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Ich wollte so schnell wie möglich wieder raus aus diesem Revier. Die Rudelsnähe beengte mich, vor allem nachdem sie gelogen hatten und ich länger in dieser Klinik verweilen musste. Es musste etwas dahinter stecken! Bloß was? War deswegen Carlson am Parkplatz draußen? Wollte er mich zum letzten Mal sehen können?

Dann konnte er gleich wieder gehen und die Ferne suchen! Dann brauchte er mich nicht! Ich wusste, ich dachte gerade in einer komplett falsche Richtung, jedoch war die Entäuschung zu groß, um rational zu denken.
"Miss Sage, sie würden bis zur nächsten Verhandlung in der Klinik bleiben müssen".
"Von wie lange sprechen wir?" fragte Mr. Wise vorsichtshalber nach. Am liebsten hätte ich seine Hand von meiner Schulter weg geschoben. Eine warme Hand würde das, was ich in der Klinik erleben würde, nicht wieder gut machen.

"Wie es aussieht zwei Wochen und das ist in ihrem Fall ziemlich schnell".
Mein Atem stockte. Zwei Wochen bis ich überhaupt wieder raus kam?! Unwillkürlich schmiss ich meine Arme um meinen Körper. Ich wollte nicht mit dem Kommenden konfrontiert werden!
"Gibt es keine Möglichkeit diese Verhandlung eher zu verlangen?"
"Nur wenn ich Beweise die gegen ihre Schuld sprechen finde".

Dann musste ich diese finden, auch wenn es hieß weiter in dieser Klinik zu verharren. Es war wohl die einzige Möglichkeit!
"Miss Sage, ich muss sie leider bitten wieder mit zu gehen". Ich nickte den Polizisten zu, die darauf warteten, dass ich von dem Stuhl aufstand. Es war eine knappe Befragung gewesen, die auf Lügen basierten. Ich mied es, meiner Freundin einen Blick zu schenken. Stattdessen verbeugte ich aus Respekt meinen Kopf in Richtung Beta und zukünftige Luna des Rudels.

"Clementine", hörte ich Mr. Wise in meinen Kopf.
"Es hat alles seinen Grund. Keine und Keiner begünstigt die Situation".

Ich versuchte ihm zu Glauben, doch mein Verstand stellte sich sturr. Mein Wolf war zu sehr entäuscht, um überhaupt einen Ton von sich zu geben. Ohne weiteres, lief ich den Polizisten nach und wurde mit dem Zimtgeruchs meines Mates konfrontiert. Konnte es sein, dass sich Tränen ansammelten? Höchstwahrscheinlich. Eine Nacht ohne meinem Mate war eine Qual gewesen, aber zwei Wochen? Bloß weil sich mein Rudel gedacht hatte zu lügen? Es könnte bis zu einer Zurückweisung kommen. Es war Carlson. Nicht nur der zukünftige Beta des Rudels, sondern auch der Junge mit den Mädchen am Start.

Mein Wolf verkraulte sich von der Oberfläche und schien mich allein zu lassen. Es zeigte seine verletzliche Seite. Es wollte nicht mehr in Kontakt treten. Das hieß nichts Gutes. Ich würde an Kraft verlieren und an Möglichkeiten mich mit dem Rudel in Verbindung zu setzen.

"Clementine, bitte", anscheinend war Carlson mittlerweile von seiner Position aufgestanden und am Minimieren der Distanz zu dem Polizeiwagen. Aber ich konnte und wollte ihm nicht mehr weiter, als die Bitte von heute Morgen sagen.

Alpha Bruno soll sich melden

Ich schenkte ihm keine weitere Beachtung. Es würde mehr schmerzen, als das ich davon in Erinnerung trug.

Mein Mate versuchte es wieder, aber ich blockte ihn raus. Meine Haare lösten sich vom frischen Wind. Mein Haarband glitt zu Boden. Ich bückte mich. Carlson hatte die Möglichkeit erkannt, um meine Nähe zu suchen. Bevor ich nach meinem Haargummi nach greifen konnte, schaffte es Carlson eher. Ich fand mich in seinen starken Armen wieder, die mich vom Boden hochzogen. Konnte ich zurücktreten? Nein, mein Wolf fühlte sich wieder wohl und vor allem beschützt.
"Stoß mich jetzt nicht weg, Clementine. Besonders jetzt nicht", stieß er seine Stirn für einen Augenblick an meine an, bevor es die Polizisten mitbekommen konnten.

"Junge!" bekam er eine Ermahnung von Thorsten, bevor ich Carlson von mir stieß. Ich wollte keine Szene schieben, wo er noch verletzt wurde.
"Ist okay", schoss ich gedanklich zurück.

"Alles gut, Miss Sage?", Polizist Jones versperrte mir die Sicht zu meinem Mate. Er trat vor mir und ihm. Ich spürte Carlson Rage. Man stellte sich nicht zwischen Mates. Schon gar nicht in so einer Situation. Ich musste agieren.

:Er ist ein Mensch, Carlson. Er ist ein Mensch", sprach ich auf ihn beruhigend ein.
"Carlson", wiederholte ich seinen Namen.
"Ich habe es dir Einmal gesagt, Clementine. Ich hole dich da raus", meldete er sich wieder, bevor er zurück trat und sich von dem Polizist entfernte.

"Nein, alles okay", ergatterte ich wieder die Aufmerksamkeit von Jones.
Er nickte mir zu. Langsam bugsierte mich der Polizist in Richtung des Polizeiwagens. Meine Augen suchten die Gegend nach Carlson ab, als ich im Wagen auf der Rückbank zum Sitzen kam, doch ich konnte ihn nirgends erblicken. Erst als der Wagen ins Rollen kam und wir von der Polizeistation wegfuhren, bemerkte ich vom Weiten, zwischen Fichten einen rostbraunen Wolf.

"Carlson" fiel mir unbedacht ein.
Der Wolf hielt an. Seine Schnauze schoss in die Höhe und ehe ich sein Jaulen hören konnte, wusste ich, dass er mir nach weinte. Ich wollte stark sein. Ich wollte auf meinen Wolf einreden, aber schlußendlich sackte ich im Sitz ein und lies den aufgesammelten Frust raus. Wer wusste wann ich wieder irgendwen, den ich kannte, zu Gesicht bekam. Thorsten schien mein Schluchtzen mitbekommen zu haben, als Jones zu Fluchen begann und irgendetwas von "nicht fair", sprach.

Meine Tränen trockneten erst ab, als ich Chris im Empfangsraum der Nervenklinik erblickte und er mich mit einem
"Willkommen zurück, lil Miss" begrüßte.

Beta's nerdy enemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt