Seis ~ Referat

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Am Montag, nachdem die Jungs wissen, dass ich Caro am Samstag wieder getroffen habe, kann ich ihren Fragen nicht ausweichen und werde sofort auf dem Schulhof in ein Gespräch über meine Fortschritte verwickelt.

„Ich hoffe du gewinnst", begrüßt mich Luis, „Ich habe zwanzig Euro auf dich gesetzt." Ich bin eigentlich extra später, aber ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es fünf Minuten zu früh ist, um zu flüchten.

„Es läuft", gebe ich ausweichend zurück, doch das reicht ihnen natürlich nicht.

„Jetzt komm schon, erzähl doch mal wie die Nachhilfe gelaufen ist", fordert Max mich auf, „du warst immerhin schon zweimal in den Schatten." Um seine Worte zu bestärken knufft er mich in die Seite.

Eigentlich ist die Bezeichnung Schatten für das Haus der Partez vollkommen unpassend. Bei der Erinnerung an die Churros läuft mir das Wasser im Mund zusammen und beim Gedanken an die hellen Farben und das offene Wohnzimmer muss ich fast über Max Aussage lachen.

„Es sieht eigentlich ganz normal aus. Ich war allerdings nur im Esszimmer. Wer weiß, was Oliver für Leichen in seinem Zimmer versteckt hält." Mein Kommentar lässt sie auflachen, während ich das Gefühl habe, Oliver schon wieder Unrecht zu tun.

Beinahe hat er gelächelt. Ich bin mir sicher, dass nicht mehr viel gefehlt hat. Vielleicht sehe ich sein Lächeln beim nächsten Mal. Obwohl, natürlich wäre es besser, ich sähe ihn überhaupt kein nächstes Mal.

„Eben, bei dem weiß man nie. Vielleicht lagert er da aber auch nur seine Mengen an Gras und Pillen", murmelt Tim abschätzig. Die anderen beiden murmeln zustimmend.

In dem Moment sehe ich, wie Caro und Oliver den Schulhof betreten. Sie heute in dunkelblauen Jeans und einen grauen Pullover, während ihr Bruder mal wieder vollkommen in schwarz unterwegs ist.

Sogar seine Haarfarbe passt zu seiner Kleidung, manchmal sogar der Blick in seinen Augen. Ich runzele die Stirn, als mir für eine Sekunde ein Gedanke durch den Kopf zuckt, den ich kaum fassen kann. Trotzdem sieht Olivers Haarfarbe plötzlich falsch aus.

„Hat sie dir schon so den Kopf verdreht?", raunt Max mir fragend ins Ohr und ich zucke ertappt zusammen. Schon wieder habe ich die beiden beobachtet, in meinen Augen überhaupt erst der Grund für diese dämliche Wette.

„Wer? Caro?", ich lache auf, „Als ob! Aber es darf doch wohl für sie so wirken." Die nächsten Schritte in meinem Plan sind einfach. Ich verbringe Zeit mit Caro bei der „Nachhilfe" und sorge dafür, dass sie mich mag, dann ein Kuss und fertig.

So einfach ist es, oder?

Zu meinem Glück ändert sich das Gesprächsthema endlich und die Jungs kommen irgendwie zu einer Referendarin, die anscheinen sehr schöne Beine hat. Ich habe keine Ahnung, von wem sie reden, deswegen halte ich mich raus.

Schon jetzt weiß ich, dass die Wette bei Weitem nicht so leicht zu gewinnen sein wird, wie gehofft. Ich mag Caro, ihr offene Art, wie sie sofort bereit war, mir zu helfen. Außerdem ist sie so entspannt und ganz anders, als ich gedacht hätte.

Gedankenverloren folge ich den anderen nach dem Gong ins Gebäude und bekomme die Verabschiedung nur halb mit. In der ersten Stunde haben wir Deutsch. Mit Sprachen habe ich es nicht so, aber Deutsch ist ganz okay.

„Heute verteile ich die Referatsgruppen. Dann bekommt ihr die Vorgaben und habt den Rest der Stunde Zeit, um euch zu besprechen", kündigt unser geliebter Lehrer an und einige seufzen.

Eins der Mädchen versucht noch einmal, ihn davon abzubringen und uns die Gruppen selbst wählen zu lassen, doch er lässt sich nicht beirren und zieht seine Liste aus der Tasche.

Nach und nach liest er die Namen vor und ich atme erleichtert auf, als Anja mit einem anderen Mädchen in einer Gruppe kommt. Luis dagegen quietscht leise, als er mit Josy zusammen eingeteilt wird.

„Dann haben wir noch Oliver und Lennox." Jetzt bin ich es, der das Bedürfnis hat, zu seufzen. Seitdem ich mit seiner Schwester Englisch mache scheint Olivers Abneigung gegen mich sich über das normale Maß gesteigert zu haben und das wird sicher kein Spaß.

Dazu kommt, dass man kaum ein Gedicht analysieren kann, wenn man kein Wort dazu sagt. In der Klasse brauche ich auf eine Äußerung von Oliver überhaupt nicht zu hoffen, das ist mir klar, aber vielleicht funktioniert es, wenn wir uns außerhalb der Schule treffen.

Dass ich mit der ersten Annahme recht habe, zeigt sich, als wir mit unseren Partnern zusammenkommen sollen. Ich ziehe meinen Stuhl extra nach hinten zu Olivers Platz, sodass wir nicht in der Mitte des Geschehens sitzen, doch er starrt nur aus dem Fenster.

Es wäre mir egal, aber meine Note hängt von dem Referat ab und ich will wenigstens eine Sprache nicht komplett in den Sand setzen. Es reicht, wenn Latein und Englisch katastrophal enden.

„Also", beginne ich bemüht locker, „Hast du irgendeine Idee für ein Gedicht?" Wir sollen ein selbst gewähltes Gedicht vor der Klasse analysieren und als erstes brauchen wir natürlich einen Vorschlag.

Mein Partner zuckt nur mit den Schultern und ich schnaube genervt. „Super", sage ich leicht angesäuert, „Ist es dir komplett egal? Weil dann suche ich mir einfach etwas aus und du musst dich damit zufriedengeben."

Wieder ein Schulterzucken. „Kannst du vielleicht irgendetwas dazu sagen? So kommen wir nicht weiter."

„Me desesperas", murmelt er. Meine Geduld sinkt mit jeder Minute. So kann ich nicht arbeiten!

„Geht das auch auf Deutsch?", knurre ich. Als Reaktion ernte ich nur einen müden Blick. Ich schließe die Augen und atme einmal tief durch. Aufregen bringt nichts, ich muss irgendwie mit ihm klarkommen.

„Hör zu, ich will genauso wenig mit dir zusammenarbeiten, wie du mit mir, aber ich brauche eine gute Note. Wie wäre es, wenn wir uns beide über ein Gedicht Gedanken machen und dann treffen wir uns die Tage und suchen eins aus?"

„Vale", antwortet er. Ich fauche innerlich, weil er immer noch Spanisch spricht, doch es klingt wie eine Zustimmung, deswegen sage ich nichts.

„Mañana?", fügt er dann fragend hinzu, auf meine hochgezogenen Augenbrauen verdreht er seine Augen, übersetzt das Wort dann trotzdem gnädiger Weise für mich. „Morgen?"

Ich murmele eine Zustimmung. „Vale. Um drei bei mir?" „Okay", bestätige ich.

Sofort wendet Oliver sich wieder seiner vorherigen Beschäftigung zu, dem Starren aus dem Fenster. Himmel, war das jetzt so schwer. Ich verdrehe die Augen und ziehe mein Handy aus der Tasche, um nach Gedichten zu suchen.

Das kann ja lustig werden.

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sí, noch ein capitulo...

Das andere war so kurz, das zählt eigentlich nicht wirklich, deswegen habe ich noch ein wenig mehr Lesefutter für euch...

Und ja, vielleicht war dieses Kapitel ein bisschen vorhersehbar, aber ich versuche im weiteren Verlauf der Geschichte ohne Klischees und vorhersehbare Wendungen auszukommen...xD

Trotzdem, was denkt ihr, wie das Referat laufen wird?

Und was haltet ihr von Olivers Freunden? Wenn mögt ihr von ihnen, wen eher nicht?

Man liest sich nächsten Donnerstag

Sisi <3<3<3

¡No Desiste!Where stories live. Discover now