.
"Er ist der Rektor einer Schule". Ich wurde hellhörig.

"Gib mir die Informationen, ich kann helfen", mischte ich mich blitzartig ein. Mein Rudel würde es bestimmt mithilfe von Thorsten herausfinden und nach Beweislagen die gegen ihn sprachen suchen.
"Was krieg ich als Gegenleistung?", verschrenkte er die Arme vor seiner Brust.
"Meinen Kartoffelpüree" schob ich meinen Teller freiwillig rüber.
"Wie wärs mit dir selbst?" Ja, das kam nicht in Frage.
"Ich habe ein Mate".
"Hatte ich auch, bis er mit seiner Busenfreundin weggelaufen ist".

"Spitzel", ging es Chris anders an.
"Was ist wenn ich dir erzähle, dass sie aus dem Rudel kommt, was dich als Rogue ausgeschlossen hatte?" Meine Augenbrauen zogen sich in Gedanken zusammen. Ich hätte ihn kennen sollen, doch ich war bloß ein Omega.
"Sie ist die Tochter des Omegas" wandte der angebliche Spitzel ein.
"Deren Mate ein Beta ist", fügte ich hinzu. Egal, was der Junge vor mir getan hatte, das war die einzige Möglichkeit an Informationen zu kommen.
"Dann richte deinem Alpha aus, er soll mich kontaktieren".

Ich seufzte.
"Gut, dann erwarte ihn heute zum Abendessen".
"Der Rektor heißt Parray".
"Mathew Parray?", fragte ich besorgt nach. Er nickte. Das konnte nicht sein!

Das war unmöglich! Er war ein Mensch! Mein Rektor war harmlos, warum...
Die Eisentür wurde wieder aufgeschlossen.
"Scheint so als ob du aufs Abendessen warten musst", fügte der Spitzel hinzu, bevor er vom Tisch aufstand und ich grob von Chris raufgezogen wurde.
"Frühstück zu Ende, lil Miss. Zeit fürs Nachdenken".

Beta's nerdy enemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt